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Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)

Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)

Titel: Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Kienzle
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man Fortschritt hier eben anders durchsetzen muss.
    Deshalb hat es in Baden-Württemberg nie zu einem sozialdemokratischen Ministerpräsidenten gereicht? Kann es sein, dass die schwäbischen und die sozialdemokratischen Werte nicht zusammenpassen?
    Auch bei uns hier hat es große Sozialdemokraten gegeben, denken Sie nur an Carlo Schmid, der nach dem Krieg hier in Südwürttemberg-Hohenzollern begonnen hat. Die Werte der Sozialdemokraten haben auch heute hier durchaus Chancen – die Widerstände kommen von anderen Seiten. Ich hab bekanntlich einen Wahlkreis, der für Sozialdemokraten nie für gewinnbar gehalten wurde, einmal direkt geholt.
    Woran liegt es dann?
    Heute wird viel über Freiheit und Gerechtigkeit geredet. Aber viele Menschen spüren halt im Zeitalter von Europäisierung und Globalisierung immer weniger von Gerechtigkeit und Solidarität. Wie beide Werte heute umgesetzt werden können – das müssen Sozialdemokraten endlich offen und konkret mit den Menschen besprechen. Möglichst profilklar und hier in Schwaben mit dem erforderlichen Quäntchen von schwäbischem Pragmatismus.
    Das heißt, es fehlt in Baden-Württemberg an sozialdemokratischen Persönlichkeiten?
    Daran – aber auch an Ideen und Mut, Ungerechtigkeiten offen anzugehen, also nicht nur darüber zu reden.
    Ist das eine Erklärung dafür, dass Lothar Späth dreimal die absolute Mehrheit holen konnte?
    Eine Erklärung dafür. Lothar Späth, der ja zu dem eher offenen Teil der CDU gehört, repräsentiert in seiner Art einen Teil von Schwaben, ganz ohne Zweifel. Kein Wunder: Er ist nicht nur intelligent, sondern auch knitz 2 und kann unglaublich gut reden – er redet ja viel schneller als ich! Außerdem hat er eine sehr nette Frau und war auch kein konservativer Ideologe wie etwa Filbinger.
    Eher ein Liberaler?
    Kein Neoliberaler. Er hat eine Menge Vorschläge auch von Sozialdemokraten abgekupfert–das war einer seiner Erfolgstricks.
    Sie gelten als engagierte Schwäbin. Auch nach Ihrem Ausscheiden aus der Regierung schalten Sie sich aktiv in die Politik ein!
    In der jetzigen Situation, in den Unfug mit ESM-Vertrag 3 und Fiskalpakt 4 muss man sich einschalten! Es geht nicht, wichtigste Haushaltsrechte des Bundestags auf die europäische Exekutive oder die Europäische Zentralbank zu verlagern. Wenn Hoheitsrechte nach Europa übertragen werden sollen – und dafür spricht einiges –, dann müssen auch bei uns vorher die Menschen darüber abstimmen können. Und die Rechte des europäischen Parlaments müssen ausgebaut werden! Sonst wachen die Bürgerinnen und Bürger nicht nur hier in Schwaben morgens auf und stellen fest, dass sie zwar den Bundestag wählen dürfen, dass der aber über den Umgang mit unseren Steuern nicht mehr bestimmen kann. Und dass sie ein europäisches Parlament wählen, dass da auch nicht zu entscheiden hat. So kann man Europa weder sichern noch stärken. Das geht nicht ohne die Bürgerinnen und Bürger und ihr Vertrauen. Deshalb brauchen wir auch einen Pakt für Demokratie in Europa.
    Jetzt wird deutlich: Herta Däubler-Gmelin ist eine blitzschnelle Analytikerin, die das, was sie denkt, auch geschliffen in Worte fasst. Das scheint einige zu ängstigen. Im »Tagesspiegel« war einst zu lesen: »Im Notfall flach hinlegen und auf Hilfe warten!« Das soll ein Mitarbeiter mal einem Besucher, der bei Ihnen vorsprechen wollte, geraten haben. Im gleichen Artikel werden Sie als »schwäbische Schwärdgosch« 5 bezeichnet. Ist »Schwärdgosch« ein Kompliment für eine Schwäbin?
    Sie meinen das ja offensichtlich als Kompliment. Also lassen wir das so stehen. Zumal der Ausdruck ursprünglich ja auf Lothar Späth gemünzt war …
    In Berlin regiert ja eine »schwäbische Hausfrau«, das sagen zumindest die Imageberater von Frau Merkel. Was sagen Sie als schwäbische Hausfrau dazu?
    Diese Imageberater greifen ganz schön daneben!
    Ist das eine Anmaßung von Frau Merkel?
    Über diesen Vergleich kann man doch nur spotten. Schwäbisch wäre, nicht selbst über seine Verhältnisse zu leben und gerade auch die Krisengewinnler und die Krisenverursacher zur Kasse zu bitten. Schwäbisch ist, in Nachhaltigkeit und Bildung zu investieren und Menschen Zukunft zu geben. In ganz Europa. Auch in Schuldenstaaten. Dazu fehlen der Regierung der Mut und das Verantwortungsbewusstsein. Die macht Klientel- und Interessenpolitik – und das ist völlig unschwäbisch.
    Es wird ja mittlerweile oft vermeintlich »Schwäbisches« außerhalb Schwabens in

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