Überraschung kommt selten allein
an Daniels Tisch. »Die Dame hat mir erklärt, sie sucht nach einem gut aussehenden Mann«, sagte er und schenkte Alberta ein breites Lächeln. Er betrachtete sich offensichtlich als Liebesbote. Alberta erwiderte sein Lächeln nicht. Sie hätte ihn fröhlich ohrfeigen können.
Daniel erhob sich. »Ich bin geschmeichelt«, sagte er mit einem abscheulichen Grinsen, wofür Alberta ihn am liebsten ebenfalls geohrfeigt hätte.
»Der Wein ist unterwegs«, sagte der junge Mann. »Ich bringe Ihnen noch eine Karte.«
Daniel wartete, bis Alberta sich gesetzt hatte, dann nahm auch er wieder Platz. »Sie sehen fantastisch aus«, sagte er. »Wie eine Venus im Taschenformat.«
»Danke«, sagte Alberta steif. »Ich fürchte, Tony verspätet sich etwas. Er kommt direkt aus London.«
»Dann habe ich Sie eine Weile für mich allein«, sagte Daniel. »Wie wunderbar.«
Alberta fand das ganz und gar nicht wunderbar. »Ich habe nicht gesagt, dass Sie gut aussehen«, erklärte sie. »Ich habe gesagt, Sie sehen ziemlich gut aus.«
»In dem Fall«, erwiderte Daniel, »bin ich ziemlich geschmeichelt.«
In Albertas Handtasche begann ihr Handy zu klingeln. Sie griff schnell danach.
»Hallo, Bertie.« Tonys Stimme klang ein wenig außer Atem. »Ich bin am Bahnhof.«
»Daniel und ich sind schon hier. Nimm dir ein Taxi, statt zu laufen.«
»Das geht nicht. Ich bin am Bahnhof in Paddington .«
»In Paddington«, wiederholte Alberta, wandte sich von Daniel ab und senkte die Stimme. »Was, um alles in der Welt, machst du in Paddington?«
»Ich wollte den früheren Zug nehmen«, erklärte Tony, »aber dann rief Lydia an und wollte sich mit mir auf einen schnellen Drink treffen. Deswegen …«
»Tony, wie konntest du nur? Warum hast du mir das nicht vorhin gesagt?«
Am anderen Ende trat eine Pause ein. »Weil ich wusste, dass du sauer sein würdest.«
Alberta umklammerte das Telefon fester. »Ich bin sauer.«
»Ich weiß«, sagte Tony, »aber du sitzt mit Daniel in einem Restaurant, deswegen kannst du es nicht zeigen.«
»Verlass dich nicht darauf«, knurrte Alberta.
»Bertie, es tut mir wirklich leid. Ich nehme den nächsten Zug in ein paar Minuten. Esst ohne mich, und ich komme zum Kaffee dazu.«
»Ich nehme an«, sagte Alberta eisig, »bis dahin sind wir schon zu Hause. Willst du mit Daniel sprechen?«
»Ich mach lieber Schluss. Sag ihm, ich komme, so schnell ich kann.«
Alberta stopfte das Handy zurück in die Tasche. »Das war Tony«, sagte sie.
»Das dachte ich mir schon.«
»Die Sache ist die … Ich bin total wütend … Er ist immer noch in Paddington. Er wurde aufgehalten. Es tut mir so leid.«
»Mir nicht«, sagte Daniel. »Ich werde ihn in den nächsten Wochen noch oft genug sehen.«
»Ja, aber …«, Alberta zögerte. »Sie haben uns zum Essen eingeladen, weil Tony Ihr Freund ist …«
»Ich habe euch beide eingeladen, weil ich Tony kenne und mag und weil ich Sie kennenlernen möchte.«
»Das ist sehr nett von Ihnen, aber ich habe das Gefühl, ich bin unter Vorspiegelung falscher Tatsachen hier. Es tut mir wirklich leid …«
»Alberta«, sagte Daniel, »ich finde Entschuldigungen gelinde gesagt ermüdend. Ich habe bereits gesagt, dass Ihnen nichts leidtun muss. Können wir das Thema wechseln?«
Alberta war erleichtert, dass in diesem Moment der Kellner erschien. Sie saß kerzengerade da, während er ihr eine Speisekarte gab und Wein einschenkte. Sobald er gegangen war, beschäftigte sie sich intensiv mit der Karte. Ein leichtes Hüsteln ihres Begleiters ließ sie kurz den Blick heben, ehe sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Karte in ihrer Hand richtete.
Erneutes Hüsteln, und diesmal sprach Daniel: »Alberta«, sagte er, »ich bitte um Entschuldigung. Ich habe Sie gekränkt. Das scheint mir anscheinend zur Gewohnheit zu werden. Bitte lassen Sie sich nicht davon abhalten, mir zu erzählen, wie leid es Ihnen tut.«
Albertas Mundwinkel zuckten ungewollt, doch sie blieb ernst. »Ich hätte viel zu viel Angst, Sie zu langweilen.«
»Sie könnten mich niemals langweilen. Sollen wir bestellen?«
Der Kellner kam. Alberta reichte ihm die Karte und sagte: »Ich möchte keine Vorspeise. Bitte bringen Sie mir die Linguine. Und könnte ich ein Glas Leitungswasser haben?«
Daniel bestellte mit verdächtiger Zurückhaltung ein Steak mit Pommes Frites und eine Flasche Pinot Noir.
Alberta stieß einen leisen Seufzer aus, nachdem der Kellner gegangen war, und fragte Daniel, wie ihm Bath gefalle.
Daniels Augen
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