Ultimo
Mord an Freiherkönnen wir ihr also nicht beweisen“, sinniert Zoff. „Es sei denn, wir finden die Armbrust oder können wenigstens die Anmietung eines Cabrios in Graz belegen.“
„Und die Indizien zum Mord an Rieder? Die sind zwar schwerwiegend, aber auch höchst verdächtig“, ergänzt Britta und bläst sich eine blonde Locke aus der Stirn.
„Was uns zu diesen Mordfällen bislang ja sowieso noch völlig fehlt, ist ein Motiv“, erläutert Zoff. „Wieso sollte Wagner die beiden eigentlich ermordet haben?“
„Rieder hatte eine Affäre mit ihr und hat sie abserviert.“
„Und deshalb bringt man jemanden um? Da wäre halb Mitteleuropa entvölkert. Was sie gegen Freiher gehabt haben soll, ist mir ja überhaupt ein Rätsel.“
Britta antwortet mit einem Achselzucken.„Überlegen wir doch einmal folgende Variante“, seufzt sie.„ Angenommen, unsere Verdächtige sagt im Hinblick auf die beiden Morde nichts als die reine Wahrheit. Wer hätte da sonst noch ein Motiv?“
Mit finsterer Miene stellt sich Zoff ans Fenster und starrt gedankenverloren ins Freie.
„Ja“, sagt er leise. „Darüber denke ich auch schon die längste Zeit nach.“
Zwei Stunden später.
Am Heuberg weht ein unangenehmer Westwind.
Zoff fröstelt. Der Butler empfängt ihn an der Pforte. „Madame will Sie nicht sehen“, lässt er Zoff wissen, aber der grinst nur, stellt seinen Fuß in die Tür, zieht sie auf und drängt den Bediensteten zur Seite.
„Wie Sie wissen, untersuche ich den Mord an Ihrem ehemaligen Arbeitgeber“, stellt er trocken fest. „Also ersparen Sie uns Ihr affektiertes Getue und sorgen Sie dafür, dass mich Ihre Chefin empfängt. Sofort.“
„Das ist Hausfriedensbruch.“
„So ein Schwachsinn. Weg da.“
„Ist schon gut, Franz.“ Die Stimme kommt aus dem Salon.
„Sehen Sie? Und jetzt entspannen Sie sich. Ich kenne den Weg.“Mit beiden Händen winkend lässt Zoff den Butler stehen und latscht in den Empfangsraum. Es ist kühl unddunkel, und es duftet nach Kerzenrauch.
Die Hausherrin hat verweinte Augen. Sie trägt ein schwarzes Kleid, knielang, von schlichter Eleganz. Um den Hals eine Kette aus Weißgold mit einem Medaillon. Sonst keinen Schmuck.
„Was wollen Sie?“
„Kondolieren. Der Tod Ihres Mannes geht mir nahe.“
„Seine Betty hat ihn auf dem Gewissen. Die zweithöchste Kriminalbeamtin des Bundeslands. Ist doch pervers.“
„Haben Sie eine Ahnung, was der Grund dafür gewesen sein könnte?“
„Leider nein. Dazu kann ich Ihnen gar nichts sagen.“
„Wirklich? Überlegen Sie gut.“
„Wozu? Hannes ist tot, und ob Sie den Mordfall jetzt klären oder nicht: Er wird nicht mehr lebendig.“
„Trotzdem wäre mir Ihre Einschätzung der Motivlage eine große Hilfe.“
„Bedaure. In meinem Kopf ist alles leer.“
„Wieso sollte Frau Wagner Ihren Mann so abgrundtief gehasst haben, um ihn auf diese Art und Weise umzubringen? Trauen Sie ihr die Tat überhaupt zu? Trauen Sie das jemand anderem zu?“
„Keine Ahnung. Wissen Sie, ich fühle mich nicht wohl, und will mich jetzt hinlegen. Bitte gehen Sie.“
Zoff nickt.„Das Ministerium hat zwei Beamte zu Ihrem Schutz abgestellt. Die werden in Kürze hier bei Ihnen auftauchen.“
„Zu spät. Die Herren werden nicht mehr gebraucht. Sagen Sie das dem Herrn Innenminister. Und sollte er die Stirn haben, beim Begräbnis meines Mannes zu erscheinen, ohrfeige ich ihn am offenen Grab.“
„Ich werde das genau so weitergeben“, verspricht Zoff mit ernster Miene und verabschiedet sich.Stummbegleitete sie ihn an die Tür.
„Es tut mir leid, dass ich es nicht verhindern konnte“, murmelt er.
„Davon bin ich überzeugt“, erwidert sie. „Aber Sie tragen keine Schuld. Ich wünsche Ihnen alles Gute.“
***
Eine Stunde später. Im Korridor des Landeskriminalamts trifft Zoff auf Polli. Er habe mit Bettina Wagners Sekretärin gesprochen, erzählt der Chefinspektor, und wirkt dabei ein wenig müde.
„Und was sagt sie?“
„Nach Dienstschluss hängt sie die Schlüssel beim Kriminal-Journaldienst ans Schlüsselbrett. Eine Sicherheitsmaßnahme für einen eventuellen Brandfall.“
Ungläubig schüttelt Zoff den Kopf. „Gibt es weitere Schlüssel?“
„Frau Oberst Wagner hat einen, den sie mit nach Hause nimmt. Weitere Exemplare gibt es nicht.“
„Diese Angaben hast du schriftlich?“
„Selbstverständlich.“
„Dann kann im Grunde jeder in Wagners Büro. Zumindest jeder Kriminalbeamte. Die Kollegen unserer Sonderkommission
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