Uebermorgen Sonnenschein - Als mein Baby vertauscht wurde
Letzte, was ich von Leni noch hatte und an dem ich noch hing. Mal ganz davon abgesehen fand ich diesen Namen doch so wunderschön: Leni Caterina. Doch der sollte fortan nicht mehr existieren. Damit schien Leni ein komplett anderes Kind mit einer ganz neuen Identität zu sein. Sie sollte nicht mehr die sein, die ich einmal kannte. Das Kapitel Leni war damit anscheinend beendet.
Ich wurde stinksauer. Ich hatte Vanessa die Buchstaben von Lenis Tür abgemacht und ihr noch die Taufkerze mitgegeben. Ich erkundigte mich für sie bezüglich einer zweiten Taufe und wie und wo sie Lenis Namen amtlich ändern lassen musste. Wir machten sie zu Linas Patentante – und dann so etwas!
Ich diskutierte mit Ralf darüber. »Wie kann sie das tun? Erst verkünden, wir lassen die Namen so, aber es dann doch anders machen! Und nicht einmal den Mumm haben, uns deshalb anzurufen.«
»Wir haben doch auch gesagt, der Name Angelina gefällt uns nicht, und uns dann für Lina entschieden«, wandte Ralf ein.
»Aber das ist doch was ganz anderes! Sie ist ja auch immer Lina gerufen worden«, meckerte ich. »Außerdem hatte sie doch mit Sicherheit schon an dem Abend gewusst, dass ihr der Name nicht gefällt. Das hätte sie ehrlich sagen können. Dafür hätte ich doch Verständnis gehabt.«
Ich konnte und wollte es nicht fassen. »Ihr neuer Name wird nicht über meine Lippen kommen. Das ist Leni. Und Punkt!«
KAPITEL 34
W ie erklären wir denen das bloß? Das kapiert doch keiner, zumal die Namen auch noch so ähnlich klingen«, sagte ich zu Ralf, als wir zum Amt für öffentliche Sicherheit und Ordnung fuhren.
Mir war es wichtig, so schnell wie möglich dokumentieren zu lassen, dass unser Kind fortan nicht mehr Leni, sondern Lina hieß. Ich wollte dies nicht nur hören. Ich wollte es schwarz auf weiß haben, als ob das die endgültige Sicherheit wäre, Lina nun niemals mehr zu verlieren. Ralf nahm sich ein paar Tage frei, damit wir die Amtsgänge zusammen erledigen konnten.
»Warum wollen Sie denn den Vornamen Ihres Kindes ändern lassen?«, fragte uns die zuständige Bearbeiterin in einem leicht vorwurfsvollen Ton und schaute auf Lina, die im Maxi-Cosi zappelte.
»Fangen wir von vorne an«, antwortete ich. »Das ist eins der Kinder, die nach der Geburt vertauscht wurden.«
Sie ließ ihren Stift fallen. Ihr Gesichtsausdruck wandelte sich von Skeptisch in Betroffen. »Sie sind das? Wirklich?«
Ich musste fast schon grinsen – es war immer dasselbe. Mal wieder fing ich an zu erklären. »Sie hieß ja bei der anderen Familie anders, und deshalb wollen wir den Namen beibehalten. Das ist besser, als dem Kind den Namen zu geben, den es vor einem halben Jahr hatte.«
Wie ich schon befürchtet hatte, verstand sie erst einmal nur Bahnhof und verschrieb sich prompt. Bevor sie neu ansetzte, fragte sie, ob es uns denn einigermaßen gut ginge.
»Danke der Nachfrage. Wir haben unser Kind zurück. Und nun wird sicher bald alles wieder normal.«
Beim zweiten Anlauf verschrieb sie sich wieder. »Ach, ich bin ganz durcheinander«, entschuldigte sie sich.
Irgendwann hatte sie es dann. »Leider Gottes kostet es aber etwas. Und gar nicht so wenig.« Es war ihr anscheinend unangenehm, dass sie von uns dafür auch noch Geld verlangen musste.
»Das zahlen wir ohnehin nicht. Das läuft alles über die Klinik«, sagte Ralf.
»Ach so, na dann. Ist ja auch mehr als richtig so.«
Dann mussten wir zum Standesamt, um die Geburtsurkunde ändern zu lassen. Dort ging das Ganze wieder von vorne los.
»Sie haben den Namen geändert? Das geht doch nicht so einfach!«
»Es war ja auch nicht aus Lust und Laune heraus, sondern weil es eins der vertauschten Kinder ist.«
»O Gott! Und dann sind die Namen auch noch so ähnlich. Warum haben Sie die denn nicht behalten?« – und so weiter und so fort.
Ähnlich war es mit dem Antrag für eine Familienkur. Als ich bei der zentralen Vermittlungsstelle anrief, bekam ich zunächst Folgendes zu hören: »Ich kann Ihnen jetzt schon sagen, dass Sie ganz, ganz schlechte Aussichten haben, eine Familienkur genehmigt zu bekommen. Ich kenne in meiner ganzen Laufbahn nur zwei Fälle, die durchgegangen sind. Das eine war ein ganz schwer krankes Kind, und auch die Mutter war schwer krank. Bei dem anderen Fall war ein Kind von der Familie gestorben. Dass der Mann mitdarf, kriegt man eigentlich nicht durch.«
»Nun ja, bei uns ist es so, dass unser Kind nach der Geburt vertauscht wurde. Wir wollen jetzt eine Kur machen, um als
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