Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)

Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)

Titel: Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Raack
Vom Netzwerk:
Europapokal der Landesmeister gewonnen und sich den Beinamen »Dreamteam« schwer verdient. Gegen diese herausragende Mannschaft durften wir nun also in zwei Pflichtspielen antreten. Wann hat man schon mal eine solche Gelegenheit?
    Das Hinspiel in Bremen endete 1:1, ein mehr als respektables Ergebnis. Schade nur, dass sich dieses Spiel lediglich 22000 Zuschauer angesehen haben. Das Weserstadion war in diesen Jahren – trotz unserer Erfolge – nur selten ausverkauft. Den meisten anderen Clubs ging es ganz genauso. Von den heutigen Zuschauerzahlen konnten wir damals nur träumen. Ich glaube, ich erzähle keine Märchen, wenn ich behaupte, dass bei einem Pflichtspiel zwischen Werder Bremen und dem FC Barcelona das Weserstadion heute bis auf den allerletzten Platz besetzt wäre. Das Gefühl einer Masseneuphorie mussten wir uns im Frühjahr 1993 woanders holen.
    Zum Beispiel in Barcelona. Dort traten wir exakt einen Monat später zum Rückspiel an (vor 75000 Fans) und bewiesen, dass wir mit den besten Mannschaften der Welt durchaus mithalten konnten. Zwar gewann Barca durch Tore von Christo Stoitschkow und Andoni Goikoetxea mit 2:1. Doch was wäre gewesen, wenn der Schiedsrichter Oliver Reck für sein Handspiel außerhalb des Strafraums nicht nach 30 Minuten die Rote Karte gezeigt hätte? Oder Bernd Hobsch kurz vor dem Schlusspfiff die große Chance zum 2:2 genutzt hätte? So blieb uns nur die Erfahrung, eine Ausnahmemannschaft an den Rand einer Niederlage gebracht zu haben. Ich hatte meinen Gegenspieler so gut es ging bekämpft. Bis zum Platzverweis für Olli spielte ich gegen den Bulgaren Stoitschkow, ein unglaublich talentierter und abgezockter Fußballer, dem ich – wie so oft – nur mit Härte beikommen konnte. Das tat ich allerdings so hingebungsvoll, dass mir Stoitschkow mehr als einmal hasserfüllte Blicke zuwarf. Nach der Roten Karte kümmerte ich mich um Michael Laudrup, dem ich unendlich viele Meter hinterher sprinten musste. Thomas Wolter übernahm Stoitschkow – und musste richtig Lehrgeld zahlen. Armer Thomas, er wird diesen Tag sicherlich bis heute nicht vergessen haben. Als das Spiel schließlich abgepfiffen war, hatte ihm sein Gegenspieler mit seinen Dribblings eine schöne Wendeltreppe ins Kreuz gedreht.
    Trotz Camp Nou, trotz Stoitschkow – Barcelona war bald nur noch eine flüchtige Erinnerung. In der Bundesliga rückten wir immer näher an die Bayern heran, kurz vor Saisonende war klar, dass die Meisterschaft 1993 nur zwischen Bremen und München entschieden werden konnte. Wobei wir in der wesentlich angenehmeren Situation waren: Als Jäger in der Lauerstellung. Und die Bayern wurden immer nervöser. Am 28. Spieltag fertigten wir sie im Weserstadion mit 4:1 ab, am 32. Spieltag verloren die Münchner auch ihr Auswärtsspiel gegen den Karlsruher SC, während wir mit 4:0 gegen Saarbrücken gewannen. Erstmals in dieser Saison waren wir nun punktgleich mit den Bayern, in der Tordifferenz trennten uns nur zwei Tore. Am 33. Spieltag machten wir auch diesen Rückstand wett. Die Ergebnisse: Bayern München – VfL Bochum 3:1, Werder Bremen – Hamburger SV 5:0. Ein junger Abwehrspieler namens Markus Babbel erwischte bei den Hamburgern einen rabenschwarzen Tag. Gut für uns, denn nun waren wir mit einem Tor in Front und führten die Tabelle an. Was für eine Aufholjagd! Die Meisterschaft musste am letzten Spieltag entschieden werden. Wir beim VfB Stuttgart, die Bayern auf Schalke. Spannender hätte man diese Saison nicht inszenieren können.
    Am Abend vor dem Spiel lag ich mit offenen Augen im Bett. »Olli, kannst du schlafen«, fragte ich meinen Torwart und Zimmernachbarn. »Ne. Du?« »Ne.« Ich machte den Fernseher an. Ich machte den Fernseher wieder aus. »Olli, kannst du schlafen?« »Ne.«
    So ging das stundenlang. Es war nicht nur die Aufregung vor dem wichtigen Spiel, die uns nicht einschlafen ließ, sondern auch die drückende Hitze in Stuttgart. Viel zu spät fielen mir die Augen zu.
    Der 5. Juni 1993, natürlich ein Samstag. Müde versuchte ich ein wenig zu frühstücken und ging anschließend – zum Friseur. Heute habe ich keine Ahnung, warum ich Stunden vor dem Meisterschaftsfinale meine Haare schneiden lassen wollte. War es die Erinnerung an die Europapokal-Glatze? Oder eine hilflose Maßnahme gegen die Hitze von Stuttgart?
    Wie auch immer: Als wir gegen 14 Uhr das Gottlieb-Daimler-Stadion betraten, hätte mir auch die Nassrasur auf dem Schädel nicht geholfen. In dem Kessel,

Weitere Kostenlose Bücher