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Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)

Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)

Titel: Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Raack
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täglichen Rituale war das Wiegen vor dem ersten Training. Wer ein Kilo über seinem Idealgewicht lag, musste 1000 DM in die Mannschaftskasse zahlen. Und jeden Tag, den Gott werden ließ, hatte Wolfram morgens ein Kilo zu viel auf den Rippen. Seine Reaktion auf die drohende Geldstrafe? »Na und, dann zahl ich halt!«
    Die ersten Schritte auf dem Weg zum Fußballprofi hatte ich getan. Nach dem spektakulären Zweikampf gegen Jürgen Fleer nahmen mich die Kollegen ernst, Trainer Jupp Heynckes kümmerte sich ohnehin rührend um mich, und die ersten Kneipenabende mit den Routiniers hatten mein Selbstbewusstsein gestärkt. Ich war jemand, jedenfalls mehr als noch bei meinen ersten Trainingseinheiten auf Probe. An der Hackordnung innerhalb der Mannschaft änderte das freilich wenig. Noch immer musste ich mich für das Training mit der ersten Mannschaft in dem kleinen Nebenraum umziehen, an den ersten Einsatz in der Bundesliga war noch nicht zu denken. Eine Szene verdeutlichte meine Rolle in der internen Mannschaftshierarchie mehr als alles andere: Monatelang lugte ich aus meinem Kabuff in den Massageraum, wo sich Masseur Charly Stock der Wehwehchen der Fußballer annahm. Charly war schon damals eine Art Vereinsmaskottchen und aus dem Club nicht wegzudenken. Einmal sah ich Carsten Nielsen, unseren dänischen Stürmer, zu Charly auf die Massagebank humpeln. Er hatte offenbar irgendwas mit dem Ischiasnerv und wurde auch gleich von Charly durchgeknetet. Ich überwand meine Scheu und marschierte einfach Nielsen hinterher. Groß waren die Schmerzen an den Beinen, im Rücken, im Oberkörper, ja, eigentlich am ganzen Körper. Vorsichtig fragte ich Charly: »Kriege ich auch eine Massage?« Er schaute mich kurz an und fragte dann: »Wie viele Bundesligaspiele hast du bislang absolviert?« »Noch keines.« »Dann komm wieder, wenn du 200 hast, dann können wir über eine Massage reden.« Das saß! Wie ein Straßenköter zog ich mit eingezogenem Schwanz davon.
    Die erste Saison für Mönchengladbach neigte sich dem Ende entgegen und mein Vertrag, lediglich auf ein Jahr befristet, lief damit aus. Bislang hatte ich alles in die Waagschale geworfen, mich in jedem Training bis zur völligen Erschöpfung verausgabt, in den Punktspielen war ich gerannt und hatte gegrätscht wie ein Verrückter. Ich hatte Schmerzen ignoriert und mich selbst an die Grenzen meiner Leidensfähigkeit gebracht. Wille, eiserner Wille, nie aufgeben, immer weiter, ich hatte nur dieses eine Ziel: Fußballer werden. Ich hatte versucht, so professionell wie möglich zu leben, von den Burgern mal abgesehen. Zu Jupp Heynckes war eine besondere Verbindung entstanden, niemand im Verein wusste besser als er, welche Fortschritte ich in diesen ersten Monaten gemacht hatte. Doch das erhoffte Gespräch über eine mögliche Vertragsverlängerung hatte bislang noch nicht stattgefunden. Würde es überhaupt jemals stattfinden, oder reichten meine Fähigkeiten einfach nicht aus, um mit einem Profivertrag ausgestattet zu werden? Wieder zweifelte ich an mir selbst, an meinen Chancen, an meiner Zukunft.
    Ein Tag im Frühjahr 1981. Das Training war gerade beendet, als Jupp mich zu sich in die Kabine rief. Auch Helmut Grashoff war dabei, Gladbachs legendärer Manager, der wie immer seine kleine Pfeife im Mundwinkel hatte. Grashoff legte mir einen Vertrag auf den Tisch, durch die Rauchschwaden konnte ich die Bedingungen lesen: Zwei Jahre Laufzeit, das gleiche Gehalt wie als Edelamateur, stark leistungsbezogen. Ich unterschrieb sofort. Geld spielte in diesem Moment keine Rolle für mich. Ich hatte das, was ich haben wollte: Ich war Profifußballer von Borussia Mönchengladbach! Das Märchen von Uli Borowka wollte einfach kein Ende nehmen. Einen Berater? Hatte ich zu diesem Zeitpunkt nicht. Kurz nach der Unterschrift meines ersten Edelamateurvertrags war zwar der damalige Berater von Lothar Matthäus, der inzwischen leider verstorbene Norbert Pflippen, auf mich zugekommen, um auch mich unter seine Fittiche zu nehmen. Doch nach wenigen Monaten nahm mich Pflippen zur Seite. »Uli«, sagte der damals schon für seine Weitsicht berüchtigte Spielerberater, »tut mir leid, aber ich glaube nicht, dass du als Fußballer eine Chance hast.« Wir trennten uns in Frieden. Nun hatte ich es doch geschafft und Pflippen hatte sich geirrt.
    Kaum in meiner Wohnung angekommen, rannte ich zur Telefonzelle und rief bei meinen Eltern an. Mein Vater nahm ab.
    »Papa, ich bin Profi! Sie haben mir einen Vertrag

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