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Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)

Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)

Titel: Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Raack
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vollbracht. Und vielleicht leuchtete in diesen zwei Stunden auch eine kleine Warnlampe in unserem Hinterkopf: Vorsicht, genießt den Augenblick, so schön wie jetzt wird es nie wieder werden!
    Genau das habe ich getan: Zwei Stunden Glück in vollen Zügen genossen. Mich daran berauscht, Deutscher Meister 1993 zu sein.

    Nach der Meisterschaft 1993 werden wir ins  Sportstudio geladen und natürlich auch an die Torwand. Günter Hermann versenkt die ersten fünf Versuche und schrammt dann am ewigen Rekord vorbei. Ich treffe einmal – per Vollspann.    © Uli Borowka privat
    Zehn Monate zuvor. Den enttäuschenden neunten Platz in der Liga hatten uns die Menschen in Bremen spätestens nach dem Sieg im Europapokal längst verziehen. Ich war nun schon seit vier Jahren in dieser Stadt und prominenter denn je. Das bedeutete in einer Stadt wie Bremen: Wenn ich beim Bäcker um die Ecke Brötchen holte, bekam ich zwei Stück Kuchen als Anerkennung und Dreingabe. Das Gefühl, ein Super- oder gar ein Popstar zu sein, hatten wir Spieler nun wahrlich nicht. Das machte es uns allerdings leichter, uns auf die Arbeit zu konzentrieren. Und wenn ich doch einmal vorgehabt hätte, aus der Reihe zu tanzen, dann hätte Otto Rehhagel mich sicherlich mit seinem Lasso eingefangen. »Meine Herren«, sagte Otto immer nach erfolgreichen Spielen, wenn unsere Torjäger von den Journalisten hofiert worden waren, während wir Abwehrspieler unter den Fernsehkabeln durchkrabbeln mussten, »glauben Sie ja nicht, dass ich nicht sehe, wer heute die Drecksarbeit gemacht hat! Denken Sie immer daran: Ich habe Sie alle lieb!« Und so war es auch: Otto hatte seine Werder-Familie fest im Griff. Bis auf wenige Ausnahmen konnte sich jeder, der vor der Saison neu dazukam, glücklich schätzen, in dieser Oase gelandet zu sein. Es ist kein Zufall, dass Neuzugänge in Bremen nur eine sehr kurze Eingewöhnungszeit benötigten. Die Saison 1992/93 ist das beste Beispiel dafür: Die Neulinge Beiersdorfer, Herzog und Hobsch wurden beinahe auf Anhieb zu wichtigen Stützen der Mannschaft.
    Extravaganzen waren in Bremen recht selten. Den einzigen Spleen, den ich mir leistete – abgesehen von der Sauferei – waren Krawatten und Swatch-Uhren. Auf dem Höhepunkt meiner Sammlung müssen es an die 100 Krawatten und 70 Uhren gewesen sein. Jahre später tauschte ich meine kostbare Sammlung gegen Bier und Schnaps ein.
    Auch die Extrawürste für die Mannschaft hielten sich in Grenzen. Wir fuhren die Autos eines Hauptsponsors und wurden natürlich regelmäßig neu eingekleidet, aber das war es dann auch. Ach ja: Alle paar Wochen brachte uns »Fisch-Franke« frisch geräucherte Regenbogenforellen in die Kabine und ein Bäcker schickte regelmäßig »Werder-Brot«. Typisch Bremen. Dem Image des bodenständigen Vereins entsprachen wir Spieler in diesen Jahren voll und ganz zu.
    Die neue Saison begann durchwachsen, um es mal vorsichtig zu formulieren. Ehrlich gesagt: Wir spielten grottenschlecht. Nach drei Spieltagen standen wir sogar kurzzeitig auf Platz 16. Gegen Nürnberg und Leverkusen hatten wir nur unentschieden gespielt, gegen den Karlsruher SC führten wir bis zur 38. Minute mit 2:0 – und verloren dann noch mit 2:5! Mein Gegenspieler, Sergej Kirjakow, schoss drei Tore. Muss ich noch mehr sagen? Wohl nicht.
    So rumpelten wir durch das erste Drittel der Saison. Bis zum elften Spieltag, bis zum Auswärtsspiel bei Tabellenführer Bayern München. Wie schon zwei Jahre zuvor, im September 1990, sollte das Spiel gegen die Münchner unsere Saison entscheidend beeinflussen.
    Mit nur 12:8 Punkten aus zehn Spielen reisten wir als klarer Außenseiter in den Süden. Die Bayern hatten mit Helmer, Thon, Wouters, Ziege, Matthäus und Wohlfahrt eine richtig gute Mannschaft zusammen. Wir hatten das Duo Andy Herzog und Wynton Rufer. 90 Minuten, zwei Tore von Wynton und ein Tor von Andy später, hatten wir die Bayern mit 3:1 geschlagen. Das war der Wendepunkt, von nun an kletterten wir beständig die Tabelle hoch, nach dem 2:0 gegen Schalke am 22. Spieltag hatten wir uns endgültig als Bayern-Verfolger Nummer eins festgebissen. Was solche Siege in München alles auslösen können.
    Bevor die Bundesligasaison allerdings in die heiße Phase ging, warteten auf uns noch zwei ganz besondere Highlights: Am 10. Februar und 10. März 1993 traten wir zum Hin- und Rückspiel im damals noch existierenden Supercup gegen den FC Barcelona an. Die Mannschaft von Johan Cruyff hatte 1992 den

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