Ulysses Moore 8: Der Herr der Blitze (Staffel 2 Band 2) (German Edition)
Mit dem Fuß schob er Jasons Rucksack zur Seite und ließ dann seinen eigenen zwischen Jasons Armen zu Boden plumpsen. »Das Seil ist da drin, du Dödel.«
»Selber Dödel.«
»Ich bin doch derjenige, der das Seil mitschleppt. Zehn Meter, wie immer.«
»Perfekt«, erwiderte Jason grinsend. »Dann machen wir das jetzt so, wie ich es sage.«
»Wir machen überhaupt nichts, Jason«, entgegnete Rick.
»Ich sichere mich mit dem Seil und dem Karabinerhaken. Du hältst ein Ende des Seils. Reichen dir zwei Meter?«
»Jason, jetzt hör mal gut zu … Na ja, anderthalb Meter.«
»Wenn ich springe und auf der anderen Seite aufkomme, ist alles in Ordnung. Wir spannen das Seil zwischen den beiden Vorsprüngen und ihr könnt euch daran hinüberhangeln. Wir machen es an der Statue fest.«
»Oh … oh mein Gott!«, stammelte Anita.
»Wenn ich es dagegen nicht schaffe …«
»Oh Gott, oh Gott, oh Gott …« Anita schlug die Hände über dem Kopf zusammen.
Jason atmete tief ein. »Wenn ich abrutsche, dann musst du …«
»Keine Chance«, fiel Rick ihm ins Wort. »Ich werde dich nicht halten können.«
Anita griff Jasons Arm. »Das kannst du doch nicht ernst meinen!«
»Außerdem ist der Wind zu stark und er wechselt ständig die Richtung«, gab Rick zu bedenken.
»Ja, der Wind«, sagte Jason nachdenklich. »Aber vielleicht können wir ihn für unsere Zwecke nutzen …«
In diesem Moment drehte sich der Wind abermals und fuhr ihnen in den Rücken.
»Das ist doch Wahnsinn!«, rief Anita.
»He, wartet mal«, sagte Jason plötzlich. »Könnt ihr euch noch erinnern, was im ersten Teil des Buchs stand? Es ging um die Ratschläge für die Ausrüstung. Moreau schrieb, man solle keine Banknoten mitnehmen, sondern Gold und Silber. Aber das meine ich nicht.«
»Da war noch die Rede von einem Gürtel mit Taschen. Ein Zelt, eine Decke und ein Moskitonetz«, murmelte Rick vor sich hin
»Und was noch?«, fragte Jason.
»Abendkleidung für Bälle, zu denen wir eingeladen werden sollen.«
»Habe ich dabei. Und dann weiter?«
Rick versuchte, sich zu erinnern. »Eine Windmargerite ist unentbehrlich, stand da noch.«
»Eine Windmargerite. Was zum Teufel mag das sein?« Jason schüttelte den Kopf. »Ich weiß, was eine Windrose ist. Das ist der Stern auf Seekarten, der die Windrichtungen angibt. Aber eine Windmargerite …?«
Die beiden Jungen drehten sich zu Anita um. Auf ihrer Wanderung hatte sie einige der seltsamen Margeriten mit dem flaumigen Stängel gepflückt.
»Was ist denn?«, fragte sie erschrocken.
»Vielleicht sind ja die Blumen, die du mitgenommen hast, Windmargeriten«, überlegte Jason.
Nachdenklich strich sich Rick mit der Hand über den Kopf. »Und wenn sie es sind, wie sollen sie uns denn weiterhelfen?«
Anita suchte eine windgeschützte Stelle und holte die Margeriten aus ihrem Rucksack. Jede Blüte hatte einen Kranz weißer Blütenblätter, zwischen denen ein einziges dunkellila Blütenblatt hervorstach. Es saß im oberen Teil der Blütenkrone.
Und dann im unteren.
Plötzlich war es links.
»Habt ihr das gesehen?«, fragte Jason.
Das Blütenblatt folgte der Windrichtung. Die ganze Blütenkrone drehte sich wie ein Steuerrad um die Achse des kräftigen, flaumigen Stängels.
»Wahnsinn!«, rief Rick.
»Die Blume zeigt den Wind an«, sagte Jason lächelnd.
»Aber leider funktionieren sie nicht richtig.« Rick stand auf. »Seht ihr. Die Margerite zeigt nach rechts, während der Wind von der anderen Seite kommt.«
»Dann schauen wir mal, wann sie sich das nächste Mal verändert.« Anita begann zu zählen. »Drei, vier, fünf Sekunden …«
»Jetzt kommt der Wind von rechts!«, rief Rick.
»Und das lila Blütenblatt wandert nach oben.«
»Zähl weiter!«
»Drei, vier, fünf …«
»Der Wind hat wieder die Richtung gewechselt. Jetzt kommt er von den Gipfeln her!«
»Und die Margerite hat sich ebenfalls gedreht.«
»Die Blume zeigt gar nicht den Wind an!«, stellte Rick nach einer Reihe weiterer Versuche fest. »Sie sagt ihn voraus! Sie zeigt an, aus welcher Richtung er fünf Sekunden später kommen wird.«
Anita runzelte die Stirn. »Ja und?«
Anita sollte darauf achten, in welche Richtung sich das lila Blütenblatt bewegte. Und sobald es für Jason Rückenwind ankündigte, sollte sie: »Los, Jason!« rufen.
Jason hockte in knapp zehn Metern Abstand zur Felskante vor ihr. Er hatte die Haltung eines Läufers angenommen, der auf den Startschuss wartet. Rick stand direkt hinter ihm und hielt das
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