Überraschung kommt selten allein
war nur leider, dass sie sich am Freitagabend nicht wie eine vernünftige, erwachsene Frau und Mutter zweier Kinder benommen hatte.
Wenigstens trug sie angemessene Trauerkleidung – schwarze Hose und Bluse. Sie atmete tief durch und klopfte an Francescas Tür. Ein kurzes, geschäftsmäßiges »Komm herein, Alberta« war die Antwort, und sie verspürte den verrückten Drang, sich umzudrehen und davonzulaufen.
Francesca saß an ihrem Schreibtisch, den Blick auf den Computerbildschirm gerichtet, und sagte: »Bitte setz dich.« Dann schob sie ihren Stuhl zurück und verschränkte die Arme. »Als Folge deiner Aktion hatte ich am Freitagabend eine ausgesprochen unangenehme Unterhaltung mit Mr. Ringwood«, begann sie. »Er berichtete mir, dass der Mann, den du attackiert hast …«, sie ließ das Wort in der Luft hängen, »ein Mann namens Peter Repton, sein bester Freund sei.«
Alberta schluckte. »Oh«, sagte sie.
»Ich habe ihm versichert, dass wir Mr. Repton selbstverständlich die Reinigungskosten erstatten und ihm erheblich weniger in Rechnung stellen. Ich habe ihm auch gesagt, dass ich dich entlassen habe. Ich musste noch nie …«, sie fixierte Alberta mit eisigem Blick, »niemals so vor einem Kunden zu Kreuze kriechen.«
»Es tut mir leid«, flüsterte Alberta. »Es tut mir so leid.«
»Mr. Ringwood«, fuhr Francesca fort, »ist ein sehr ungewöhnlicher Mensch. Er hat mir gestern eine E-Mail geschickt. Er schreibt …« Francesca hielt inne, um mit ihrem Stuhl an den Schreibtisch zu rollen, damit sie wieder auf den Bildschirm gucken konnte. › Ich muss zugeben, dass die Party ein klein wenig langweilig war und Ihre Köchin ein bisschen Schwung hereinbrachte, obwohl ihr Benehmen natürlich völlig inakzeptabel war . ‹ Und er teilt mir mit, dass Mr. Repton nicht die Absicht habe, Anzeige gegen dich zu erstatten.«
»Oh«, sagte Alberta.
»All das bedeutet nicht, dass ich das, was du getan hast, billige. Die meisten Kunden hätten uns zusammen mit Mr. Reptons Anzug entsorgt.«
»Ich weiß«, sagte Alberta elend. »Ich verstehe sehr gut.«
»Doch gestern«, sagte Francesca, »bekam ich einen weiteren Anruf von Daniel Driver. Er berichtete mir, dass er bei Mr. Repton stand, als du ihn attackiert hast. Er erzählte mir auch von deinen Eltern und vor allem von der Affäre deiner Mutter mit Mr. Repton. Er sagte, er sei überzeugt davon, dass du nichts Böses im Sinn hattest, als du mit den Pavlovas auf Mr. Repton zugingst. Er erzählte mir, dass Mr. Repton auf eine sehr unangenehme Art über die … Bettgeschichten mit deiner Mutter gesprochen habe, als du näher kamst. Er sagte, es war ziemlich offensichtlich, dass du unter diesen Umständen nichts anderes tun konntest.«
»Aber …« Alberta zögerte und blickte auf ihre Schuhe.
»Er bat mich, Mr. Ringwood gegenüber nichts davon zu erwähnen, da Mr. Repton ein guter Freund von Mr. Ringwood ist und möglicherweise abstreiten würde, so etwas gesagt zu haben.«
»Ich bin mir sicher«, sagte Alberta langsam, »dass Mr. Repton genau das tun würde.«
»Unter ähnlichen Umständen«, sagte Francesca, »hätte ich wahrscheinlich dasselbe getan wie du. Ich hätte ihm den Nachtisch allerdings eher ins Gesicht als auf den Anzug geklatscht.«
»Wirklich?«, staunte Alberta.
»Das heißt nicht, dass ich es gutheiße. Das nächste Mal, wenn du vorhast, einen Gast mit Essen zu bewerfen, sprich zuerst mit mir.«
»Das nächste Mal?«, fragte Alberta. »Meinst du damit, ich bin nicht gefeuert?«
»Du bist eine sehr gute Köchin«, sagte Francesca, »und ich gehe davon aus, dass so etwas nicht wieder vorkommt. Bleib in Zukunft einfach in deiner Küche. Mich würde sowieso interessieren, warum du Pavlovas herumgereicht hast. Was glaubst du, warum ich Kellnerinnen einstelle?«
»Stimmt«, sagte Alberta. »Es tut mir leid, ich habe nicht nachgedacht. Danke, Francesca, vielen, vielen Dank.«
»Um ganz ehrlich zu sein«, sagte Francesca, schob ihren Stuhl zurück und streckte die Arme zur Decke, »der Samstagabend hat mir gereicht. Das Letzte, was ich wollte, war, auch noch einen neuen Koch suchen zu müssen.«
»War es schlimm? Wie war der alte Schulfreund?«
»Es stellte sich heraus, dass er verheiratet ist. Er wollte nur ein bisschen Spaß und Sex. Spaß war okay, den Sex hab ich ausgelassen.«
Sie blickte auf den Computerbildschirm. »Also, wollen wir die Aufträge für heute durchgehen?«
Als Alberta hinunter in die Küche kam, war Jo bereits da und zog
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