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Ueberleben als Verpflichtung - den Nazi-Moerdern entkommen

Ueberleben als Verpflichtung - den Nazi-Moerdern entkommen

Titel: Ueberleben als Verpflichtung - den Nazi-Moerdern entkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Deutschkron
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damals allein darauf konzentriert hatte, in seinem Reichskabarett den politischen Kampf gegen den reaktionären Bonner Staat zu unterstützen.
    Dennoch bat ich ihn um eine Erklärung, um die ich schon so viele ehemalige 68er gebeten hatte, weshalb wohl niemand in dieser Bewegung den Anwürfen gegen Israel, die auch zuweilen von antisemitischen Untertönen durchsetzt waren, Einhalt geboten hatte. Schließlich ging es doch um den Staat, der vielen von Deutschen verfolgten Menschen zur Heimat geworden war. Die leichtfertigen, auf nichts basierenden Anschuldigungen gegen Israel waren um so verantwortungsloser. So wie die anderen wußte auch Volker keine Antwort darauf. Ich ließ es dabei bewenden. Meine Haltung den 68ern gegenüber war nun klar. Und ich akzeptierte die Tatsache, daß Volker in den vergangenen zwanzig Jahren mit seinen Stücken für junge Menschen bewiesen hatte, daß seine Maßstäbe über unhaltbare Slogans hinausgehen. Von da an war der Schritt zu einer Zusammenarbeit einfach und ganz natürlich.
    Volker Ludwig begann schließlich mit der Realisierung des Projektes. Die Entscheidung dafür ist ihm wohl nicht leicht gefallen, zumal auch einige Schauspieler heftige Einwände gegen das „historische“ Stück äußerten, das ihnen geeignet schien, ihr Publikum dem Theater zu entfremden. Aber dann löste sich das Problem wie von selbst. Eine Parallele wurde offenbar zwischen der Verfolgung von Andersdenkenden und Minderheiten in der Nazizeit und der Ende der achtziger Jahre aufbrechenden feindseligen, häufig aggressiven Haltung Deutscher gegenüber Fremden in ihrem Lande. Gewissermaßen zu einer Bestätigung dieser Parallele wurden die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus Ende Januar 1989, zehn Tage vor der Premiere von A b heute heisst du S ara , bei denen die neonazistischen Republikaner mit ihren ausländerfeindlichen Parolen zum ersten Mal fast acht Prozent aller abgegebenen Stimmen erhielten. Volker Ludwig unterstrich diese Parallele noch mit „Zeitlosen Liedern“, die er dem Stück hinzufügte. Er erinnerte darin an die Verfolgungen und Verbrechen unter dem Naziregime, die nun wie Kommentare wirken zu den Vergehen an Ausländern in heutiger Zeit. Von da an gab es im Theater keinen Widerstand mehr gegen das Stück. Im Gegenteil – nun wurde es zum Anliegen aller, die daran mitwirkten, das Stück zum Erfolg zu führen.
    In Abständen schickte mir Volker Seiten des Manuskriptes nach Tel Aviv, die er und sein Koautor Detlef Michel erarbeitet hatten. Ich war überrascht. Es war das erste Mal, daß ich nicht als hilfloses, verfolgtes Opfer dargestellt wurde, das sein Überleben dem Zufall verdankte. Volker sah das anders. Er erkannte, daß ich mich mit den wenigen mir zur Verfügung stehenden Mitteln gegen die Verfolgung zur Wehr gesetzt hatte, so wie es meiner kämpferischen sozialistischen Erziehung entsprach. Es war sicher allein nicht genug, um das mir zugedachte Todesurteil abzuwenden. Aber es half bei der Suche nach Auswegen, bei Versuchen, die Nazis zu überlisten, und bei der Erhaltung der Moral zum Überstehen des Schlimmsten. Zweifellos stellte dies noch einen weiteren Aspekt dafür dar, daß ich das GRIPS , das in seinen Stücken für junge Menschen Wert auf eine positive Alternative legt, für meine Geschichte akzeptierte. Für mich war das nicht nur nachvollziehbar, es machte mich auch froh.
    Und auch so manche kleine Episode fand ihren Platz im Text, die uns erheitert hatte. Ja, trotz unserer in vieler Hinsicht aussichtslosen Situation hatten wir jede Gelegenheit zum Lachen wahrgenommen. Vielfach hatte uns das alberne Gehabe der Nazis Grund dazu gegeben. Wir schöpften Kraft daraus. Es gab uns das Gefühl, daß wir über den Verbrechern standen, die ihre Macht an uns ausließen. Volker Ludwig nahm das auf, weil er begriff, daß uns der Humor geholfen hatte, mit den Schikanen und Demütigungen fertigzuwerden. Andere hatten sich dem Schmerz überlassen, der sie psychisch wie physisch schwächte. Damit verniedlichte er nicht die fürchterlichen Verbrechen. Im Gegenteil. Ihr Charakter des Absurden, des Unfaßbaren, des Unglaublichen wurde deutlicher, krasser. Daß es Kritiker geben würde, die meinten, Humor habe in einem Stück, das die schreckliche Vergangenheit zum Thema hat, nichts zu suchen, war ihm wohl bewußt. Auch in dieser Frage stand ich bedingungslos auf seiner Seite.
    Die Autoren Ludwig und Michel folgten bei der Abfassung des Manuskriptes im wesentlichen meinem Buch. Sie

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