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Ufer des Verlangens (German Edition)

Ufer des Verlangens (German Edition)

Titel: Ufer des Verlangens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Hamilton
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die Dirnen im Blauen Anker bin ich allemal.«
    »Ich bin in Geschäften unterwegs«, erklärte Zelda und fragte sich dabei, warum sie dem jungen Mädchen Rechenschaft ablegte. Doch die Reaktion der Magd hatte ihr gezeigt, dass es sich bei der angewiesenen Adresse wohl um eine üble Spelunke mit entsprechendem Ruf handeln musste.
    Die Kleine zuckte mit den Achseln.
    »Geht immer geradeaus. Wenn Ihr links um die nächste Ecke gebogen seid, dann müsst Ihr nur dem Lärm folgen. Ihr könnt den Blauen Anker nicht verfehlen.«
    »Danke dir«, sagte Zelda, tippte mit dem Finger an ihr Barett und folgte den Anweisungen des Mädchens. Sie ging die Straße entlang bis zur nächsten Ecke und bog ab.
    Schon von weitem hörte sie ein lautes Stimmengemisch. Leute redeten durcheinander, jemand lachte, eine Frauenstimme fluchte laut.
    Langsam ging Zelda näher. Sie war noch nie in einem solchen Gasthaus gewesen und wusste demzufolge auch nicht, was sie erwartete.
    Sie blieb stehen und tastete nach dem Messer in ihrem Stiefelschaft. Es beruhigte sie ein wenig, nicht ganzund gar schutzlos zu sein. Zögernd trat sie näher. Sie hatte beinahe den Ort des Lärmes erreicht, als gerade mal zehn Schritte vor ihr eine Tür aufflog und sich das Geschrei wie eine Welle schmutzigen Spülwassers auf die Straße ergoss. Dann sah sie nur noch einen Mann durch die Luft fliegen, den Kopf zuerst, der mit einem dumpfen Knall auf der Straße aufschlug und im Rinnstein zwischen den übel riechenden Abfällen der umliegenden Häuser liegen blieb.
    Zelda sah einen vierschrötigen Kerl, der kurz auf die Straße trat, die Fäuste in die Hüften gestemmt nach dem Kerl im Rinnstein sah, einmal ausspuckte, sich dann grunzend umdrehte und zurück in den Blauen Anker ging.
    Zelda sah nach dem Mann im Graben. Der hatte sich mit den Händen aufgestützt, schüttelte gerade seine wilde Haarpracht und wischte sich mit einer Hand stöhnend über das Gesicht. Unsicher stand er auf und torkelte die Straße herab.
    Zelda stand im Schutz einer Mauer und überlegte. Sie hatte ein bisschen Angst. Doch wenn sie wissen wollte, ob Joan und Ian‹ morgen früh an Bord der Ka-ravelle nach Frankreich gingen und davonsegelten, musste sie wohl oder übel die Spelunke betreten.
    Sie seufzte, rückte ihr Barett gerade, atmete einmal tief durch. Dann straffte sie die Schultern und betrat den Blauen Anker .
    Der Lärm war ohrenbetäubend und traf sie wie eine Faust. Alle Anwesenden schienen sich ausschließlich durch Gebrüll zu verständigen. Sie sah Matrosen, wilde, unerschrockene Männer von abenteuerlichem Aussehen, die dem Tod wohl mehr als einmal ins Auge geblickt hatten und die nicht mehr viel schrecken konnte.
    Sie sah blasse Huren, die sich mit roter Paste die Lippen so stark geschminkt hatten, dass der Mund wie eine reife Kirsche in der blassen Landschaft ihrer Gesichter glühte.
    Sie sah Hafenarbeiter mit schwieligen Händen und breiten Brustkörben, die einen Krug Ale in einem einzigen Zug hinunterstürzten.
    Zwischen den Menschen liefen ein paar Hunde umher.
    Der Gestank verschlug Zelda schier den Atem. Die Gäste der Spelunke schienen allesamt zu Weihnachten das letzte Mal gebadet zu haben. Inzwischen war es Mai.
    Es roch streng nach den Exkrementen der Hunde, sauer nach altem Ale, süßlich schwer nach verdorbenem Fleisch und ranzigem Fett, nach kalt gewordenem Rauch, und über all dem lag eine Mischung aus Männerschweiß und dem billigen Duftwasser der Huren.
    Alle Tische waren besetzt. Schankmädchen eilten mit Krügen voller Ale und Starkbier von einem Tisch zum anderen, ließen sich in die Brusttücher greifen und an den Hintern packen und lachten kreischend.
    In einer Ecke rührte ein Matrose mit einer schwarzen Klappe über dem linken Auge die Trommel ein, ein anderer schlug die Laute, und davor tanzte ein dickes, betrunkenes Weib und hob zur Freude der Umsitzenden die Röcke.
    Auch Zelda erhaschte einen Blick auf die fetten, weißen Schenkel der abgetakelten Hure und sah, wie einer der Matrosen ihr ungeniert zwischen die Beine griff, sodass sie aufschrie. Dann lachte sie kreischend, drehte sich um, bückte sich und schlug die Röcke über ihrem prallen, nackten Gesäß nach oben.
    »Der Mond ist aufgegangen«, brüllte einer, und die anderen lachten scheppernd.
    »Bleib so«, schrie ein anderer. »Dann spart der Wirt an Lichtern.«
    Dann holte er aus und drosch dem Weib seine Pranke auf das nackte Gesäß, sodass die Abdrücke aller fünf Finger zu sehen waren.

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