Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)
oder 20 Autos. Damit sind wir noch nicht wirklich sichtbar. Aber wenn in einigen Jahren diese Märkte ganz anders entwickelt sind, dann wird sich das dort auch ändern. Der Spielraum isch no groß – auch in Deutschland übrigens. Wir haben beispielsweise einen Händler in Stuttgart und in München. Aber zwischendrin? I ben ned in Nürnberg, i ben ned in Ulm, i ben ned in Garmisch.
Aber in Memmingen! Warum ausgerechnet in Memmingen?
Da gibt es einen Haufen Schwaben, die sparen, Herr Kienzle. Die wissen aber auch, was ein Wert ist. Die haben dort im Allgäu ihre Wochenendhäuser.
(Er lacht.)
Sie haben das Rentenalter mittlerweile ja überschritten. Und Sie hören immer noch nicht auf. Ist auch das schwäbisch oder haben Sie für sich das Rentenalter neu definiert? Bei bestimmten Firmen dürften Sie schon längst nicht mehr arbeiten.
Ja, da wäre ich schon mit 58 in Rente. Aber der Winter kommt, das weiß ich auch.
Ist diese Regelung Blödsinn?
Wenn Leute ein gewisses Alter erreichen, dann werden sie manchmal verbohrt. Und dann wird es kritisch für eine Firma. Weil ein Unternehmen immer offen sein muss für Neuerungen, in allem. Das ist ein ständiges Infragestellen. Und wenn dieses Infragestellen nicht mehr stattfindet, dann wird es schwierig. Aber solange du offen dafür bleibst, spielt es keine Rolle, ob du jetzt 65 oder 70 bist.
Stellen Sie sich selber noch infrage?
Ja klar, tue ich, jeden Tag aufs Neue.
Woher nehmen Sie die Gewissheit, dass die Antwort auf Ihre Frage auch stimmt?
Weil ich offen an Dinge herangehe. Als ich von Porsche zu BMW gekommen bin, habe ich gedacht: Jetzt werde ich denen mal zeigen, wie man Autos macht. Nach drei Monaten aber habe ich klar erkannt, dass das so nicht funktioniert. Dass ich in einem System nur etwas bewirken kann, wenn ich mich darauf einlasse. Deshalb sage ich: Ich bin ein internationaler Schwabe. Es ist diese Mischung aus Authentizität und Offenheit. Du verlierst nichts von deiner Eigenheit, wenn du offen bist. Im Gegenteil: Du wächst dabei. Und anders herum: Du kannst nur etwas einbringen, wenn du jemand bist. Deine eigenen Ecken und Kanten hast. Wenn du nur dein Ding durchziehen willst, dann wirst du scheitern. Wenn du sagst: Ich habe das schon immer so gemacht und deshalb machen wir das jetzt auch so. Dann brauchst du nicht rauszugehen. Dann kannst du in Heimerdingen 15 bleiben. Das ist das, was ich meine, wenn ich »international« sage.
Und doch merken Chefs oft nicht, wenn es nicht mehr funktioniert?
Die besondere Schwierigkeit an unserer Aufgabe ist doch, dass du heute Entscheidungen treffen musst, die im Auto erst in fünf Jahren zum Tragen kommen. Wenn ich sage: Die letzten zehn Jahre waren klasse, wir machen genauso weiter – dann wäre das ein Fehler! Die Frage ist doch: Wohin wollen wir, wohin geht die Welt? Ich sage zu meinen Leuten: »Ich möchte von euch wissen: Wie sieht ein iPhone in fünf Jahren aus?« Solange ich vorausdenken kann, solange werde ich das auch machen. Und solange ich nette Leute treffe, die extra zu mir nach London reisen.
(Er lacht.)
Es steht also nicht fest, wann Sie aufhören?
Ich fahre ja noch Rennen. Ich habe Aston Martin wieder zum Rennsport zurückgeführt. In 14 Tagen sitze ich wieder selbst am Steuer, beim 250-Meilen-Rennen auf dem Nürburgring.
Aber im Schwäbischen sagt man doch eigentlich: »No ned hudle«. 16
Bei mir muss alles zack, zack gehen. Wenn Sie mit mir zusammen auf den Flughafen gehen, bin ich der Erste, der draußen ist. Da wird gelaufen.
Ist das nicht ein Widerspruch – für einen Schwaben?
Das ist für mich dasselbe! »No ned hudle« bedeutet für mich: Wenn ich heute eine Entscheidung treffen muss, dann muss ich das heute tun. Aber wenn ich heute nicht entscheiden muss, weil es von der Zeit her noch langt, dies erst in zwei Monaten zu tun, dann treffe ich die Entscheidung heute nicht.
Die Zeit kann man nutzen?
Die Zeit kann man nutzen. »No ned hudle« ist für den Schwaben das, was der Lateiner carpe diem nennt: das Ausnutzen des Spielraums, der Möglichkeiten.
Das ist eine interessante Interpretation von »No ned hudle«. Ich kann hier nicht rausgehen, ohne James Bond anzusprechen. Wie wichtig war es für Sie, dass er jetzt wieder Ihr Auto zu seinem Dienstwagen gemacht hat? 17
James Bond steht für Best of British. Gar keine Frage. Er hat alle britischen Qualitäten, er ist confident 18 , er ist souverän, ein Gentleman, er hat Ausstrahlung, Erotik. Insofern muss er auch einen Aston
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