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Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)

Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)

Titel: Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Raack
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noch keinem Fußballspieler der Welt gutgetan. Woran ich diese Überheblichkeit der Neapolitaner festmache? Nun, als wir vor dem Spiel aus den Kabinen kamen und einen kleinen Parkplatz überquerten, um von dort den Spielertunnel und den Rasen im San Paolo zu betreten, durften wir ein seltsames Schauspiel beobachten. Auf dem Parkplatz standen Maradona und sein brasilianischer Kumpel Alemao und grinsten zu uns herüber. Betont lässig jonglierten sie den Ball über die Luxuskarossen. In Badelatschen. Fußballtennis auf dem Parkplatz als Aufwärmübung vor dem Achtelfinale des UEFA-Cups! Nochmals vielen Dank in Richtung Neapel, besser kann man einen Gegner nicht motivieren.
    Entsprechend aggressiv legten wir los. Unsere Tore kamen unerwartet wie Wespenstiche, schon nach 46 Minuten führten wir mit 2:0 beim selbsternannten Topfavoriten. Jetzt wurde auch den Superstars bewusst, was sich hier abspielte: Die komplette zweite Halbzeit lang rannten sie auf unser Tor an. In der Verteidigung mussten wir Schwerstarbeit verrichten und waren am Ende froh, dass den Italienern nur zwei Tore gelangen. Ein Unentschieden, damit konnten wir immer noch sehr gut leben. Wenige Sekunden vor dem Abpfiff fuhren wir einen letzten Angriff. Ein letztes Mal wurde Wynton Rufer auf die Reise geschickt. »Entlastungsangriff« nennt man das im Fußballjargon. Doch was machte Wynton? Schoss einfach das 3:2! Der Schiedsrichter pfiff das Spiel ab. Das vielleicht schwerste Auswärtsspiel der Saison hatten wir tatsächlich gewonnen. Während wir uns abklatschten, schielte ich zu Maradona und seinen Mitspielern. Hatten wir ihren Willen, ihre Überheblichkeit gebrochen? Nein. Ich blickte in lediglich leicht verdutzte Gesichter, die mir sagten: Verloren? Na und, dann fahren wir eben zum Rückspiel in das Land, wo diese Typen herkommen, und machen dort das Viertelfinale klar. Wird so schwer schon nicht sein.
    Wer es mit Werder Bremen hält, wird wissen, wie fatal diese Einschätzung letztlich war. In einem proppevollen Weserstadion, ausgeleuchtet mit Flutlicht und eingehüllt in feinstes Bremer Schmuddelwetter, katapultierten wir den ruhmreichen SSC Neapel mit 5:1 aus dem Wettbewerb. Dieses Spiel hatte alles, was Werder damals in entscheidenden Spielen ausmachte: Eine knüppelharte Abwehr, die alles über die Mittellinie trat, was nicht bei drei aus der eigenen Hälfte verschwunden war. Ein Mittelfeld, das sich nicht an den eigenen Künsten ergötzte, sondern schnell und effektiv die Bälle verteilte. Und schließlich Stürmer, die ihrem Auftrag – Tore schießen – auch gerecht wurden. Statt Votava hatte es Maradona nun wieder mit mir, seinem alten Kumpel Uli, zu tun. Wie schon 1988 in Berlin schmiss ich mich mit Wonne in jeden Zweikampf und bescherte Diego einen sehr unangenehmen Abend. Mit blauen Flecken auf dem Körper, Schrammen, die unter dem Duschwasser auf der Haut brennen, und einem nur langsam sinkenden Adrenalinspiegel im Körper, hockte ich nach diesem Spiel in der Kabine. Das sind Gefühle, wo du nicht beschreiben kannst, hat ein Kollege von mir mal gesagt. Stimmt. Das braucht man auch gar nicht. Jeder Kontaktsportler wird dieses Gefühl kennen. Ganz egal, ob der Gegner Diego Maradona oder Mensch Meier heißt. Das rauschhafte Glücksgefühl kennt keinen Unterschied zwischen Kreisklasse und UEFA-Cup.
    Mit dem Selbstvertrauen aus den Spielen gegen Neapel im Rücken räumten wir im Viertelfinale Standard Lüttich aus dem Weg und trafen nun erneut auf einen Vertreter aus Italien. Die Seria A hatte Anfang der neunziger Jahre noch den Ruf, die beste Liga der Welt zu sein, und unser Halbfinal-Gegner, der AC Florenz, bewies uns auch warum. In zwei Spielen reichte den Italienern ein einziges Tor, um uns auszuschalten. Zweimal 90 Minuten lang blockierte Florenz so geschickt den eigenen Strafraum, stellten wir uns so ungeschickt an, dass der UEFA-Cup einmal mehr nur ein Traum blieb.
    Zu Hause mussten sich unsere Fans mit einem laschen 1:1 zufrieden geben, den einzigen Bremer Treffer schoss passend zu unserem Auftritt der Italiener Landucci in der 90. Minute per Eigentor. Im Rückspiel sollten wir dann zunächst eine Einführung in das kleine Einmaleins der schmutzigen Europapokal-Tricks bekommen. Als wir uns eine gute halbe Stunde vor dem Spiel wie gewohnt auf dem Rasen warm machen wollten, wurde uns der Zugang aufs Spielfeld einfach verweigert. Man wolle, so die fadenscheinige Begründung, die Zuschauer nicht unnötig anstacheln. Was für ein Mist

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