Ufer des Verlangens (German Edition)
interessieren dich diese Leute so?«, fragte Ian und sah Zelda prüfend an. »Sie haben nichts mit uns zu tun, sie sind für uns und unsere Zukunft nicht wichtig.«
Oh, doch, dachte Zelda. Wenn du wüsstest, wie wichtigmir zumindest die Frau ist, dann würdest nicht so ruhig hier neben mir hergehen.
»Nun, die Frau wirkte so traurig. Ich habe Mitleid mit ihr bekommen«, erwiderte sie. »Wo ist sie jetzt? Was hat der Mann mit ihr vor?«
Ian zuckte mit den Achseln.
»Ich weiß nicht, wo die beiden jetzt sind. Meine Aufgabe in dieser Sache ist erfüllt und abgeschlossen. Ich habe auch keine Ahnung, was die beiden miteinander vorhaben.«
Irgendetwas in seiner Stimme sagte Zelda, dass er log.
»Ich muss nach Hause«, fiel Zelda plötzlich ein. »Meine Tante wird schon auf mich warten.«
»Wann sehe ich dich wieder? Wo kann ich dich treffen?«, fragte Ian drängend.
Zelda wandte sich um, doch Ian hielt sie an der Hand fest. »Bitte, sag mir, wo ich dich finde. Wie ist der Name deiner Tante? In welcher von Edinburghs zahlreichen Gassen wohnt sie?«
Doch Zelda schüttelte nur den Kopf, dass die roten Locken um ihren Kopf wehten, riss sich los und lief davon.
Ian sah ihr nach, dann rief er: »Ich werde jeden Abend hier an dieser Stelle auf dich warten.«
Doch Zelda rannte weiter, ohne sich noch einmal nach dem Mann umzusehen.
Ratlos lief Ian die wenigen Schritte zum Strand und beruhigte seine aufgewühlten Gefühle, indem er auf die Wellen starrte.
14. Kapitel
Fröhliches Lachen schallte ihr entgegen, als Zelda das Haus ihrer Tante in der Royal Mile betrat.
Die Halle war von echten Wachslichtern erhellt, die in den zahlreichen silbernen Leuchtern steckten. Im Kamin brannte ein kleines Feuer aus Birkenscheiten, denn die Nächte waren im Mai doch noch empfindlich kühl.
Am Kamin saß Laetitia, die Wangen vom Lachen gerötet. Ihre Augen blitzten, und sie winkte ihrer Nichte fröhlich zu. Neben ihr hatte Lord William Dalrumple Platz genommen, ein meist recht ernst dreinblickender Mann, der heute jedoch ganz gegen seine Gewohnheit über alle Backen strahlte.
Auch Elizabeth wirkte fröhlich und gelöst.
»Einen guten Abend wünsche ich«, sagte Zelda.
»Guten Abend, komm, meine Liebe, setz dich zu uns. Es gibt Neuigkeiten«, erklärte Laetitia und schlug mit der Hand auf das Polster des Lehnstuhles neben sich.
»Was möchtest du trinken? William hat zur Feier des Tages einen Rotwein aus Italien geöffnet. »Ich hätte da einen Chianti, der sehr zu empfehlen ist.«
Zelda setzte sich und nickte. »Einen Becher Wein kann ich jetzt gut gebrauchen.«
Doch Laetitia hatte den Wein bereits vergessen. Sie wirkte, als befände sie sich in einer anderen Welt, in einer Welt des Glücks, in der irdische Dinge wenig Bedeutung hatten. Sie beugte sich zu ihrem Mann herüber und küsste ihn mit unerwarteter Zärtlichkeit auf die Wange.
Elizabeth aber sah zu Zelda, erkannte ihre Verwirrung. Zeldas Wangen waren gerötet, ihre Augen glänzten, und ihre Bewegungen waren fahrig.
»Du musst mir alles erzählen«, flüsterte sie.
Zelda nickte. »Später, wenn die anderen schlafen.«
Laut wandte sie sich an das turtelnde Ehepaar: »Nun, was sind das für Neuigkeiten, die ihr zu berichten habt? Ich bin sehr gespannt. Lasst mich nicht vor Neugier sterben«, bat sie und lächelte erst ihren Onkel, dann ihre Tante freundlich an.
Laetitia rief nun doch nach der Magd und ließ sie den Weinschlauch mit dem Chianti bringen.
Als alle Becher auf dem Tisch gefüllt waren, stand Laetitia feierlich auf, hob auch den Becher und sagte mit bewegter Stimme: »Ich trinke auf den zukünftigen Erben des Namens Dalrumple.«
Ihre Augen strahlten wie kleine Sonnen, ihr Gesicht sah um Jahre verjüngt aus, und ihr Mund schien gar nicht mehr mit Lächeln aufhören zu können.
»Ist das wahr?«, fragte Zelda begeistert. »Heißt das, ihr beide bekommt Nachwuchs?«
Laetitia strahlte William an und nickte. »Ja, ich trage ein Kind unter meinem Herzen. Elizabeth sagt,, es wird im September zur Welt kommen.«
Sie strich sich mit der Hand über den Bauch, und Zelda entging die Geste keineswegs. Sie freute sich sehr für ihre Tante und konnte doch das leise Bedauern darüber, dass ihr solch ein Glück wohl verwehrt war, nicht ganz unterdrücken.
»Oh, kann es sein, dass man schon eine leichte Wölbung sieht?«, erkundigte sie sich.
Laetitia nickte stolz: »Ja. Ich dachte erst, ich hätte zugenommen. So viele Jahre schon wünschen wir uns ein Kind. Doch
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