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Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)

Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)

Titel: Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Kienzle
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der richtige Ausdruck. Ich bin gern Schwabe. Ich bin dezidiert Schwabe. Und ich bin ein Deutscher, weil die Schwaben Deutsche sind.
    1 Der Begriff sollte Erhard Eppler als Pietisten diffamieren und spielte mit der Bezeichnung für eine Guerillaorganisation (»Vietcong«), die während des Vietnamkriegs in Südvietnam gegen die US-Armee kämpfte.
    2 Schwäbisch für: Klatschweib
    3 Friedrich Naumann (1860–1919) war ein evangelischer Theologe und ein liberaler Politiker und erster Vorsitzender der Deutschen Demokratischen Partei (DDP). Nach ihm ist die FDP-nahe »Friedrich-Naumann-Stiftung« benannt.
    4 Eine Person, die in die schwäbisch-pietistische »Betstunde« geht
    5 Schwäbisch für: »Das hätte er besser unterlassen!«
    6 Im Bundestagswahlkampf 1980 propagierte Helmut Kohl eine »geistigmoralische Wende«, mit der er sich vom damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt abgrenzen wollte.
    7 »Du musst einfach in einem Ausschuss saubere Arbeit leisten, dann wird das irgendwann schon wahrgenommen!«
    8 Erich Friedrich Wilhelm Ludendorff (1865 – 1937) war Erster Generalquartiermeister im Ersten Weltkrieg und Stellvertreter von Generalfeldmarschall Hindenburg.



Harald Wohlfahrt
Kresse und Kaviar
    Vom bescheidenen und asketischen Erhard Eppler fahre ich von Stuttgart über die Genussroute, die A 81, an den äußersten Rand des alten Württembergs ins Schlemmerparadies Baiersbronn. Es ist seit 1370 württembergisch, also schwäbisches Kernland – die Gourmethauptstadt Deutschlands liegt nicht in Baden, wie viele vermuten.
    Hier in Baiersbronn tut sich eine völlig andere Welt auf. Als erstes fallen die vielen Luxuskarossen ins Auge – Jaguar, Porsche, BMW und Daimler. Auch französische Autonummern. Alles vom Feinsten. Aus dem ärmlichen pietistischen Schwarzwaldtal, wo man einst ein kärgliches Leben fristete, ist so etwas wie ein Wallfahrtsort für Genießer geworden. Nirgendwo in Deutschland gibt es so viele Michelin-Sterne pro Einwohner – sieben insgesamt. Die »Traube« hat schon lange drei der begehrten Sterne, das »Bareiss« auch, das »Schlossberg« im Hotel Sackmann begnügt sich bisher noch mit einem Stern. Bei etwas mehr als 16 000 Einwohnern weltrekordverdächtig. Starkoch in diesem exquisiten Schlaraffenland ist seit Langem Harald Wohlfahrt, der Küchenchef der »Traube« in Tonbach – ein Schwabe, wie er im Buche steht.
    Andere schwäbische Weltmarktführer handeln mit Schrauben oder mit Dübeln, hier in Baiserbronn wird auf Weltniveau gekocht. Die »Traube« ist seit Langem ein prosperierendes mittelständisches Unternehmen mit geschätzten 25 Millionen Umsatz – und schon wieder wird angebaut. Bereits in den 60er-Jahren, als Stuttgart noch ein ziemlich öder Ort war und Feinschmeckerrestaurants verpönt, fuhr der genießende Schwabe am Sonntag heimlich nach Baiersbronn, damit er beim Schlemmen nicht gesehen wurde. Feine Küche, das waren damals Toast Hawaii & Co., Zigeunerbraten und andere kulinarische Verbrechen. Ganz anders die Küche von Harald Wohlfahrt – er ist ein Kochkünstler. Die »New York Times« zählt ihn zu den zehn besten Köchen der Welt. Alle Sterne, Kochmützen und Auszeichnungen hat er abgeräumt. Sogar eine Rose wurde nach ihm benannt. Statt mit Farben malt er mit Soßen – Kunstwerke zum Genießen.
    HERR WOHLFAHRT, wir sitzen hier in einer urigen Bauernstube, dem historischen Kern der »Traube«. Auch Sie kommen …
    … von einem Bauernhof.
    Wie kommt’s, dass ein Bauernbub einer der besten Köche der Welt wird?
    Die Produkte der Natur wurden mir in die Wiege gelegt. Ich bin damit groß geworden. Ich kenne diese Produkte – nicht nur wie sie vom Markt eingekauft werden, sondern wie sie erzeugt werden.
    Aber Sie haben zu Hause doch eine ganz andere Küche kennengelernt.
    Das war natürlich eine bäuerliche Küche. Aber trotz allem: Der Meerrettich war damals frisch und die Rüben waren frisch und es gab die Hausschlachtung. Meine Großeltern waren Selbstversorger. Ich bin mit den Produkten, die die Region hergibt, groß geworden. Erst später, aufgrund des Berufs, hat sich mit Fischen und Meeresfrüchten und all dem Weltumspannenden, das heute verarbeitet wird, mein Küchenhorizont erweitert. Das liegt am Beruf. Indem ich die Dinge jeden Tag verarbeite und veredle, habe ich natürlich auch mich weiter entwickelt.
    Viele glauben ja, Sie hätten eine badische Küche. Baiersbronn liegt im Grenzgebiet zwischen Württemberg und Baden. Aber es war immer schon

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