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Ultimo

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Titel: Ultimo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Peter Vertacnik
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Mitarbeitern?“
    „Schleppend“, antwortet Polli zerstreut, notiert sich ‚Braune Unterwäsche aus Italien’ auf einen Zettel und steckt ihn ein. „93 Beamte, darunter 19 Frauen. Da haben wir noch tagelang Arbeit. So ein Scheißdreck.“ Missmutig rührt er in seiner Kaffeetasse.
    Zoff schweigt.
    „Hast du gehört? 93 Kollegen, davon 19 weiblich.“
    „Ja doch. Was kann ich dafür? Es geht um die Abklärung seiner dienstlichen und privaten Beziehungen. Haltet euch vor allem an die Damen. Da stehen die Chancen, etwas zu erfahren, besonders gut.“Verdrossen maltZoff den Namen ‚Marlene’auf die dunstverschmierte Fensterscheibe. „Die, mit denen er es nicht getrieben hat, plaudern vielleicht“, setzt er dabei noch nach.
    „Das sagst du so“, jammertPolliverzweifelt und schenkt etwas Kaffee nach. „Aber die meisten männlichen Kollegen behaupten, der hätte auf der Dienststelle so gut wiekeine ausgelassen.“
    „Wie viele Kolleginnen habt ihr schon vernommen?“
    „Fünf, und alle fünf haben geleugnet, mit ihm intim gewesen zu sein. Brecht sei ein aufmerksamer Chef gewesen, und über seine privaten Angelegenheiten wüssten sie nicht Bescheid.“
    „Erinnert die Damen und Herren daran, dass sie immerhin in einem Mordfall aussagen“, faucht Zoff. „Unter Wahrheitspflicht.“
    „Selbstverständlich. Übrigens: Der ‚Professor’ hat das Täterprofil für uns parat. Soll er es gleich präsentieren?“
    „Gute Idee. Vielleicht hilft uns das auf die Sprünge.“
    Zehn Minuten später sitzt der junge Analytiker seinen beiden Chefs gegenüber, lässt sich zu einer Tasse Kaffee überreden, nippt vorsichtig an seinem Becher und lehnt sich bequem zurück.
    „Montaigne wird an unseren Gymnasien bloß gestreift“, leitet der gutaussehende Blonde mit dem akkurat geschnittenen Vollbart leise ein. „Und zwar in den achten Klassen. Ansonsten finden nur Leute zu Montaigne Zugang, die sich mit Philosophie intensiver beschäftigen.“
    „Bemerkenswert“, erwidert Zoff interessiert.„Dann gibt es also zwei Möglichkeiten. Einen Hobbyphilosophen, oder einen Profi.“
    „Na ja. Unter Umständen“, relativiert der Spezialist Zoffs Resümee und leert seine Tasse. „Wir dürfen den technischen Fortschritt nicht außer Acht lassen. Zitate aus Montaignes Feder können inzwischen von jedermann aus dem Internet abgerufen werden.“
    „Aber doch wohl bloß von jemandem, der den Namen Montaigne eingibt und sich für ein bestimmtes Zitat interessiert, oder?“, fragt Zoff leise.
    „Nicht unbedingt. Das Zitat handelt vom Tod. An ein solches kommt man auch, wenn man unter der Bezeichnung Tod nach einem passenden Zitat sucht. Versteht ihr, was ich meine?“
    „Alles klar“, seufzt Zoff. „Also bringt uns das Zitat auch nicht weiter.“
    „Doch“, lächelt der Profiler, blästsich eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht und kratzt sich am Bart. „Denn welchen Sinn hätte es für jemanden gehabt, dieses Zitat in der eben beschriebenen Art und Weise aus dem Internet herauszusuchen?“
    „Drohbriefe sollen den Empfänger ängstigen“, meldet sich Polli zu Wort.
    „Ja. Aber das würde man doch auch mit einem recht einfachen Text erreichen. Wieso droht der Absender Brecht nicht mit kurzen, leicht verständlichen Sätzen? Wieso dieser spezielle, philosophische Text?“
    „Um dem Opfer etwas zu demonstrieren“, mutmaßt Zoff nachdenklich. „Überragende Intelligenz vielleicht.“
    „Also doch ein gebildeter Täter“, lächeltPolli.
    „Ein sehr gebildeter Täter“, nimmt der selbstbewusste Analytiker den Faden wieder auf. „Ja. Jemand, der sich mit Montaigne auskennt. Ich wette, dieser philosophische Text wurde nicht zufällig gewählt.“
    „Es könnte natürlich auch an Montaigne selbst liegen“, grübelt Zoff.
    „An dessen Zweifel an Wissen und Schuld“, antwortet der Professor versonnen.
    „ Was weiß ich eigentlich? “, zitiert Zoff selbstvergessen und spielt mit seinem Kugelschreiber, bis sein Mobiltelefon läutet.
    „Hallo?“
    „Wie geht es dir?“, fragt Marlene.
    „Ausgezeichnet“, lügt Zoff. „Aber ich bin gerade in einer Besprechung.“
    „Dann rufe ich morgen noch einmal an“, antwortet sie rasch und legt auf.
    „Stören wir?“, erkundigt sich Polli unsicher.
    „Blödsinn“, erwidert Zoff sauer. „Wie kommst du darauf? Gibt es noch etwas über den Täter zu sagen, oder war es das jetzt?“
    „Der Drohbrief wurde am Ausreiseterminal der Grenzpolizeistation von einem Ausreisenden

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