Ultimo
sollen die Journalbeamten befragen. Ich will wissen, ob sich jemand den Schlüssel ausborgte. Wer? Wann? Aus welchem Grund? Womöglich gibt es ja sogar eine Dokumentation darüber.“
Polli nickt. „Da will dich jemand sprechen“, sagt er und öffnet die Bürotür. Ein dunkelhaariger Herr Mitte 40in grauem Anzug und weißem Hemd sitzt bei Britta Seitz. Ein Gynäkologe.Er wolle hier in der Haftsache Wagnervorsprechen, meint er.
Zoff nickt.
„Frau Wagner ist meine Patientin“, leitet der Mediziner ein. „Wie ich hörte, steht sie unter Mordverdacht.“
Zoff blickt ihn ruhig an und schweigt.
„Ich habe da ein Problem“, sagtder Mann vorsichtig. „Ich rede von der ärztlichen Schweigepflicht. Ich glaube etwas zu wissen, was zu einem gewissen Verständnis hinsichtlich ihrer Motive führen könnte. Aber ich will nicht ohne das Einverständnis der Patientin mit Ihnen reden.“
„Es geht um Mord. Trotzdem müssen Sie selbst entscheiden, ob Sie etwas zu Protokoll geben oder nicht.“
„Ich weiß. Hier zu erscheinen war dumm von mir, verzeihen Sie. Aberrichten Sie der Patientin meine Grüße aus und schildern Sie ihr meinen Gewissenskonflikt. Ich hoffe, sie ist dann vernünftig genug, Ihnen zu sagen, was zu sagen ist. Alles Gute.“ Der Mann steht auf. Auch Zoff erhebt sich,bringt ihn zur Tür und schaut ihm nach, bis erim Aufzug verschwindet. „Komisch“, sagt er und drückt die Tür zu.
Zoff denkt nach. Die anderen auch. Schließlich meldet sich Britta zu Wort. „Ein Gynäkologe“, seufztsie. „Das riecht nach Schwangerschaftsabbruch, oder nach einem Sexualdelikt.“
Er nickt.
Der Journalbeamtebehaupte, Bettina Wagners Mutter seiin Salzburg, um ihrer Tochter beizustehen, erzähltPolli. Womöglich wisse die ja, was es mit diesem Gynäkologen auf sich habe.
„Sieh zu, dass du sie auftreibst, und sprich mit ihr“, sagt Zoff ganz zerstreutund gibt Britta einen Wink.
Er will mit Wagner reden. Rasch.
Auf der Stelle.
Eine Dreiviertelstunde später betreten sie in Begleitung einer Wärterin Bettina Wagners Zelle.
„Sie stören, Zoff“, empfängt ihn die Gefangene unfreundlich und bleibt auf ihrem Stahlrohrbett sitzen.
„Ist nicht wahr. Schöne Grüße von Ihrem Arzt“, erwidert er, legt ihr die Hand auf die Schulter und blickt ihr tief in die Augen.
„Von welchem Arzt?“, fragt sie verblüfft.
„IhremGynäkologen.“
Empört springt sie auf. „Nein. Das geht nicht. Er darf nichts sagen.“
„So? Dann erzählen Sie es doch.“
„Was denn?“
„Die ganze Geschichte.“
Kopfschüttelnd wendet sich die Gefangene ab. Einen Moment lang versucht sie noch, die Fassung zu bewahren. Dann heult sie los. „Ruhig“, murmelt Britta und nimmt sie in die Arme, als sei sie ein kleines Kind.
„Paul Freiher“, schluchzt Bettina. „Ich war auf seiner Geburtstagsparty.Er hat mir etwas ins Glas getan.“ Zoff und Britta Seitz werfen sich einen ungläubigen Blick zu.
„Das glaubt ihr mir nicht. So war es aber.“
„Dieses verdammte Arschloch“, faucht der Oberstleutnant angewidert.
„Vielleicht lässt du uns jetzt besser allein“, schlägt Britta leise vor.
Zoff nickt und macht sich aus dem Staub. Lautlos,und er geht nicht weit. Nur ein paar Schritte.
Gedankenverloren stellt er sich draußen auf demKorridor ans vergitterte Fenster und starrt bewegungslosauf den Gefängnishof.
Also das war ihr Motiv, frohlockt eine Stimme in ihm.
Damit ist die Sache wohl endgültig gelaufen.
***
Es dauert eine Weile, bis sich die Gefangene wieder ein wenig beruhigt hat.
Danach erzählt sie Britta, was Freiher ihr angetan hat. Sie spricht zögernd und leise. Mit weit aufgerissenen Augen.
„So eine Schweinebacke“, kommentiert Brittadas Gehörte entsetzt. „Jetzt ist mir alles klar.“
„Nichts. Gar nichts ist euch klar. Ja. Ich hätte allen Grund dazu gehabt, Rache zu nehmen. Ihn auszulöschen. Ich habe es nicht getan. Auch wenn ihr mir das jetzt noch weniger abnehmen werdet, als vorher.“
Britta schluckt. „Ich würde es verstehen“, sagt sie.
„Ich bin keine Mörderin“, beteuert Betty.
„Na gut“, sagt die Grazer Tatortspezialistin. „Dann waren Sie es eben nicht. Wer sonst? Wer außer Ihnen könnte denn da noch eine Rechnung offen gehabt haben?“
„Darüber zerbreche ich mir schon tagelang den Kopf. Ich weiß es nicht.“
„Dann denken Sie eben noch einmal nach.“
„Es gibt zu viele Möglichkeiten. Paul war so etwas von unbeliebt, ja richtiggehend verhasst. In der gesamten
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