Übernachtung - Frühstück ausgeschlossen
hörte, wie er seine arme Frau anschrie, bevor ich anklopfen und auf mich aufmerksam machen konnte. Ich wollte ihnen ihre Zeitung eben vor die Tür legen, als ich ihn sagen hörte: »Ich habe diese horrende Miete nicht bezahlt und bin nicht so weit hergekommen, um mich von dieser höchst unerfreulichen Person belästigen zu lassen und bei dieser Gelegenheit erfahren zu müssen, daß meine Tochter sich einer jungen Frau angeschlossen hat, die früher Verkäuferin gewesen ist. Außerdem...«
Ich erfuhr leider nie, was er noch hatte hinzufügen wollen, denn als ich die Zeitung auf die Schwelle legen wollte, wurde die Tür aufgerissen, und Mr. North nahm sie mir mit einem dankenden Nicken aus der Hand. »Heute vormittag ist eine Nachbarin bei uns gewesen«, erklärte er mir sehr von oben herab. »Anscheinend haben die Leute hier noch nicht begriffen, daß ich lieber mit meiner Familie allein bin. Es war sehr freundlich von Ihnen zu versuchen, unsere Zurückgezogenheit etwas aufzulockern, aber ich versichere Ihnen, daß wir sie der Begegnung mit einer Frau, von der wir überhaupt nichts wissen, entschieden vorziehen.«
Da ich mir vorstellen konnte, von wem er sprach, ließ ich mich nicht aus der Ruhe bringen. »Wir haben niemand aufgefordert, Sie zu besuchen, Mr. North«, antwortete ich fest. »Das käme uns auch nie in den Sinn. Wer ist denn bei Ihnen gewesen?« Aber mein Instinkt sagte mir, daß es nur eine Nachbarin gab, die sich so unverschämt in anderer Leute Angelegenheiten einmischte.
»Soviel ich weiß, heißt sie Burns. Eine durch und durch unangenehme Person.«
Mr. North und ich hatten zum erstenmal etwas gemeinsam! »Das ist noch untertrieben«, stimmte ich lachend zu. »Mrs. Burns ist allgemein unbeliebt. Sie steckt ihre Nase in lauter Dinge, die sie nichts angehen, und tratscht entsetzlich viel. Tut mir leid, daß sie sich auch an Sie herangemacht hat.«
»Oh, ich weiß, daß weder Sie noch Mrs. Lee etwas dafür können!« versicherte North mir höflich. »Ich bin nur wegen einiger ihrer Bemerkungen nachdenklich geworden...«
»Bemerkungen über Larry und mich? Nein, nein, Sie brauchen nicht zu leugnen; wir kennen Mrs. Burns und ihre feinen Methoden. Sie hat Sie vermutlich ins Kreuzverhör genommen?«
»Sie hat sich allerdings sehr für unsere privaten Verhältnisse, unseren Wohnort und meine Beschäftigung interessiert«, bestätigte er. »Aber ich habe sofort das Thema gewechselt.«
Ich mußte unwillkürlich lächeln. »Freut mich, daß unsere Mrs. Burns endlich einmal auf jemand gestoßen ist, der ihr offenbar überlegen ist. Aber Sie werden bestimmt nicht wieder belästigt. Sie ist unsere einzige unverträgliche Nachbarin.« Als ich mich verabschiedete, empfand ich unter den gegebenen Umständen eine Art ungewollter Sympathie für Mr. North.
Da seine Kinder Privatschulen besuchten, hatten sie eine Woche früher Ferien als unsere, die dann gemeinsam mit Louise ausritten. Sie hatte offenbar viel Spaß daran, denn sie versicherte Tony, unsere Kinder seien viel netter als ihre Mitschülerinnen im Internat. Auf diese Weise war die arme Larry, die wieder Pech mit ihren Mietern gehabt hatte, wenigstens etwas entlastet, während ich mit meinen Mietern Glück hatte.
Joan, Arnold und Sally Long waren eine glückliche kleine Familie. Sie saßen viel am Kamin, machten bei jedem Wetter weite Wanderungen über die Hügel, wobei Sally auf Arnolds breiten Schultern ritt, und lagen in der Wintersonne, wenn sie einmal schien. Als ich sie fragte, ob sie nicht zu den Wasserfällen fahren wollten, hörte ich, daß die kleine Sally oft reisekrank wurde, so daß ihre Eltern nach Möglichkeit auf Autofahrten mit ihr verzichteten. Ich erinnerte mich daran, wie rührend Larry sich um die Wards gekümmert hatte, die eigentlich meine Gäste gewesen waren, und beschloß, den beiden wenigstens für einen Nachmittag die Sorge um ihre kleine Tochter abzunehmen. »Ich passe gern auf sie auf, und die älteren Kinder können mit ihr spielen«, drängte ich.
Joan zögerte, aber ihr Mann redete ihr zu: »Ich bin dafür, daß wir Mrs. Russells freundliches Angebot annehmen, Liebling. Auf diese Weise hast du endlich einmal einen freien Nachmittag.«
Mrs. Long wollte nicht recht, weil sie das Gefühl hatte, mir dadurch zuviel Arbeit aufzuhalsen, aber ich ließ mich auf keine Diskussionen mehr ein. »Sie müssen doch mindestens einmal einen halben Tag ausspannen können!« entschied ich.
Da jetzt Ferien waren, hatten wir natürlich
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