Ufer des Verlangens (German Edition)
beinahe streng. »Und ich habe auch nicht vor, mit dir zu spielen. Ich habe mich in dich verliebt, du fremde Schönheit. Mir ist, als hätte ich dich mein Leben lang gesucht. Ich werde nicht zulassen, dass du so plötzlich, wie du aufgetaucht bist, wieder aus meinem Leben verschwindest. Ich habe hier in der Gegend einen Auftrag zu erfüllen. Aber du kannst sicher sein, dass ich zurückkomme, wenn ich ihn ausgeführt habe.«
Zelda nickte. Sie glaubte ihm jedes Wort. Wie schön wäre es, könnte sie hier am See auf ihn warten. Doch dasging nicht. Sie wusste es, wusste auch, dass sie nichts daran ändern konnte. Ihr Herz, ihr Körper sagten Ja zu Ian Laverty, doch ihr Verstand gebot ihr zu schweigen.
»Warst du vorher noch nie verliebt?«, fragte sie.
Ian sah ihr in die Augen, als wollte er in ihre Seele blicken und feststellen, ob sie die Wahrheit vertrug.
»Ja«, gab er schließlich zu. »Ich habe schon einmal geliebt. Doch das Schicksal und der Wille ihres Vaters hatten beschlossen, uns zu trennen. Ich habe lange mit diesem Schicksal gehadert, doch heute weiß ich, dass es mich nur auf diesem Weg zu der Frau führen konnte, die für mich bestimmt ist. Zu dir.«
»Das Ufer dieses Sees soll für immer unser Platz sein«, sagte sie. Dann zog sie ihn so fest an sich, wie sie nur konnte, und küsste ihn mit solcher Leidenschaft, dass das Verlangen erneut wie eine lodernde Flamme durch die Körper der beiden schoss. Sie hielten sich aneinander fest, als wollten sie niemals wieder voneinander lassen. Ihre Hände fanden sich, ihre Lippenpaare verschmolzen zu einem Mund, ihre Körper wurden zu einem, und die Kraft ihrer Wünsche stieg wie ein Nebelschleier über den Wald hinauf und entfachte das Begehren in ihnen.
»Ich liebe dich, fremde Schöne«, flüsterte Ian Laverty mit kehliger Stimme.
»Ich liebe dich auch«, erwiderte Zelda, und ein weiteres Mal versanken sie in einem nicht enden wollenden Kuss, in den sich Zeldas Tränen mischten.
»Ja, das Ufer dieses Sees ist unser Platz. Ich werde ihn das Ufer des Verlangens taufen, denn mein Verlangen nach dir ist unendlich«, sagte Ian nach diesem Kuss.
Der Name passt, dachte Zelda. Er passt in mehrfacher Hinsicht. Das Ufer des Verlangens, der See desVerlangens. Beide Clans hat es nach diesem See verlangt, nach seinen Fischbeständen, seinem kühlen Wasser. Und dieses Verlangen war es, das zum Krieg führte. Nun musste sie auf ihr ureigenstes Verlangen verzichten. Nur, dass dieses Verlangen nichts mit den Fischbeständen des Sees zu tun hatte. War es eine geheimnisvolle Zauberkraft des unergründlich kühlen Wassers, Verlangen zu wecken? Barg dieser See, den Zelda seit ihrer Kindheit kannte und liebte, ein Geheimnis? War jeder einem Verlangen hilflos ausgeliefert, der in diesem See badete?
Sie schüttelte den Kopf über ihre unsinnigen Gedanken, und ihr Blick fiel bis hinüber zum Ufer der Kings-leys, das von Felsen durchzogen war. Es gab so manche Geschichten über diesen See. Und viele der Menschen, die in dessen Nähe lebten, mieden ihn. Bachelor- oder Junggesellen-See nannten sie ihn, aber in einem geheimnisvollen Ton, als verlöre jede Jungfrau und jeder Junggeselle seine Unschuld, wenn sie oder er darin badete.
Auch sie war im Begriff, ihre Unschuld zu verlieren. Sie sollte gehen. Nein, sie musste gehen. Sie durfte keine Minute länger hier bei Ian bleiben.
Zelda seufzte, stand auf, richtete ihre Kleider, glättete ihr Haar. Sie betrachtete den Mann mit einem Blick, in dem sich die gerade gefundene Zärtlichkeit der ersten großen Liebe mit der Traurigkeit des Abschieds mischte.
»Ich muss gehen«, sagte sie.
Ian nickte. »Ich werde dich finden. Das verspreche ich dir.«
»Und ich werde dich nie vergessen«, erwiderte Zelda. »Gott schütze dich, Ian Laverty.«
Sie entfernte sich ein paar Schritte, ohne den Blick von Ian lassen zu können.
»Such mich nicht«, bat sie beinahe flehentlich. »Ich könnte es nicht ertragen, dich wiederzusehen. Lass mich gehen, Ian Laverty, und behalte nur die Erinnerung an das Ufer des Sees.«
»Warum?«, fragte Ian und streckte die Hand nach ihr aus.
Als Zelda nur stumm den Kopf schüttelte und er die Tränen sah, die ihr wie Perlen über die Wangen rollten, stand er auf, wollte zu ihr, sie festhalten, ihr das Geheimnis entlocken.
»Nein!«, rief Zelda. »Nicht… Halte mich nicht.«
Dann lief sie weg, rannte zu Rose, schwang sich auf ihren Rücken, als wäre sie auf der Flucht und sprengte ohne sich noch einmal
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