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Ufer von Morgen

Ufer von Morgen

Titel: Ufer von Morgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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haben wir sie blitzschnell am Hals. Verstehst du das?«
    Blascon überlegte einen Augenblick. »Du meinst also, ich soll meine Musik aus Angst aufgeben? Du möchtest, daß ich aufhöre? Daß ich zu einem Tier wie die Krozni werde?«
    Das war es. Die Sallat waren riesig stolz auf ihre Kultur. Es war eine Frage der Werte.
    Sie waren den dritten Tag auf dem Marsch und näherten sich dem Lager der Krozni. Delaunay war schweißgebadet vor Angst. Sie gingen in den sicheren Tod, waren stolz darauf und klimperten auf Lauten und spielten die Flöten.
    Es war ihm unmöglich gewesen, sich ihnen verständlich zu machen. Sein Versuch, Blascon zum Zuhören zu bewegen, war gescheitert, und die anderen Männer hatten ebenfalls nicht reagiert. Sie hatten seine Vorschläge argwöhnisch und fast ein wenig erzürnt aufgenommen. Was, unsere Kultur aufgeben? Tiere werden?
    Delaunay hatte langsam das Gefühl, es sei vergebliche Mühe. Jeder Schritt, der vom Üblichen, von Sitten und Gebräuchen abwich, wurde als Schritt zurück zum Tier aufgefaßt.
    Die Kultur der Sallat war eine einzigartige, wunderbare Sache. Deshalb hatte sie Delaunay angezogen, als er die eigene verworfen hatte. Aber irgendwo mußte man aufhören, wenn man überleben wollte. Man konnte nicht immerzu die Lauten schlagen und um einen glücklichen Sonnenuntergang beten, wenn die Krozni in den Wäldern lauern.
    Dann fragte er sich, warum er von ihnen gehört werden wollte. Sollen sie doch ihre Lauten schlagen. Sie würden ihn nie verstehen. Zieh dich zurück, zieh dich zurück, kam die vertraute Stimme. Es ist nicht dein Kampf.
    Ärgerlich versuchte er, sich zu widersprechen. Durch die Bäume drang leise Lautenmusik und ein tiefer rhythmischer Gesang, und dann hörte man in der Ferne Schüsse. Plötzlich wollte er nur noch fort.
    Am nächsten Morgen stolperte er in eine kleine Hütte. Die Nacht war schrecklich gewesen, voller ferner Schreie und Schüsse und über allem immerzu die grauen Totengesänge.
    Er wußte, daß er irgendwo hinter den Linien der Krozni war, aber das machte ihm nichts aus. Die Hütte, das bedeutete Leute, und er wollte nicht länger allein sein.
    Das Innere der Hütte war nur spärlich beleuchtet. Am Boden kauerten zwei Krozni, untersetzte, aschgraue Geschöpfe, die nur kurze Hosen anhatten.
    »Hallo«, sagte eine freundliche, heisere Stimme. Sie kam aus den Schatten hinten in der Hütte, und sie benutzte die Erdsprache. »Schön, wieder ein menschliches Gesicht zu sehen.«
    »Wer ist da?« fragte Delaunay.
    »Ich heiße Bronstein. Sie können näher kommen, wenn Sie wollen.«
    Delaunay spähte in die Schatten und sah einen Erdmenschen mittleren Alters mit kahlem Kopf und einer altmodischen Brille, hinter der sich schwache, wahrscheinlich wäßrige Augen verbargen. Er trat näher.
    Der andere brummte den beiden Krozni ein paar kehlige Laute zu. Sie kamen mühsam auf die Beine und stapften hinaus. Dann wandte er sich an Delaunay: »Sie sind der Erdmensch, der auf der Seite der Sallat kämpfte, oder? Sie werden mich dann hassen, nehme ich an.«
    »Sie hassen? Wieso? Ein Landsmann von der Erde, der auf einem fremden Planeten gefangengehalten wird? Wir müßten die besten Freunde sein.«
    »Ich bin kein Gefangener«, sagte Bronstein. »Ich bin der General der Krozni.«
    Einen Augenblick begriff Delaunay nicht. Dann dämmerte es ihm langsam.
    »Der General der Krozni?« wiederholte er langsam.
    »Selbstverständlich. Ohne mich würden die Sallat diese Tiere hier in einer Woche zurückschlagen, wenn sie von ihrer merkwürdigen Kriegsführung lassen würden. Ich bin ganz allein für alles verantwortlich.«
    »Ein Erdmensch, der die Sallat vorsätzlich vernichtet?« Gedankenlos wollte Delaunay Bronstein packen, doch der zog sich gewandt in die Schatten zurück. Sie sahen sich über Bronsteins Schreibtisch hinweg an.
    »So kommen Sie mit mir nicht ins reine«, sagte Bronstein. »Mich totprügeln würde ziemlich lange dauern.« Er deutete auf Delaunays Pistolenhalfter. »Warum erschießen Sie mich nicht? Ich bin unbewaffnet.«
    Delaunay zog seine Waffe und sah sie einen Augenblick an. Dann warf er einen Blick auf Bronstein.
    »Sie führen die Krozni an?« sagte er wieder, als könne er es nicht glauben. »Warum, um Himmels willen?«
    »Setzen Sie sich«, erwiderte Bronstein. »Stecken Sie die Pistole weg, und ich werde es Ihnen sagen.«
    »Ich stecke sie nicht weg.«
    »Auch gut. Hören Sie mich an. Ich bin von der Erde losgeschickt worden, um den Krozni in

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