Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)
Vertragsgesprächen dabeihaben wollte, fuhr ich zu besagtem Rasthof. Der Manager legte die Karten auf den Tisch: ein monatliches Grundgehalt von 17000 DM plus einer Leistungsprämie, die mir im Idealfall zusätzlich 500000 DM einbringen sollte. Ein absolut faires Angebot. Doch ich zögerte. Inzwischen war es Freitagabend, noch immer hatte sich niemand aus Dortmund bei mir gemeldet. Und meine Frist lief langsam, aber sicher ab! Noch einmal rief ich Carmen an, nein, kein Anruf aus Dortmund. An einem Ecktisch im Autobahn-Rasthof besiegelte ich per Handschlag meinen Wechsel nach Bremen. Was noch vor wenigen Monaten undenkbar schien, war nun beschlossene Sache: Ich würde Borussia Mönchengladbach verlassen.
Zwei Tage später, inzwischen war es Sonntag, nahm ich die Sache selbst in die Hand und klingelte bei Reinhard Saftig, dem damaligen Dortmunder Trainer, durch, erreichte allerdings nur Saftigs Gattin. »Frau Saftig, bitte teilen sie ihrem Mann mit, dass ich mich anderweitig entschieden habe.« Nur wenige Stunden danach rief mich, völlig überraschend, BVB-Boss Niebaum an: »Uli, das kann ich nicht verstehen! Du hattest uns doch dein Wort gegeben.« »Das stimmt«, antwortete ich ihm, »aber ich habe bis zum Ende der Frist auf Ihren Anruf gewartet. Da kam nichts.« Ich erklärte ihm, dass ich bereits mit Werder einig geworden war, Niebaum wollte das nicht wahrhaben. Ohne zu wissen, welches Gehalt ich in Bremen bekommen sollte, rief er: »Bei uns bekommst du auf jeden Fall 100000 DM mehr!« Zu spät, das Thema Borussia Dortmund hatte sich damit für mich erledigt.
Einen schweren Gang hatte ich allerdings noch zu bewältigen. Gleich am Montag, kurz vor dem ersten Training, ließ ich mir von Annie Alpers, der Chefsekretärin von Manager Helmut Grashoff, einen Termin beim Mann mit der Pfeife geben. Als ich dann, halb im Ledersessel versunken, in seinem Büro saß, schaute mich Grashoff über seine dicken Brillengläser an und sagte: »Na, Uli, hast du es dir noch einmal überlegt? Schön. Dann wollen wir mal deinen Vertrag verlängern.« »Ne, Herr Grashoff. Ich wollte ihnen nur mitteilen, dass ich Borussia Mönchengladbach verlassen werde.« Beinahe wäre ihm die Pfeife aus dem Mund gefallen. »Nein, Uli, das geht so nicht! Du weißt doch, was der Verein alles für dich getan hat. Du kannst doch jetzt nicht einfach abhauen! Was sollst du denn bei deinem neuen Club bekommen?« Ich nannte ihm eine Fantasiesumme, deutlich höher als das, was mir die Bremer geboten hatten: 600000 DM plus Gehalt plus Haus und Auto. Grashoff schaute mich an, rief dann seine Sekretärin und bat sie, mal eben einen Vertrag mit den von mir geforderten Konditionen aufzusetzen. Jetzt war ich es, dem fast die Piep aus dem Mund gefallen wäre – wenn ich denn geraucht hätte. War ich hier bei »Verstehen Sie Spaß?« gelandet? Monatelang hatte man mich hingehalten, mir dann ein lächerliches Angebot unterbreitet und jetzt, wo mein Entschluss, den Verein zu wechseln, bereits nicht mehr rückgängig zu machen war, wollte man mir plötzlich jeden Wunsch erfüllen? Wenige Minuten später war Frau Alpers mit dem Vertrag zurück. »Hier«, sagte Grashoff und hielt mir seinen Stift hin, »unterschreib!« »Das kann ich nicht, jetzt ist es zu spät«, antwortete ich. »Uli, wenn du das hier nicht unterschreibst, dann schrauben wir deine Ablöse nach oben!« Aber auch diese letzte Drohung half nichts. Nach Lothar Matthäus hatte es Grashoff auch bei mir versäumt, durch frühzeitige und vor allem faire Vertragsgespräche den Wechsel zu verhindern. Niemals hatte ich die Borussia verlassen wollen! Jetzt informierte ich Bremens Manager über die mögliche »Wertsteigerung« meiner Person und war erleichtert, als er mir zu verstehen gab, dass Werder auch dieses Problem würde lösen können. Tschö, Mönchengladbach. Moin, Moin Werder Bremen!
Tagesbericht, Fachklinik Fredeburg
27. März 2000
In der Teamvollversammlung wurden drei Mitpatienten verabschiedet. Ich habe gemerkt, dass hier in der Klinik Freundschaften geschlossen werden. Ich denke, das ist auch sehr wichtig. Das Autogene Training bringt mir überhaupt nichts. Wenn ich meine Therapeutin sagen höre, dass sie besser über meinen Körper Bescheid wisse als ich, dann fällt mir nichts mehr dazu ein. Ich kenne meinen Köper genau. In der Gruppe sprachen wir über das Schnarchproblem. Ich bin froh, einfach gut schlafen zu können. Die Diskussion mit Andreas über sein voreiliges Handeln gefiel
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