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Uebermorgen Sonnenschein - Als mein Baby vertauscht wurde

Uebermorgen Sonnenschein - Als mein Baby vertauscht wurde

Titel: Uebermorgen Sonnenschein - Als mein Baby vertauscht wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeannine Klos
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wurde er immer emotionaler, bis ich versuchte, ihn mit dem Argument zu bremsen, dass wir ja jetzt hier seien, um uns davon zu erholen.
    Daraufhin meinte er entschieden: »Das werden Sie auch. Wir machen alles für Sie, wir werden Sie nach Strich und Faden verwöhnen. Überlegen Sie doch mal, was gut für Sie wäre.«
    Dann nahm er ein Blatt und las alle Anwendungen vor, die sie im Angebot hatten. »Massagen?«
    Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch keine einzige Massage in meinem Leben bekommen. Ich hatte bis dato auch noch nie Verspannungen gehabt. Ich nickte einfach mal, es konnte ja nichts schaden. Dann nahm ich noch Öl- und Solebäder und fand es klasse, dass auch Vorträge über Neurodermitis angeboten wurden. Zusammen mit Ralf plante ich, an der Rückenschule teilzunehmen und auch die Progressive Muskelrelaxation und die Aquagymnastik zu besuchen. Zwei Mal pro Woche Einzeltherapie-Gespräche und Gruppentherapien waren ein weiterer und obligatorischer Teil der Kur.
    Als der Arzt allerdings Lina untersuchte und ich ihm von der Krätze erzählte, war er plötzlich nicht mehr ganz so freundlich. Ich erklärte ihm, dass Linas Ausschläge nur noch Restreaktionen auf die Krätze seien.
    »Das müssen wir aber jetzt im Auge behalten«, sagte er streng. »Wenn Ihr Kind nämlich die Krätze hat, dann dürfen Sie gar nicht hier sein. Wenn Sie nur den geringsten Verdacht haben, dass die Krätze noch akut ist, dann müssen Sie wieder nach Hause fahren.«
    Am Ende gab er uns noch eine Salbe mit. Als wir draußen waren, meinte Ralf, dass ich wieder einmal zu viel erzählt und damit nur schlafende Hunde geweckt hätte. Zähneknirschend gab ich ihm recht.
    Wenn wir vormittags unsere Anwendungen hatten, kamen die Kinder in eine Betreuung. Ich dachte, Yara würde sich dort superwohl fühlen, weil die Angebote so toll waren und weil es viel mehr Erzieher für eine viel kleinere Gruppe als in ihrem Kindergarten bei uns zu Hause gab. Sie machten jeden Tag Ausflüge in den Wald und bastelten viel. Doch Yara teilte meine Begeisterung nicht. Sie fand keinen richtigen Anschluss in der Gruppe und weinte jedes Mal bei der Übergabe. Aber Ralf und ich entschieden gemeinsam, dass Yara da jetzt durchmüsse. Wir brauchten jeder unbedingt auch mal Ruhe und Zeit für sich selbst. Sowohl meine als auch Ralfs Akkus waren längst leer und mussten wieder aufgeladen werden. Wir vereinbarten, dass wir Yara nie länger als notwendig in der Betreuung lassen würden. Wenn Ralf und ich der Kindergartengruppe beim Spazieren im Wald zufällig begegneten, versteckten wir uns schnell hinter einem Baum, damit sie uns nicht sehen konnte, und kicherten dann wie zwei Schulkinder, die einen Streich spielen.
    Bei Lina war es wie nach dem Tausch: Die ersten drei Tage bei der Eingewöhnung in ihrer Krabbelgruppe schrie sie wie verrückt, danach gefiel es ihr, und sie spielte leidenschaftlich mit allen Sachen.
    Als ich meine erste Massage bekam, dachte ich, ich sei im Himmel. Allein schon deswegen hatte sich die Kur gelohnt. Aber auch der Entspannungskurs wirkte Wunder. Es war das erste Mal, dass ich mich auf so etwas einlassen konnte, und es funktionierte wunderbar.
    Ich genoss es so sehr, dass wir endlich Zeit im Überfluss für uns selbst und für uns als Familie hatten. Wir bastelten, schrieben Einladungen für Yaras vierten Geburtstag, spielten Brettspiele, verbrachten Stunden auf Spielplätzen und unternahmen am Wochenende Ausflüge. Lina erkundete neugierig die Welt und konnte sich wunderbar mit sich selbst beschäftigen.
    Auch für Ralf und mich war es eine heilsame Zeit. Wir fanden uns endlich als Paar wieder. Allein schon, weil wir wieder einmal etwas zusammen machten, das nicht nur mit den Kindern zu tun hatte. Auch wenn es nur ein gemeinsamer Spaziergang war, gab es uns doch das Gefühl, dass wir nicht nur Eltern, sondern auch noch Mann und Frau waren. In all den Monaten davor war dieses Gefühl verloren gegangen, und jetzt, wo wir wieder enger zusammenrückten, merkten wir beide, wie sehr uns das gefehlt hatte.
    Doch etwa nach der Halbzeit fing Ralf an, sich zu langweilen. Er beschäftigte sich immer häufiger mit seinem Laptop und ging fast jeden Abend in den Gemeinschaftsraum zum Fernsehen. Im Gegensatz zu mir konnte er diese absolute Ruhe nicht mehr genießen. Ich fand es nach wie vor klasse, mich einfach nur hinzusetzen und das Essen serviert zu bekommen. Und noch besser fand ich es, nichts wegräumen, spülen oder putzen zu müssen. Für mich

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