Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)

Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)

Titel: Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Kienzle
Vom Netzwerk:
Trollinger gibt.
    Das ist ein bisschen so ähnlich wie bei den Bayern das Bier: der Mythos, der einen Stamm am Leben hält. Ich habe ja lange geglaubt, der Trollinger sei der beste Rotwein der Welt – bis ich nach Beirut gekommen bin und dort zum ersten Mal einen Chateau Musar getrunken habe. Da hat sich mein Weingeschmack ein bisschen verändert und ich habe dann lange keinen Trollinger mehr getrunken. Als ich zurückgekehrt bin, habe ich überraschend festgestellt, dass sich der Weinanbau im Schwäbischen doch sehr verändert hat. Das ist heute doch ein völlig anderer Wein als vor 20, 30 Jahren!
    Wie die Küchen hat sich auch die Weinwirtschaft enorm weiterentwickelt.
    Wenn es nicht die Liebe zum Trollinger ist – was ist dann schwäbisch an Ihnen?
    Die Verbundenheit mit der Heimat. Mir hat es nicht geschadet, im Schwäbischen zu bleiben. Ich arbeite seit mehr als 30 Jahren an einem Ort, der nur wenige Kilometer von meinem Geburtsort entfernt ist. Und hier habe ich meine Karriere gemacht. Ich habe mich in der Region immer sehr wohl gefühlt. Hinzu kommt, dass mir hier dieses Haus einen kongenialen Rahmen geboten hat, um mich zu entfalten. Das hat mich tief verwurzelt. Veränderungsmöglichkeiten hätte ich mehr als genügend gehabt – aber ich war nie in Versuchung. Ich habe nie gefragt, was würden Sie mir bezahlen?
    Von Jugend auf war es mein größter Wunsch, irgendwann mein Eigenheim zu besitzen. Und ich war so schwäbisch, dass ich mir schon ganz früh, mit knapp 24 Jahren, diesen Wunsch erfüllt habe. Aus eigener Kraft. Keine Erbschaft, keine Gönner, keine Unterstützer. Mit meiner Frau zusammen habe ich das aus dem Boden gestampft damals.
    Hier in Baiersbronn?
    In Loffenau. Also im Elternort, wo ich herkomme.
    Und seitdem pendeln Sie?
    Ich habe da nie gewohnt.
    Aber das Häusle musste sein?
    Das Häusle war mir oft eine Last, weil ich es ja pflegen muss. Aber ich habe es immer behalten. Es war mir immer wichtig, dieses Haus als zusätzliche Sicherheit im Hintergrund zu haben.
    Sie haben im Münchener »Tantris« bei Eckart Witzigmann gearbeitet.
    Als Commis. Ich habe mich dort nach meiner Ausbildung weitergebildet.
    Eigentlich sind die Orte, an denen Sie hätten wirken können, größer als dieses Schwarzwalddorf.
    Ich habe mit 24 Jahren meine Küchenmeisterprüfung gemacht. Ich war damals einer der jüngsten Küchenmeister. Ich war in allem relativ schnell.
    Sie waren ehrgeizig?
    Und wie! Ich konnte vom Elternhaus her keine weiterführende Schule besuchen nach der damaligen Hauptschule.
    Ihre Hochschule waren die Küchen der besten Köche.
    Das war »learning by doing«. Dass es mal in diese Richtung geht, konnte ich in den Anfangsjahren nicht voraussehen. Als ich hier angefangen habe, da gab es die »Schwarzwaldstube« als Gourmetrestaurant noch nicht. Wolfgang Staudenmaier, der damals auch bei Eckart Witzigmann war, zusammen mit dem jetzigen Eigentümer des Hotels, mit Heiner Finkbeiner, war hier der junge Küchenchef. Wir waren dann sehr schnell erfolgreich. Nach einem halben Jahr hatten wir den ersten Michelin-Stern 1 , nach dem zweiten Jahr den zweiten. Als Staudenmaier sich nach zweieinhalb Jahren zurückgezogen hat, aus einem Zwei-Sterne-Status sozusagen, kam die Anfrage von der Direktion, ob ich nicht Lust hätte, diese Aufgabe zu übernehmen. Da war mir klar: Ich konnte nur gewinnen.
    Den Zwei-Sterne-Status haben Sie halten können?
    Die zwei Sterne blieben, der Gästezulauf hat zugenommen, die Akzeptanz war da. Und dann habe ich natürlich Vollgas gegeben.
    1992 gab es den dritten Stern – und den haben Sie bis heute behalten. Sie sind der einzige deutsche Koch, der über einen so langen Zeitraum mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet worden ist. Ihr Job ist ja unheimlich stressig.
    Man muss belastbar sein. Heute komme ich mit der Situation zurecht. Vor zehn Jahren hätte ich mir das nicht eingestanden. Ein Rückwärts ist in meinem Kopf gar nicht verankert. Für mich gab es immer nur vorwärts.
    Es gibt Sterneköche, die ihre Sterne zurückgeben und wieder ganz einfach kochen. Haben Sie jemals darüber nachgedacht?
    Das bin nicht ich – ich bin immer Koch mit Leib und Seele gewesen! Ich wollte dieses Niveau, auch für mich selber. Das ist mein Ehrgeiz.
    Einige Köche haben dem Druck nicht standgehalten und Drogen genommen – Kokain, Alkohol. Wie gehen Sie mit dem Stress um?
    Irgendwann wurde mir freier Zugang zum Getränkebuffet eingeräumt – ich kann mir hier jederzeit eine Flasche

Weitere Kostenlose Bücher