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Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)

Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)

Titel: Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Raack
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für uns, ein Abpraller. Ich sehe den Ball noch auf mich zufliegen. Langsam, fast in der Luft schwebend, fällt er mir auf den rechten Fuß. Ich stehe zentral 35 Meter vor dem Tor der Bayern und ziehe voll durch. Ich spüre die Vibration in meinem Bein, das Klatschen des Balles auf meinem Spann hallt in den Ohren nach – ein perfekter Volleyschuss. Raimond Aumann hat keine Chance. Der Ball fliegt wie ferngesteuert unter die Latte ins Netz. 1:0 für uns! 38 Minuten später ist das Spiel vorbei, die Bayern sind geschlagen. Nach 23 Spielen ohne Niederlage.
    Es gibt Spiele, die den Verlauf einer ganzen Saison entscheiden. Dieser Sieg gegen den FC Bayern war so ein Spiel. Wir waren schlecht in die neue Saison gestartet und standen auf Platz neun, als die Münchner im Weserstadion auftauchten. Eine Niederlage gegen den Erzrivalen und die Spielzeit wäre schon vorzeitig gelaufen gewesen. Doch der Profifußball ist ein sensibles Gebilde. Deshalb trifft Mario Gomez mal wie er will und vergeigt nur Wochen später jede Chance. Deshalb kann ein Sieg gegen die großen Bayern, dank eines sensationellen Tores von einem Spieler, der sonst mit dem Toreschießen nichts am Hut hat, eine ganze Saison retten. Fünf Spieltage später führten wir die Tabelle an, am Ende schafften wir Platz drei. Mission erfolgreich abgeschlossen. Mein Volleytreffer wurde zum »Tor des Monats« gewählt, beinahe hätte ich die Plakette für das »Tor des Jahres« erhalten – wäre da nicht der herrliche Sololauf von Lothar Matthäus bei der WM gegen Jugoslawien gewesen.
    Der Treffer gegen München zeigte seine Wirkung auch in einem anderen Wettbewerb. Zum dritten Mal nacheinander schafften wir es ins DFB-Pokalfinale, in Berlin trafen wir auf den 1. FC Köln. Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass die Endspielpleiten von 1989 und 1990 in den Tagen vor dem Finale kein Thema gewesen wären. Natürlich dachte ich an diese Spiele. Nicht auszudenken, was passierte, wenn wir auch die dritte Chance auf den Pokal vergeben würden. Auf ewig wären unsere Namen in den Köpfen der Fußballfans eingebrannt: Als die Pokaltrottel von Bremen. Das durfte, das konnte, das sollte nicht sein! So sah es auch die Presse: »Dreimal ist Bremer Recht«, lautete der Schlachtruf von Berlin. Doch als ich mit meinen Kollegen am 22. Juni 1991 ins vollbesetzte Olympiastadion marschierte, versengte die Gluthitze alle Gedanken an eine mögliche historische Eselei.
    Schon bei der Nationalhymne schwitzte ich wie ein Finne. Es war unglaublich heiß. Doch was sollte ich machen? Nach Hause rennen und mich unter den Sonnenschirm legen? Das hier war ein Finale. Und diesmal wollte ich den verdammten Pokal endlich in meinen Händen halten!
    Die 48. Minute. Freistoß für uns, mehr als 40 Meter vor dem Tor. Ich legte mir den Ball zurecht und knallte einfach drauf. Ein Himmelfahrtskommando von einem Freistoß! Schon an der Strafraumgrenze hielt ein Kölner Bein den Schuss auf, Klaus Allofs reagierte am schnellsten und legte den Ball für Dieter Eilts ab. Unser »Ostfriesen-Alemao« lässt sich nicht lumpen und haut den Ball ins Tor! 1:0 für Werder. Und der goldene Pott war plötzlich ganz nah.
    So einfach kamen wir nicht davon, nur 14 Minuten später erzielte Kölns Maurice »Mucki« Banach mit einem artistischen Seitfallzieher den Ausgleich. Und weil selbst in der Verlängerung kein Tor mehr fallen wollte, mussten wir ins Elfmeterschießen.
    Mittlerweile hatte es angefangen zu regnen. Für mich eine willkommene Abwechslung, doch die ersten beiden Schützen hätten sicherlich gerne auf die Flut von oben verzichtet. Kölns Andrzej Rudy trat als Erster an den Punkt, traf den Ball nicht richtig – und schoss daneben. Ich stand an der Mittellinie und sah Klaus Allofs nach vorne gehen, ihn hatte Rehhagel als unseren ersten Schützen ausgeguckt. Dass Klaus überhaupt hier war, lag einzig und allein an Otto. Klaus war erst seit Beginn dieser Saison in Bremen, doch kurz bevor er seinen Vertrag unterschreiben sollte, hatte unser Arzt Dr. Meschede sein Veto eingelegt. Der Neuling, so der Doktor damals, sei sportuntauglich, das Knie irreparabel geschädigt. Doch Otto hatte davon nichts wissen wollen, quasi im Alleingang hatte er die Verpflichtung von Klaus Allofs durchgedrückt.
    Nun konnte Klaus dem Trainer seinen Dank abstatten, er brauchte nur den Ball an Bodo Illgner vorbei ins Tor zu legen. Doch der Regen! Beim Schuss rutschte der erfahrene Stürmer aus, fiel auf den Hosenboden

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