Ueberleben als Verpflichtung - den Nazi-Moerdern entkommen
damit die ,noch‘ Minderheiten in Schranken gehalten werden.“ Rheingau Oberschule, 8. Klasse
Bis Mai 2003 ist das Stück „Ab heute heißt du Sara“ 275mal im Grips Theater aufgeführt worden. Die meisten Vorstellungen sind, vierzehn Jahre nach der Premiere, noch immer ausverkauft. Der Statistik zufolge haben es im Grips Theater bislang über 32.000 junge Menschen, vom Theater der Schulen unterstützt, gesehen. Dazu kommen 18.000 aus dem Umland und aus Westdeutschland. Nicht erfaßt in dieser Statistik sind jene Jugendlichen, die mit ihren Eltern oder aus eigenem Antrieb ins Theater kamen. Außerdem haben 39 Bühnen in der Bundesrepublik das Stück im Laufe der Jahre in ihre Programme aufgenommen. In den ersten Jahren hielten sich die Theater meist an die Empfehlung, nur Jugendliche ab sechzehn Jahren zu den Aufführungen zuzulassen. Inzwischen ist das Wissen über den Holocaust auch jüngeren Jugendlichen zugänglich, so daß diese, von den Autoren ursprünglich vorgeschlagene Empfehlung nicht mehr so strikt befolgt wird.
„Ich war sehr beeindruckt von dem Theaterstück ,Ab heute heißt du Sara‘. Ich war von Ihrer Geschichte so fasziniert, daß ich den ganzen Abend lang davon erzählt habe. Da meine Eltern das Stück, also Ihre Lebensgeschichte, nicht kannten, war ich erst zufrieden, als ich Ihnen alles erzählt hatte.“ Jessica, 9. Klasse
Ich ahnte damals noch nicht, daß „Ab heute heißt du Sara“ mein Leben verändern und mir neue Aufgaben zuweisen würde. Der Premiere am 9. Februar 1989 folgten Einladungen von Lehrern, ihren Schülern in der Schule noch detaillierter, als ein Theaterstück es kann, über die Nazizeit, so wie ich sie erlebt und überlebt hatte, zu berichten. Häufig meldeten sich auch Schüler, die sich meiner Zustimmung vergewissern wollten, bevor sie ihre Lehrer baten, mich zu einem Gespräch in ihre Klasse zu bitten. Ich nahm die Einladungen an, zunächst in dem Glauben, daß sich das Interesse an dem Thema und an mir in Kürze legen würde und ich wieder für längere Zeit nach Israel zurückkehren könnte. Doch dem war nicht so – für mich begann nun eine Art Pendelverkehr zwischen Tel Aviv und Berlin. Zunächst versuchte ich, mein Leben so einzuteilen, daß ich sechs Monate in Berlin und sechs Monate in Tel Aviv verbrachte. Aber bald gelang mir das nicht mehr. Die Anforderungen an mich in Berlin wurden größer. Und die Begegnungen und die Gespräche mit den Jugendlichen faszinierten mich. So wurden meine Aufenthalte in Tel Aviv immer seltener.
„Leider fehlte ich an dem Tag, an dem Sie unsere Klasse besuchten. Daher konnte ich Sie nicht näher betrachten. Mir bleibt nur zu hoffen, daß unsere Klasse Ihnen keine Unannehmlichkeiten bereitet hat und daß Sie uns in guter Erinnerung behalten.“ Günther, 6. Klasse
Allerdings hatte ich nicht vergessen, daß ich schon Anfang der 1980er Jahre auf Wunsch eines Berliner Politikers einige von ihm ausgewählte Schulen besucht hatte. Und da war alles ganz anders gewesen. Ich erlebte, wie stark einige Schüler noch unter der politischen Beeinflussung ihrer Eltern standen. „Mit welchem Recht verlangen die Juden Wiedergutmachung von Deutschland?“ Eine der Fragen. „Was halten Sie davon, daß der alte kranke Mann – Rudolf Heß – noch immer im Gefängnis einsitzen muß?“ So lautete eine andere. Oder: „Israelis behandeln Palästinenser wie die Nazis die Juden. Wie soll man das verstehen?“ Als einigen Schülern meine Antworten nicht paßten, verließen sie, die Tür hinter sich zuknallend, das Klassenzimmer. Jahre später gestand mir der Politiker, daß er Schwierigkeiten hatte, überhaupt Schulen zu finden, die an einem Gespräch mit mir über die deutsche Vergangenheit interessiert gewesen waren.
Und dann, knapp zehn Jahre später, rissen die Einladungen an mich von Lehrern und Schülern – vornehmlich aus Schulen der westlichen Bezirke Berlins –, mit ihnen über die Nazizeit zu diskutieren, nicht ab. Ja, ich habe manchmal Mühe, all diesen Einladungen nachzukommen. Dabei ist das große Interesse der Schüler, so viel wie möglich über die Nazizeit zu erfahren, offenbar. Viele ihrer Fragen zeigen, wie schwer es für sie ist, die Zeit unter dem Nationalsozialismus und das Verhalten des deutschen Volkes zu verstehen.
Ich bin oft gefragt worden, wie es mir gelingt, die Schüler für mein Thema zu interessieren, so daß sie ungeniert ihre Fragen an mich stellen. Ich habe keine Methode dafür. Die Lehrer machen die
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