Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)

Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)

Titel: Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Kienzle
Vom Netzwerk:
japanischen Ingenieur, der das seit über zehn Jahren macht. Für mich gehört das alles zusammen – das Fühlen, das Sehen und das Hören. Das Tonale. Der Motor, das Ansauggeräusch. Und das Auspuffgeräusch, das nicht aufdringlich sein darf. Aber mit dem ich spiele, wie auf einem Instrument, das ich genießen kann. Ich höre zum Beispiel fast nie Radio im Auto.
    Sie hören Ihrem Auto zu?
    Ich höre dem Auto zu. Das singt mit mir, und ich rede mit ihm. Für mich ist das wie Musik. Und jedes Geräusch, das irgendwo herkommt, sei es von einer rauen Straße oder etwas anderem – das stört mich.
    Ist es denn tatsächlich so, dass man den Sound individuell gestalten kann?
    Sie können natürlich bei jedem Auto eine neue Sportauspuffanlage installieren, die einfach laut ist. Das hat aber mit Sound nichts zu tun. Ein Auto zu bauen ist ein Managementprozess. Man kommuniziert in jeder Stufe miteinander, wie man empfindet, was noch zu tun ist – und das setzt man dann um.
    Sie haben mal gesagt: »Der ›Vantage‹ kann Porsche in die Augen schauen«. Sie reden von Ihren Autos, als ob es Lebewesen wären?
    Die Autos haben auch ein Leben. Sie wollen – das hat ein Journalist, der mit einem V12 gefahren ist, vor Kurzem geschrieben –, sie wollen gestreichelt werden.
    Das ist ja fast auto-erotisch.
    Ja, dazu stehe ich auch. Unsere Autos sind erotisch. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Ich bin ja nicht nur der Techniker, ich bin auch ein Augenmensch und jemand, der alles berührt. Ich streichle das Auto und fahre mit der Hand über die einzelnen Teile. Es ist einfach etwas, was ich gern anfasse, die Karosserie, das Lenkrad.
(Er streicht über das Sofa.)
Das ist übrigens Aston-Martin-Leder.
    Es fühlt sich gut an.
    Ja, das möchte man anfassen. Es gibt andere Leder, da möchtest du das nicht.
    Wo kommt das her?
    Das Leder kommt aus Schottland.
    Und wird mit Whiskey gegerbt?
    Das ist nicht nur das Gerben. Das Leder, das Sie aus vielen anderen Autos kennen, ist ja nicht natürlich. Das ist lackiert und geprägt. Und warum wird das geprägt? Damit man, gucket se
(er zeigt auf eine Falte),
hier so was: Damit man des ned sieht. Die Kuh hat, wie wir auch, Fett. Das gibt dann später Falten im Leder. Und deshalb wird es von vielen geprägt, damit alles einheitlich ist und man diese Falten nicht sieht. Wir aber lassen das im Naturzustand. Und deshalb haben wir manchmal Leder, das ganz glatt ist, und an manchen Stellen hat es diese Falten. Das ist natürlich, das muss so sein. Leder darf auch im Sonnenlicht einen anderen Farbton annehmen, es darf altern. Wenn ein Sattel altert, dann wird er erst schön.
    Für die Engländer muss es schon hart sein, dass Bentley und Rolls Royce, Inbegriffe des englischen Automobilbaus, jetzt entweder zu BMW oder VW gehören?
    Ich denke, die Engländer sind in dieser Richtung relativ pragmatisch. Die sagen ganz klar: Solange die uns gute Autos machen, ist das o.k. So war das auch bei mir, als ich zu Aston Martin kam. Es gab hier niemanden, der negativ über mich geschrieben hätte, weil ich Deutscher bin. Im Gegenteil: Ich hatte in England schon einen guten Namen, weil ich bei Porsche war. Porsche ist eine Marke in England. Ich habe auch in Korea Autos gemacht, die hier sehr gut angekommen sind. Den Daewoo »Matiz« zum Beispiel, den man heute auch noch sieht. Ich war also bekannt als Automobilmensch. Des war den Engländern lieber als an Erbsazähler 10 aus dem Finanzbereich.
    Es ist ja schon verrückt: England war ja in der Mode- und auch in der Automobilbranche in Europa, vor allem auch in Deutschland, sehr beliebt. Und das ist ja fast alles verschwunden. Margaret Thatcher hat ganz auf die Finanzindustrie gesetzt – und hat alles andere schleifen lassen.
    Das haben die eigentlich bis vor einigen Jahren immer noch gemacht. Ich habe schon 2002, 2003 gesagt, dass der englische Staat die Herstellungsindustrie richtig runterfährt. Damals habe ich gesagt, dass England in 20, 30 Jahren zu einem Disneypark wird – mit den Royals, die oben ihr Theater spielen. Und den Touristen, die sich das alles anschauen. London ist ein Beispiel. Auch wenn Sie Richtung Nord- oder Südwesten aus der Stadt fahren, in die Midlands oder nach Cornwall – dann finden Sie die reetgedeckten Häuser. Alles ist so belassen wie vor 200 Jahren. Das ist wie bei »Asterix bei den Briten«.
    Romantisch! Aber nicht wirtschaftlich?
    Die Entwicklung, die Industrie stagniert. Im Automobilbereich sind in den letzten Jahren ungeheuer

Weitere Kostenlose Bücher