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Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)

Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)

Titel: Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Kienzle
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»Seggl«, »Arschloch« oder »Scheißdreck« um sich zu werfen.
    Das Schwäbische ist ja für viele eine verkrampfte Angelegenheit geworden. Junge Abiturienten sprechen kaum mehr Dialekt und karrierebewusste Manager lassen sich ihr Schwäbisch in Sprachkursen abgewöhnen. Dieser farblose »Einheitssprech« war auf dem Vormarsch. Deshalb ist der neue Gegentrend überraschend. Ob es ein neuer Trend wird, muss sich aber erst noch zeigen.
    Ich treffe Natalia Wörner im Stuttgarter Hotel am Schlossgarten. Keck ist sie – aber alles andere als divenhaft. Eine einfache blaue Strickjacke, eine graue Hose. Die »Blitzschwäbin«, wie sie sich in unserem Gespräch selbst nennt, ist seit den Dreharbeiten auf der Suche nach der eigenen schwäbischen Vergangenheit. Wenn man mit ihr ins Gespräch kommt, merkt man sehr schnell, dass sie nicht auf »d’Gosch g’fallen« 1 ist. Aber Schwäbisch spricht sie eigentlich auch nur noch im Film.
    FRAU WÖRNER, Sie haben in einem Interview gesagt: »Schwäbisch ist sexy.« Aber es gibt immer mehr Schwaben, die sich ihren Dialekt abtrainieren. Sind die blöd?
    Ich bin ja selber gerade auf einem Forschungsfeldzug, was die Schwaben anbelangt. Vor zwei Jahren hätte ich gar nichts dazu sagen können, weil ich dazu zu weit weg gewesen wäre. Ich wollte ja vor allem weg. Und jetzt sind verschiedene Sachen in meinem Leben passiert, die mich auf eine ganz spielerische Art wieder in die Heimat bringen.
    Sie wollten weg?
    Als ich 18 Jahre alt war. Das Erste, was ich nach dem Abitur gemacht habe, war: gehen.
    Warum?
    Es war Fernweh. Ich bin ein sehr neugieriger Mensch, mich hat es raus getrieben, ich wollte in die Welt. Ich spürte schon, dass hier in Stuttgart eine Enge war, die nicht meine ist. Ich wollte gucken, wie andere Menschen leben. Und das ist bis heute so. Im vergangenen Jahr war ich zum ersten Mal seit über 20 Jahren wieder länger in der Region und der Satz, den Sie gerade zitiert haben – »Schwäbisch ist sexy« –, kommt aus einer Erfahrung, die ich in dieser Zeit hier gemacht habe. Ich habe hier einen Film in Dialekt gedreht – »Die Kirche bleibt im Dorf«. Man hat ja manchmal Bilder im Kopf, wenn man sich in bestimmten Regionen bewegt – und, Sie werden lachen, aber ich habe, als ich hier im Schwäbischen den schwäbischen Kinofilm gedreht habe, an Anna Magnani gedacht.
    Die berühmte Oscar-Preisträgerin.
    Ich fahre Traktor in dem Film! Ich habe Traktorfahren gelernt und mache andere Dinge, die man von mir auch nicht kennt.
(Eine Kellnerin kommt und bringt Kaffee.)
    Und ich mache alles, was ich nicht machen dürfte. Ich bin eine verfressene Schwäbin. Was gibt’s denn Süßes?
    Die Kellnerin:       Kuchen.
    Ulrich Kienzle:     Käs’kuchen?
    Natalia Wörner: Also, wenn’s Käs’kuchen gibt, dann hätte ich den gern! Ich mache übrigens den besten Käsekuchen der Welt!
    Eines Morgens, als ich Südafrika-Korrespondent für die ARD war, bin ich in Pretoria aufgewacht und sagte zu meiner Frau: »Ich will Käs’kuchen!« Dann fuhren wir mehrere Stunden quer durch Pretoria, bis wir irgendwann einen schwäbischen Bäcker gefunden hatten, der Käsekuchen verkaufte. Sie mögen die schwäbische Küche?
    Ich liebe die schwäbische Küche. Ich mag sie wirklich gerne. Ein Freund von mir kommt manchmal nach Berlin und kocht dann zwei Tage lang schwäbisches Essen für alle Freunde. Er macht selber Maultaschen und so. Das sind dann Momente, wo ich merke: Da sind doch noch schwäbische Marotten.
    Jetzt machen wir einen Test. Wissen Sie, was Luggeleskäs ist?
    Hüttenkäse.
    Kompliment – fast richtig! Quark mit Schnittlauch. Viele schwäbische Gerichte drohen auszusterben. Kutteln …
    Kutteln? Bäh!!!!
    In Trollinger eingelegt mit Bratkartoffeln eine absolute Delikatesse!
    Mich kann man eher mit Maultaschen locken.
    Sind Sie eine Berliner Schwäbin?
    Nein, ich bin nicht in dieser schwäbischen Community in Berlin verwachsen. Als ich noch in Hamburg lebte, hatte ich dort einen Bekannten. Einen Schulfreund. Mittlerweile ist er wieder zurück in Stuttgart. Wir haben damals manchmal schwäbische Heimatabende gemacht, haben uns gegenseitig besucht und Spätzle geschabt – zur Verwunderung unserer Hamburger Freunde. Die fanden das irgendwie skurril. Das habe ich in Berlin im Moment nicht. Keinen Schwabenbezug.
    Aber Sie bekommen diesen Schwabenhass mit?
    Ich wohne in Berlin nicht dort, wo es eine Schwabenüberbevölkerung gibt. Ich kriege das aus den Medien mit und ich weiß

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