Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)
Martin fahren. James Bond und Aston Martin gehören einfach zusammen. Nicht weil wir Geld dafür bezahlen, das tun wir übrigens auch nicht, sondern weil es authentisch ist. Aston Martin und James Bond haben eine Love Affair. Ich kenne die Producer Barbara Broccoli und Michael Wilson, ich kenne Daniel Craig 19 und Pierce Brosnan. 20 Immer dann, wenn wir die Autos übergeben, trinken wir auch mal ein Bier miteinander. Ich finde es schön, wenn du auf diesem Level miteinander verkehren kannst.
Das ist eine Welt, die weit weg ist von Cannstatt. Welche Bedeutung hat der Begriff Heimat noch für Sie?
Heimat ist für mich da, wo meine Frau und meine Kinder sind.
Also nicht mehr Cannstatt?
Manche sagen ja: Irgendwann willst du wieder dahin, wo du herkommst. Ich muss das nicht. Seit 20 Jahren komme ich nur noch als Gast zur Motorpresse oder zum Cannstatter Volksfest nach Stuttgart – dann aber gerne.
Sie sind eher Weltbürger als Schwabe?
Ich bin ein internationaler Schwabe. Mich interessiert, was in der Welt vorgeht, was man dort machen kann. Ich will nicht nur meine Brezeln in der Welt verkaufen, sondern auch erfahren, wie die Welt meine Brezeln möglicherweise beeinflusst. Auf der Schwäbischen Alb hab’ ich no a Äggerle. 21 Du kriegst das ja immer vererbt. Und a Schtück Wald hab ich auch.
Schon sauschwäbisch. Aston Martin und a Äggerle auf der Alb!
Ich habe schon zu meinem Sohn gesagt, den krieagsch du amol, den Agger, wenn i nemme läb. Aber dass i do nozieh’… 22
1 »Geht nicht, gibt’s nicht«
2 Das ist nicht ganz billig.
3 Das ist unglaublich!
4 Ich rede so, wie wir jetzt miteinander reden.
5 Englisch: hochnäsig raffiniert
6 Die Olympischen Spiele für Menschen mit Behinderungen haben im Sommer 2012 in London stattgefunden.
7 Englisch: das letzte Bein
8 Schwäbischer Ausruf, der sowohl freundlich als auch beleidigend gemeint sein kann
9 Ein Sportwagenmodell von Aston Martin
10 Schwäbisch für »pingeliger Bürokrat«
11 Englisch: Schneider
12 Sitz des Ferrari-Werks
13 Schwäbisch für: Garten
14 »Sie haben aber ein tolles Auto!«
15 Schwäbisches Dorf in unmittelbarer Nähe des Porsche Forschungs- und Entwicklungszentrums
16 Schwäbisch für: Nur langsam!
17 Der Kino-Geheimagent James Bond fuhr in seinen Filmen in den 1990er-Jahren zeitweise BMW.
18 Englisch: selbstsicher, vertrauenswürdig
19 Aktueller James-Bond-Darsteller
20 Dessen Vorgänger
21 Grundbesitz
22 Den Acker bekommst du mal, wenn ich nicht mehr lebe. Aber dass ich dort hinziehe …
Herta Däubler-Gmelin
Stoßlüften. Und
schwäbische Solidität
Sie ist nicht leicht zu finden. Ganz Dußlingen ist eine Baustelle. Die Bundesstraße auf die Schwäbische Alb wird hier vierspurig ausgebaut. Dußlingen, ein Vorort von Tübingen, ist deshalb ein geteiltes Dorf. Wohnt sie links oder rechts der Baustelle – das ist die Frage. Das »Navi« versagt und die Umleitung erst recht – alle Wege enden an Betonmischern und Baugruben. Da hilft nur noch der gesunde Menschenverstand – selbstverständlich findet man Herta Däubler-Gmelin links. Sie war jahrzehntelang streitbare Vorkämpferin der schwäbischen Sozialdemokraten, für viele im Südwesten ist sie heute noch »die Herdda«. Ihr Vorname aber ist nicht unbedingt schwäbisch – die Erdgöttin aus der germanischen Mythologie stand Pate.
Nach langer Irrfahrt finde ich schließlich ihre Adresse. Aber auch hier klafft ein Bauloch. Im Vorgarten lärmt ein Bagger, die Fundamente am Domizil der Däubler-Gmelins müssen trockengelegt werden. Das Einfamilienhaus wirkt schwäbisch solide, aber eine richtige Drainage war beim Bauen vergessen worden.
Herta Däubler-Gmelin sieht ihr Häusle nur selten. Noch immer ist sie hyperaktiv. Sie lehrt in Afrika, berät in Arabien, betreibt eine Anwaltskanzlei in Berlin. Und vor dem Bundesverfassungsgericht saß sie friedlich vereint neben Peter Gauweiler auf der Klägerbank – früher ein politischer Erzfeind. Es ging gegen ESM und Fiskalpakt – für Herta Däubler-Gmelin aber ging es vor allem um mehr Demokratie in Europa. In ihrem Leben ist sie einem Streit nur selten aus dem Weg gegangen, oft wirkt sie dabei wie eine schwäbische Feministin. Und doch sagt sie von sich selbst, sei sie immer nur eine konsequente Schwäbin gewesen.
Ihr Mann, ein renommierter Arbeitsrechtler und selbstverständlich Professor wie sie, öffnet freundlich die Tür. Dann erscheint sie – fröhlich, gut gelaunt, resolut wie immer. Sie führt mich durchs
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