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Uebermorgen Sonnenschein - Als mein Baby vertauscht wurde

Uebermorgen Sonnenschein - Als mein Baby vertauscht wurde

Titel: Uebermorgen Sonnenschein - Als mein Baby vertauscht wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeannine Klos
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»Ich setze mich so hin, dass wir Augenkontakt haben können. Falls irgendetwas sein sollte, gehe ich aus der hinteren Tür raus und du kommst nach.«
    Da klingelte Michaels Handy. Es war Hans Rodenbusch – wir sollten uns auf etwas gefasst machen, es sei die Hölle los. Das schüchterte mich erstaunlicherweise überhaupt nicht ein. Ralf auch nicht, zumindest zeigte er seine Nervosität nicht. Dann gingen wir los.
    Als sich die Fahrstuhltür öffnete, dachte ich nur: Bin ich Paris Hilton oder was!? Ein Blitzlichtgewitter prasselte auf uns ein. Eine Meute von ungefähr fünfzig Journalisten umzingelte uns wie ein Schwarm Stechmücken. Über uns hingen Dutzende von Mikros, es fiel mir sogar auf, dass eines davon ein Fell hatte. »Frau Klos? Frau Klos?«, riefen sie und stellten alle durcheinander irgendwelche Fragen. Sie rannten neben mir, vor mir, hinter mir her. Es war ein einziges Gedrängel und Geschubse.
    »Wo ist denn meine Promi-Brille?«, fragte ich Ralf grinsend. Er lachte. So eine überdimensional große Sonnenbrille, das wäre es jetzt gewesen. Stoisch ging ich durch die Menge hindurch und beantwortete keine einzige Frage.
    In dem Saal war ein langer Tisch aufgebaut mit einer festgelegten Sitzordnung. Zu meiner Linken saß Ralf, neben ihm unser Anwalt. Zu meiner Rechten saß Sozialdezernentin Frau Kirch. Sie nahm meine Hand und lächelte mir aufmunternd zu. »Sie schaffen das. Wir machen das gut.« Das fand ich wirklich lieb von ihr.
    Zuerst fand eine »Fotosession« statt. Genau hundertzwanzig Sekunden durften wir fotografiert werden. Ich kam mir vor wie ein Tier im Zoo. Eineinhalb Meter vor uns knipsten sich die Fotografen die Finger wund. Irgendwann wusste ich nicht mehr, wo ich hinschauen sollte.
    »Das ist jetzt nicht wahr, oder?«, flüsterte ich Frau Kirch zu.
    »Ich habe so etwas auch noch nicht erlebt«, antwortete sie leise.
    Nach einer gefühlten Ewigkeit sagte unser Anwalt: »Die Zeit ist um. Die fotografierende Presse muss nun den Raum verlassen.«
    Die Fotografen packten brav ihre Ausrüstung zusammen und gingen hinaus. Ungefähr vierzig Journalisten waren jetzt noch da. Unter anderem von Ralfs Lieblingsmagazin. Lustigerweise saßen auf der einen Seite mehr Frauen und auf der anderen Seite mehr Männer – wie in der Kirche. Hans Rodenbusch moderierte die Konferenz. Die Journalisten hoben ihre Hände, und er entschied, wer an die Reihe kam. Einige sprach er mit Namen an. Ich ließ meinen Blick selbstbewusst durch die Menge gleiten. Ich fühlte mich ganz erhaben und hörte mich schon die ersten Fragen beantworten. Ganz souverän, als hätte ich mein Leben lang nichts anderes gemacht. Die simplen Fragen wurden eindeutig von den Männern gestellt. Für sie war es ein reiner Arbeitstermin. Bei den Frauen hingegen hatte ich das Gefühl, dass einige wirklich betroffen waren. Deshalb suchte ich auch eher deren Blicke. Ich konnte alle Fragen gut beantworten, musste mir nichts aus den Fingern saugen. »War der Tausch emotional?« Ich erzählte keine Einzelheiten, sagte nur, dass es natürlich sehr emotional gewesen war und viele Tränen geflossen sind. Als ein Journalist von der Boulevardpresse fragte, welche Haarfarbe, welche Augenfarbe und welche Größe die Kinder nach der Geburt gehabt hätten, als handelte es sich um irgendwelche Autos, schüttelten einige Journalistinnen nur den Kopf. Eine blickte mich sogar an und rollte die Augen. Den Vogel schoss allerdings mein Freund von der Lokalpresse ab. Er wollte unbedingt Ralfs Beruf wissen und konnte seine Antwort, dass dies nichts zur Sache tue, einfach nicht akzeptieren. Er bohrte weiter und weiter. Irgendwann gab es sogar Buhrufe von den Frauen im Saal. Als er schließlich kapierte, dass er definitiv nicht weiterkam, fragte er Ralf ganz ernst: »Arbeiten Sie beim Verfassungsschutz, oder warum können Sie das nicht sagen?«
    Jetzt brach Gelächter aus. »Frau Klos, was ist denn Ihr Beruf?«, fragte er dann.
    Wie unglaublich dämlich von ihm , dachte ich. Natürlich konnte ich ihn nun wunderbar auflaufen lassen.
    »Wenn mein Mann das nicht sagt, sage ich das auch nicht.« Alle lachten, und unser Anwalt setzte noch eins oben drauf.
    »Ich kann Ihnen eins verraten: Sie arbeitet auch nicht beim Verfassungsschutz.« Es war richtig witzig.
    Die Journalisten wollten natürlich auch etwas über Vanessa herausfinden. »Was sind denn das für Leute?«
    »Dazu sagen wir nichts. Sie wollen sich nicht zeigen. Außerdem ist es nicht deren Pressekonferenz«,

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