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Überleben oder Scheitern: Die Kunst, in Krisen zu bestehen und daran zu wachsen (German Edition)

Überleben oder Scheitern: Die Kunst, in Krisen zu bestehen und daran zu wachsen (German Edition)

Titel: Überleben oder Scheitern: Die Kunst, in Krisen zu bestehen und daran zu wachsen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Pieper
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nächsten Stunden, Tage und Monate in unserem Leben geschehen wird. Wir haben einen Plan, glauben zu wissen, was auf uns zukommt. Und da wir diesen Plan selbst machen, ist er auch gerecht. Es ist nur gerecht, wenn ich gesund bleibe, wenn ich Glück habe, wenn es meiner Familie gut geht.
    Wir haben kurzfristige Pläne für den Tagesablauf und die beruflichen Arbeitsschritte und wir beschäftigen uns mit dem, was wir nächstes Wochenende unternehmen wollen. Wir haben langfristige Pläne hinsichtlich einer Ausbildung oder eines Studiums, hinsichtlich der finanziellen Absicherung und der Rente oder einer Urlaubsreise im kommenden Jahr. Eine Krise, eine schwere Krankheit, ein Trauma passt da nicht hinein. Und diejenigen, die es dann doch trifft, müssen es wohl provoziert haben.
    Gemäß dieser Haltung führt das Durchleben einer Krise zu einem regelrechten psychischen Scherbenhaufen. Schuldgefühle über vermeintliches eigenes Versagen und Fügen in die Situation können in schwere und langwierige psychische Krisen münden.
    IV. »Ich kann notwendige Dinge selbst tun.« und »Ich kann meine Familie beschützen.«
    Diese Grundannahmen beziehen sich auf den Glauben, alles unter Kontrolle zu haben, den Lauf der Dinge selbst bestimmen zu können. Besonders der Schutz der Familie ist hier von Bedeutung. Damit verbunden ist die Vorstellung, für alles selbst verantwortlich zu sein, was der Familie im Guten geschieht. Wenn es dann zum Schlechten kommt und etwas passiert, habe ich offenkundig versagt. Aber dazu wird es gar nicht erst kommen, weil ich ja vorher die notwendigen Weichen stellen kann, damit es nicht zum Schlimmsten kommt.
    Wir kaufen uns zum Beispiel immer sicherere Autos mit ABS , ESP , unzähligen Airbags und Seitenaufprallschutz und fühlen uns darin sicher wie auf der Couch im Wohnzimmer. Begeben wir uns also nicht länger in Gefahr, wenn wir auf die Straße rollen? Oder schalten wir nur den Gefahrensensor im Kopf aus? Unfallstatistiken belegen nach wie vor, dass Autofahren gefährlich ist. Aber wir haben ja alles unter Kontrolle, besonders wenn wir selbst am Steuer unseres technisch aufgerüsteten Hochsicherheitsmobils sitzen.
    Alles unter Kontrolle zu haben ist natürlich eine Illusion. Wir machen uns oft nur vor, dass wir die Kontrolle haben, faktisch können wir sie in weiten Teilen gar nicht haben. Deswegen ist für uns eine traumatische Situation so unerträglich. Sie ist Beleg des ultimativen Kontrollverlusts – über die äußere Lage und unsere eigenen, inneren Reaktionen.
    Wenn die Grundannahme der vermeintlich absoluten Kontrolle erschüttert wird, entwickeln die Betroffenen meist starke Selbstvorwürfe und Schuldgefühle, weil sie es eben nicht geschafft haben, die Situation im Griff zu behalten oder für den notwendigen Schutz der Familie oder der eigenen Person gesorgt zu haben. Der Irrglaube, alles planen und beeinflussen zu können, also letztlich die Kontrolle über das eigene Schicksal zu haben, macht das Annehmen einer Katastrophe oder eines schweren Schlages oft unmöglich.
    V. »Mein Selbst ist wertvoll, es ist gerecht, wenn mir nichts passiert.«
    Das eigene Selbst als wertvoll zu erachten, ist auf jeden Fall eine positive und sinnvolle, die Psyche stärkende Grundannahme. Wird sie allerdings mit den Prämissen verbunden, dass nur schlechten Menschen schlimme Dinge passieren, sind die Auswirkungen fatal. Und umgekehrt sind starke Selbstzweifel am eigenen Wert im Falle einer Traumatisierung die Folge.
    Ich hatte einmal eine Patientin, die durch zwei kurz hintereinander erfolgte Ereignisse aus der Bahn geworfen wurde. Zuerst erlitt sie eine Fehlgeburt, kurze Zeit später hatte sie einen Autounfall, bei dem ihr Mann schwer verletzt worden war. In ihrer Interpretation war das alles nur passiert, weil sie zehn Jahre zuvor ein Kind abgetrieben hatte. Die Traumatisierung war aus ihrer Perspektive sozusagen die »gerechte Strafe« für diese »Tat«.
    Diese Haltung wurde bei ihr nicht, wie man vielleicht glauben könnte, durch eine extrem religiöse Grundeinstellung gestützt. Es war vielmehr die vielen Menschen innewohnende, aber den meisten nicht bewusste innere Einstellung, dass einem nichts passiert, wenn man ein moralisch und ethisch einwandfreies Leben führt. Das Fatale ist, dass die Trauma-Symptomatik bei dieser Frau wie bei vielen Menschen mit einer ähnlichen Einstellung besonders hartnäckig war. Das hängt auch mit der bereits genannten Grundannahme zusammen, dass Menschen bekommen,

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