Überraschung kommt selten allein
besoffene Dean Martin (der offensichtlich einen Alkoholiker spielte, weil seine Hände zu sehr zitterten, um eine Zigarette zu drehen). Angie Dickinson als leichtes Mädchen und der junge Ricky Nelson, der tonnenweise Haarspray verbraucht haben dürfte, damit seine Haartolle selbst bei den wildesten Schießereien standhaft blieb. Am Anfang dachte Big John noch, er könnte allein damit fertigwerden, doch dann kapierte er, dass er ihre Hilfe und die anderen die seine brauchten, und am Ende waren alle glücklich. Der komische alte Walter Brennan durfte jede Menge Bösewichte umbringen. Der besoffene Dean Martin durfte den abscheulichen Kerl zusammenschlagen, der die ganze Zeit so dreckig grinste, und darüber freute er sich so, dass er aufhörte zu trinken und sich die Zigaretten wieder selbst drehen konnte. Und am allerbesten war, dass Big John merkte, wie sehr er Angie Dickinson liebte, die zwar ein leichtes Mädchen sein mochte, aber bewiesen hatte, dass sie tapfer und loyal und ehrlich war, und man wusste, dass die beiden bis ans Ende ihrer Tage zusammen glücklich sein würden, auch wenn die Küsse, die sie tauschten, überraschend keusch und eigentlich eher Küsschen waren, was ein bisschen enttäuschte, angesichts der Tatsache, dass sie ein leichtes Mädchen und er ein harter Sheriff war.
Vielleicht, dachte Alberta am nächsten Tag unter der Dusche, sollte sie versuchen, ein bisschen mehr wie Angie Dickinson zu sein, und Tony zeigen, dass sie tapfer, loyal und ehrlich war. Andererseits war es schwierig, einem Mann gegenüber tapfer, loyal und ehrlich zu sein, der nach wie vor seine Exfrau liebte. Er wollte nicht, dass sie zur Hochzeit mitkam, weil er nicht wollte, dass sie sah, wie viel ihm Lydia noch bedeutete. Glaubte er wirklich, sie merkte das nicht? Es stimmte, lange Zeit war sie davon ausgegangen, dass er über Lydia hinweg war, aber jetzt wusste sie es besser. Wenn sie es recht bedachte, war er seit Lydias Anruf am Abend des Erica-Fiaskos nicht er selbst gewesen.
Sie war unbeschreiblich niedergeschlagen, und ihre Stimmung wurde nicht besser, wenn sie daran dachte, dass sie am Abend auch noch Dylan ertragen musste.
Wider Erwarten bekam sie eine Galgenfrist. Um sieben rief Dylan an. Seine dröhnende Begrüßung ließ vermuten, dass er wie Dean Martin in einem Zustand war, in dem er sich keine Zigarette drehen konnte. »Hallöchen, Bertie! Wie geht es dir?«
»Danke, gut. Seid ihr im Zug?«
»Nein, wir stehen vor Dads Wohnung. Dad hat mich gebeten, dich anzurufen und dir zu sagen, dass wir erst morgen kommen. Wir kommen jetzt erst von der Hochzeit. Dad bezahlt gerade das Taxi.«
»War es schön?«
»Ja, es gab Champagner ohne Ende. Aber nicht genug zu essen. Dad und ich suchen uns jetzt eine Kneipe. Es gab auch jede Menge Reden. Ich wollte auch eine halten, aber Dad meinte, wir müssten los. Die Frischvermählten haben sich die ganze Zeit befummelt. Echt krass. Die Hochzeitstorte hätte dir gefallen. Ein riesiger Berg aus Windbeuteln in Schokoladensauce getaucht. Mir ist der Teller runtergefallen.«
»Oje.«
»Keine Sorge, ich hab einen neuen bekommen. Dad hat zu viel getrunken. Hey, Bertie, das mit deinem Vater tut mir leid. Ich hab allen meinen Kumpels davon erzählt. Wir finden es echt cool.«
»Was meinst du damit?«, fragte Alberta. »Was ist cool?«
»Na ja, beim Vögeln in einem Bordell zu sterben ist die beste Art zu gehen. Ich hätte gerne zwei oder drei Prostituierte, eine auf …«
»Dylan, zahlt Tony immer noch das Taxi?«
»Nein, sie reden über Musik. Anscheinend ist der Taxifahrer ein Fan von einer von Dads Bands, deswegen ist er jetzt sein bester Freund.«
»Wie schön. Also, Dylan …«
»Ich mache jetzt lieber Schluss, sonst redet Dad die ganze Nacht mit ihm. Bis morgen. Tut mir leid, dass wir heute nicht mehr kommen können.«
»Das ist halb so schlimm. Bis dann, Dylan«, sagte Alberta und drückte mit Schwung auf den Ausknopf. Sie legte das Telefon beiseite und atmete tief ein und dann ganz langsam wieder aus. Für Angie Dickinson war es leicht, tapfer, loyal und ehrlich zu John Wayne zu sein. John Wayne hatte keinen ordinären, dummen, unverschämten, widerlichen Depp von einem Sohn. Und wenn Dylan es wagen sollte, ihren Vater an diesem Wochenende noch einmal zu erwähnen, würde sie in den Garten gehen und schreien.
Sie ging zum Kühlschrank und holte eine Flasche Sauvignon heraus. Sie öffnete sie und schenkte sich ein großes Glas Wein ein. Es war Freitagabend, und sie
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