Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ufer des Verlangens (German Edition)

Ufer des Verlangens (German Edition)

Titel: Ufer des Verlangens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Hamilton
Vom Netzwerk:
unterbrecht? Haltet kurz den Mund, dann wird es mir schon einfallen.«
    Der Wirt brachte die Speisen und sorgte somit dafür, dass Elizabeth tatsächlich eine kleine Verschnaufpause erhielt.
    Zelda stieß ihr von hinten leicht gegen den Rücken. »Komm, lass uns von hier verschwinden«, raunte sie der Wehfrau ins Ohr. Ihre Stimme zitterte leicht dabei.
    Doch Elizabeth schüttelte unmerklich den Kopf. Sie wartete, bis der Wirt den Reitern ihr Mahl serviert hatte, dann sagte sie: »Ich glaube, jetzt erinnere ich mich wieder. Wir sahen sie wenige Meilen vor Bluecastle. Sie folgten der Straße in Richtung Dundee. Eine Alte im braunen Kleid, nicht wahr? Mit verschlagenem Blick? Ist es nicht so? Und der Lord sah einem Vagabunden ähnlicher als einem anständigen Mann. Trug er nicht ein Barett auf dem Kopf? Doch, jetzt, wo Ihr es sagt, erinnere ich mich. Ja, ja, kurz vor Bluecastle in Richtung Dundee sahen wir sie. Sie hatten ein böses Funkeln in den Augen, und bei ihrem Anblick lief es mir sogleich kalt den Rücken herunter. Oh, man sah ihnen ihre Schlechtigkeit schon von weitem an. ›Schau‹, habe ich zu meiner Tochter hier gesagt. › Schau, so sehen Menschen aus, die Böses im Schilde führen. Was haben sie wohl getan, die beiden Halunken?‹«
    Elizabeth trat ganz nah an den Tisch der beiden Männer heran und stützte sogar die Arme auf die abgewetzte, aber sauber gescheuerte Platte. Sensationslüstern beugte sie sich nach vorn.
    »Guter Mann, sagt es mir. Schließlich waren wir ihnen für einen Augenblick so nahe, dass wir selbst in Gefahr waren. Ich bewundere Euch für Euren Mut, solche gefährlichenVerbrecher zu fangen. Habt Ihr nicht Angst um Euer Leben dabei?«
    »Halt den Mund, Alte, und lass uns essen«, sagte derjenige der Reiter, der bisher geschwiegen hatte.
    Doch der andere fühlte sich in seiner wichtigen Rolle als Verbrechensjäger überaus wohl. Die Neugier der Alten schmeichelte ihm.
    »Ein Kind hat die Alte getötet. Zeugen haben es bestätigt. Eine Magd hat ausgesagt, dass die Alte dem Kind bei der Geburt einen Strick um den Hals gelegt und zugezogen hätte. Gezogen, so kräftig sie nur konnte. Ganz blau sei das Kind gewesen, die Magd hat es mit eigenen Augen gesehen.«
    »Oh!«, machte Elizabeth und schlug sich die Hand vor den Mund. »Ist die Alte eine Wehfrau, eine Kräüter-hexe gar?«
    »Wehfrau, ja, das ist sie.«
    »Und der junge Lord? Hatte er Schulden beim Spiel?«
    »Nun, wenn Ihr mich fragt, so war er kein Lord. Lügner und Betrüger passt da schon eher. Einem redlichen Bürger hat er die Satteltaschen vom Pferd gestohlen.«
    »Während der brave Mann auf dem Gaul saß?«, fragte Elizabeth dümmlich und machte große Augen. »Wie konnte so etwas nur geschehen?«
    »Ihr seid ein dummes Weib ohne Verstand«, schimpfte der Wichtige. »Jetzt macht Euch davon und stört uns nicht länger beim Essen.«
    Eilfertig stand Elizabeth auf, grüßte höflich, dann ging sie mit kleinen Trippelschritten aus der Wirtsstube, und Zelda folgte ihr auf den Fuß.
    In der Scheune fanden sie einen Platz, der trocken und warm war. Erst, als sie sich zum Schlafen niedergelegt hatten, fragte Zelda: »Was machen wir nun?«
    »Nichts«, sagte Elizabeth. »Wir legen uns hin und schlafen, und im Morgengrauen machen wir uns auf den Weg nach Edinburgh.«
    »Und die Häscher? Du hast sie in die falsche Richtung geschickt, nicht wahr?«
    Elizabeth nickte: »Uns halten sie für ein wenig dümmlich. Ich glaube, sie würden uns nicht einmal verhaften, wenn wir behaupteten, die Gesuchten zu sein.«
    Die Frauen lachten leise.
    Nach einer ganzen Weile des Schweigens sagte Zelda mit vom Schlaf schwerer Stimme: »Ich bin froh, dass ich dich getroffen habe, Elizabeth.«
    »Auch ich bin froh, dich zu kennen«, erwiderte die Wehmutter. »Doch nun lass uns schlafen.«
    Am nächsten Morgen machten sie sich bei Tagesanbruch auf den Weg. Die Luft war noch kühl und klar, am Wegrain glitzerten Tautropfen im jungen Gras.
    Die Vögel sangen und begrüßten jubelnd den neuen Tag.
    Hinter den Hügeln, die wie Perlen an einer Schnur nebeneinander aufgereiht am Horizont zu sehen waren, stieg die Sonne als glutroter Feuerball aus ihrem Bett und strebte dem Himmel zu.
    Zelda und Elizabeth schritten leichtfüßig einher. Sie waren gut erholt. Im Wirtshaus hatten sie sich mit warmer Hafergrütze gestärkt, den beiden Reitern des Coroners von Bluecastle noch einen schönen Tag und viel Erfolg bei der Suche nach den beiden Haderlumpen gewünscht und

Weitere Kostenlose Bücher