Uebermorgen Sonnenschein - Als mein Baby vertauscht wurde
schmatzte genauso, wie die Tage zuvor.
»Das gibt es nicht«, hauchte ich fassungslos.
Eva hatte erwartungsvoll zugeschaut und schien nun völlig überzeugt. »Siehste, alles gut.« Damit legte sie sich wieder in ihr Bett.
Ich hingegen war alles andere als überzeugt. Ich starrte auf das Kind an meiner Brust und war völlig durcheinander. Nun brauchte ich Ralf. Ich griff zum Telefon und rief ihn an. Als er abhob, sagte ich sofort: »Ich habe das Gefühl, die haben das Kind vertauscht!«
Ein paar Sekunden lang war am anderen Ende gar nichts zu hören. »Wie, die haben das Kind vertauscht? Jetzt dreh nicht durch!«
An seiner Stelle hätte ich wahrscheinlich auch nichts anderes geantwortet. Ich konnte es ihm wirklich nicht verübeln.
»An dem Kind sieht alles anders aus. Das ist nicht unser Kind«, versuchte ich ihm zu erklären, ohne hysterisch zu wirken.
Er antwortete in seiner gewohnt sachlichen Art. »Ich bin sowieso gleich da. Ich bring Yara noch in den Kindergarten, dann komme ich.«
Obwohl ich wusste, dass er genauso wenig wie Eva den Blick dafür haben würde, ob unser Baby am vorangegangenen Tag Pickel gehabt hatte oder nicht, so hatte es doch etwas Beruhigendes, dass er bald da sein würde.
»Komm, wir gehen uns erst mal stärken, sonst räumen die noch das Frühstücksbuffet ab«, sagte Eva. Und als ich zögerte, fügte sie noch hinzu: »Etwas zu essen, tut dir sicher gut, und bis dein Mann kommt, sind wir längst wieder im Zimmer.«
Die Vorstellung, allein mit diesem Baby hier im Zimmer zu bleiben und auf Ralf zu warten, ließ mich Evas Vorschlag folgen. Und so schoben wir wie schon am Tag zuvor unsere Babybetten vor uns her zum Frühstücksraum. Aber an diesem Morgen war ich wie unter einer Glasglocke, nahm kaum etwas um mich herum wahr. Ständig musste ich das Baby, das meins sein sollte, anschauen. Und die immer gleichen Gedanken wummerten in meinem Kopf. Was mache ich, wenn mein Baby wirklich vertauscht worden ist? Was mache ich dann bloß? , fragte ich mich in einer Endlosschleife, ohne eine Antwort zu finden.
Ich hatte keinen Appetit und beendete das Frühstück so schnell wie möglich. Dann ging ich mit dem Baby ins Zimmer, um Ricarda anzurufen. Ich brauchte meine beste Freundin dringender als jemals zuvor. Ich wusste, dass sie schon in der Schule sein würde und hoffte inständig, dass sie gerade an ihr Handy gehen konnte. Ich hatte Glück.
»Ich bin’s. Da stimmt was nicht mit dem Kind«, platzte ich vollkommen aufgelöst heraus. »Ich glaube, es ist vertauscht. Aber ich weiß auch, dass das eigentlich nicht sein kann.«
Ricarda spürte sofort den Ernst der Lage. »Ich kann jetzt nicht länger reden. Ich komm direkt nach der Schule zu dir.«
Ich beruhigte mich selbst, indem ich mir sagte, dass ich mit Ricardas Hilfe die Sache klären würde. Immerhin hatte sie Leni tags zuvor gesehen und hatte sie auch genau angeschaut. »Wie Zwillinge«, hörte ich sie noch einmal sagen und auf die Ähnlichkeit mit Yara hinweisen. Aber dieses Baby hier vor mir hatte so gut wie keine Ähnlichkeit mit Yara.
Bevor mich ein weiterer Panikschub aus der Bahn werfen konnte, stand auch schon Ralf im Zimmer. Er musste sich wirklich beeilt haben. Er gab mir zur Begrüßung einen Kuss und betrachtete dann das Baby, das in meinen Armen lag. Er ließ sich Zeit. Ich beobachtete ihn dabei genau, fühlte mich wie in einem Krimi und konnte seine Meinung kaum abwarten.
»Ja, sie hat sich etwas verändert. Die Haare sind anders«, stellte auch er fest.
Mit dieser schnellen Antwort hatte ich nicht gerechnet. Er sah es also genauso wie ich. Als mir gerade ein Stein der Erleichterung vom Herzen fallen wollte, weil die Sache endlich klar war, fügte er hinzu: »Aber das ist sie.«
Es wäre ja auch zu einfach gewesen, einer Meinung zu sein. Und dann auch noch bei so einer abwegigen Sache. Nun lag es an mir, Überzeugungsarbeit zu leisten. »Aber diese kleinen Finger. Und diese ganzen Pickelchen überall. Schau doch mal.«
Wie ich bereits im Vorhinein vermutet hatte, konnte er sich nicht daran erinnern, ob die Pickel am Tag der Geburt schon da gewesen waren oder nicht.
»Warte, ich mach sie jetzt mal frisch«, sagte Ralf.
Er zog Leni aus und schaute ihren nackten Körper an. Er nahm ihre Hände, betrachtete sie von allen Seiten.
»Sie sieht genauso aus wie nach der Geburt und wie gestern.«
Dann zog er sie wieder an. Ralfs Meinung beruhigte mich ein wenig. Ich wollte ja auch nur eins: glauben, dass alles gut und
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