Überman
-Magazin
-Moderatorin. »Was war da in der Mikrowelle drin?«, versuche ich mich an meinem Zweitgespräch.
»Weinflasche!«, antwortet Annabelle in einem Tonfall, als würde sie ihren Ex-Freund in einer Shopping-Mall treffen.
»Alles in Ordnung?«, frage ich, während ich mir eines der CurryKings wieder aus dem Kühlschrank nehme und in die Mikrowelle stecke. Drei Minuten, achthundert Watt.
»Nein!«, sagt sie, »weil –«
»Ich hatte auch einen Scheiß-Tag!«, unterbreche ich sie, »Phil hat mich gezwungen, zu ’ner Lama-Farm zu fahren und in ’nen Atombunker, und jetzt soll ich auch noch ’nen Kühlschrank kaufen und Milch für ihn!«
»Ich weiß. Er hat alles gepostet.«
Verdutzt schließe ich den Kühlschrank und drehe mich zu Annabelle. »Echt?«
»Ja. Und dass du ihm sein Auto geklaut hast samt Gepäck und Krücken und ihn vor der Klinik hast sitzenlassen in der Kälte!«
»Was für ein undankbarer Wichser!«, schimpfe ich, klappe meinen Rechner auf und tatsächlich: Auf Phils Facebook-Seite ist quasi unser ganzer Vormittag inklusive Lama, Atombunker und Eifelhöhenklinik dokumentiert. Weiter unten angehängt sind insgesamt drei Fotos von der Parkplatz-Bank der Klinik zu sehen mit Kommentaren wie »Ausgesetzt bei 3 Grad!«, »Ob er noch mal kommt?« und »Bestimmt schlägt er mich wieder, falls er zurückkommt!« Auf dem letzten Klinik-Foto sieht man, wie Phil auf einer Trage von zwei Ärzten in die Klinik gerollt wird, darunter aufgebrachte Kommentare von sogenannten Freunden. »War immer ein Arschloch und wird immer eins bleiben!«, schreibt zum Beispiel Henning. Der letzte Kommentar ist dann wieder von Phil: »Leute, er will’s wiedergutmachen. Wir fahren in den Puff!«
»Och nee …!«, stöhne ich laut und schaue zu Annabelle, die nun wieder einen Kindersoldaten-Bericht bei
Spiegel- TV
anmoderieren könnte: »Das glaubst du nicht wirklich, oder?«, frage ich vorsichtig.
»Sollte ich nicht?«
»Natürlich nicht. Der Typ ist komplett auf Droge, Schatz, Morphium, Hydrotrampolin, und einen kompletten Meth-Igel hat der gegessen!«
»Warum fährst du denn sein Auto statt deines?«
»Weil … er mir seines geliehen hat, bis das Dach von meinem Hilux fertig ist. Du kennst doch Phil! Der macht sich einen Spaß draus, dass ich jetzt dastehe wie der Gewinner von
Deutschland sucht den Superotto
!«
Bing! Mein CurryKing ist fertig. Gott sei Dank. Ich nehme es aus der Mikrowelle und hole mir einen Löffel.
»Und warum willst du in den Puff?«
Okay. Daher weht der Wind. Ich lege den CurryKing zur Seite, um Annabelles Hand zu greifen, doch sie zieht sie weg.
» ICH will überhaupt nicht in den Puff, Annabelle, PHIL redet dauernd davon!«
»Und bezahlt ihr die Nutten dann mit dem Geld aus meiner Nichtraucher-Giraffe?«
Auch das noch. Jetzt wird’s kniffelig. Oder nahezu unmöglich. Aus Respekt vor meiner Freundin lasse ich den CurryKing stehen und setze mich neben Annabelle an den Tisch.
»Das … tut mir leid. Ich hab … ich hab’s mir leihen müssen, und dann hab ich vergessen es zurückzulegen. Wie viel war es denn?«
»Genau so viel, wie ich in einem Monat durch’s Aufhören gespart hab!«
»Mit was hast du denn aufgehört?«, frage ich nach, was ein verdammter Fehler ist, denn nun blickt mich Annabelle so verächtlich an, wie ich es in fünf Jahren noch nicht erlebt habe. Zum ersten Mal überhaupt sehe ich, dass sich neben den beiden lustigen Zornesfalten, die aussehen wie das Dach einer Open-Air-Cocktailbar für Ameisen, zwei Adern abzeichen an ihrem Hals.
»Mit was ich aufgehört habe, fragst du mich?«, japst sie. »Mit dem Rauchen hab ich aufgehört, du Idiot!«
Im Film würde ich jetzt sagen, dass ich ohne Anwalt gar nichts mehr sage. Bin aber nicht im Film, und selbst wenn ich im Film wäre – hab ja gar keinen Anwalt mehr. Und wieder greift meine Hand ins Leere.
»Lass!«, sagt Annabelle und rutscht von mir weg auf ihrem Stuhl.
»Jetzt mal chilly-billy, Schatz. Sag mir einfach, wie viel fehlt, und ich geb’s dir in der Sekunde zurück.«
Und wieder die falsche Taktik, denn jetzt springt Annabelle auf. »Chilly-billy? Das sagst DU MIR ? Du kriegst einen Monat lang nicht mit, dass ich nicht mehr rauche, meine Zulassung zum Weinstudium geht dir auch am Arsch vorbei, du klaust mir Geld für den Puff aus meiner Nichtraucher-Giraffe und sagst mir: ›Wie viel war es denn‹ und ›chilly-billy‹!?!«
»Dein Studium geht mir nicht am Arsch vorbei!«
»Du hast ja noch
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