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Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)

Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)

Titel: Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Kienzle
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ist für mich wichtig! Diese schwäbische Resteverwertungsküche liegt mir nicht so sehr.
    Sie gelten als Prototyp eines Schwaben. In Wirklichkeit aber sind Sie gar keiner?
    Das ist richtig.
    Sie sind ein verkappter Franke?
    Nicht verkappt!
    Was unterscheidet die Schwaben von den Franken?
    Der Schwabe ist direkt und brutal – der Franke ist hälinga. Diplomatischer. »So – samma a weng do?« 1 Vornehmer.
    Vornehmer?
    Die Hohenloher sind zurückhaltender.
    Das heißt, Ihnen gehen die Schwaben auf den Wecker?
    Manchmal. In ihrer Direktheit gehen sie mir manchmal auf den Wecker.
    Sie halten die »Haualauer 2 « für schlauer?
    Sie sind diplomatischer. Und der viel gerühmte schwäbische Fleiß – da sagt der Hohenloher Unternehmer: »Da sind unsere Leute besser!« Um Ihnen eine Geschichte aus der Wirtschaft zu erzählen: Reinhold Würth, Gerhard Sturm und Albert Berner stammen aus Künzelsau. Der Berner und der Sturm machen jeweils circa eine Milliarde Jahresumsatz, die Würth-Gruppe hat mehr als 400 Unternehmen in 84 Ländern und erwirtschaftet fast zehn Milliarden Umsatz im Jahr. Die drei waren Klassenkameraden – sie gingen in derselben Schule in Künzelsau in dieselbe Klasse! In keinem anderen Landkreis Deutschlands gibt es so viele Weltmarktführer wie in Hohenlohe.
    Jetzt versuchen Sie mir klarzumachen, dass die Hohenloher die besseren Schwaben sind?
    Die IHK Heilbronn-Franken hat bruttosozialproduktmäßig das gleiche Pro-Kopf-Aufkommen wie das Rhein-Main-Gebiet. Das ist eine der wirtschaftsstärksten Regionen Europas, mit einer der niedrigsten Arbeitslosenquoten.
    Aber die Franken haben es nicht geschafft, ein eigenes Bundesland zu gründen.
    Das ist richtig.
    Politische Versager.
    Dank einer unseligen Koalition des Herrn Napoleon mit dem Schwabenkönig. Der württembergische König hatte dem Napoleon Soldaten gegeben – und im Gegenzug hat der Napoleon beim Reichsdeputationshauptschluss im Jahr 1803 Franken kastriert.
    Und Ihr Vater ist als Pfarrer und schwäbischer Imperialist in den 1930er-Jahren in die Gegend gezogen und hat dort Schwäbisch verbreitet.
    Der hat dann aber sehr schnell die Fahnen gewechselt!
    … und Ihnen diesen merkwürdigen Namen Rezzo gegeben. Ist das nicht komisch, wenn man nach einem fränkischen Ritter benannt wird?
    Ich habe mit dem Namen nur Glück gehabt. Das war übrigens nicht mein Vater, das war meine Mutter, die darauf bestanden hat.
    Ihre beiden Eltern kommen aus Stuttgart-Obertürkheim und Eislingen/Fils. Urschwaben – und trotzdem verstehen Sie sich als Franke?
    Meine Eltern waren begeistert vom Hohenlohischen und haben ihre schwäbische Identität schnell hinter sich gelassen. Wir haben früher immer gesagt: »Wir fahren heute von Bächlingen nach Stuttgart hinter.«
    Hinter?
    Stuttgart liegt »hinten« – für uns. In meiner Jugend, als dann irgendwann der erste VW-Käfer in der Garage stand, sind wir nicht nach Stuttgart zum Einkaufen gefahren – sondern nach Würzburg.
    So weit geht die Abneigung gegen die Schwaben?
    Das ist keine Abneigung! Mein Großvater hat bis zu seinem 75. Lebensjahr in Stuttgart-Obertürkheim gearbeitet. Das war ein Schwabe wie er im Buche stand. An seinem Schreibtisch stand geschrieben: »Pflicht, du heiliger Name.« Kant! Der war Prokurist in einer Kesselfabrik in Obertürkheim, die sich damals schon in amerikanischen Händen befand. Der hat bis zu seinem 75. Lebensjahr gearbeitet – nach der Rente jedes Jahr immer ein paar Stunden weniger. Mit 75 war er dann auf halbtags.
    Das wäre ja ein Rentenmodell …
    Mit 75 hat er aufgehört. Und weil er so lange geschafft hat und weil er eine gute Rente hatte, war das für mich ein absoluter Quell. Bei ihm habe ich immer mal den einen oder anderen Hundertmarkschein gekriegt als Student. Ich habe in Stuttgart-Obertürkheim auch immer meine Ferienjobs gemacht. So isch no au wieder. 3
    Die Schwaben gelten doch als geizig.
    Das ändert sich – dazu gibt es eine schöne Geschichte von meinem OB-Wahlkampf. 1996 hatte ich als Grüner 300000 DM Spenden.
    Von wem?
    Aus allen Lagern. Auch von der Wirtschaft.
    Das heißt: Es gab damals subversive Kräfte bei den Konservativen, die Sie gefördert haben?
    Natürlich! Ich hätte diesen Wahlkampf sonst gar nicht so führen können. Damals gab es den Schwerzmann, Chef einer Werbeagentur in Stuttgart. Der kam zu mir und sagte: »Rezzo, es ist alles recht und schön, was du da machst, aber du brauchst Geld! Ich hab da eine Idee: Wir machen ein Fundraising beim

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