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Ulysses Moore – Das Buch der Traumreisenden

Ulysses Moore – Das Buch der Traumreisenden

Titel: Ulysses Moore – Das Buch der Traumreisenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario
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Kilmore Cove seit mindestens sechzig Jahren auf keiner Karte mehr verzeichnet war.
    Eigentlich war es eine fantastische Idee, eine ganze Stadt verschwinden zu lassen, sie einfach aus der Welt herauszuschneiden. Sie von Flugzeugen und Hochgeschwindigkeitszügen fernzuhalten, von den Ereignissen der Politik, von Wolkenkratzern und Parkhäusern.
    Vielleicht war es ein bisschen so, wie sich die Venezianer Venedig wünschten: ein friedlicher Zufluchtsort, an dem man vor allen Veränderungen der Welt sicher war.
    Es fing an zu regnen. Ein feiner, leichter Nieselregen, der beruhigend gegen das Fenster prasselte und Anita allmählich zur Ruhe kommen ließ. Keine halbe Stunde später war sie eingeschlummert.
    Am nächsten Morgen wurden sie von einer Herde Schafe geweckt, die mit lautem Blöken an ihrer Pension vorbeigetrieben wurde. Anitas Vater lehnte sich aus dem Fenster, um sie mit kritischem Blick zu beobachten, weil er befürchtete, die Tiere könnten sein Auto beschädigen. Als sich die Herde entfernt hatte, streckte er sich behaglich und sichtlich erleichtert.
    Es war ein herrlicher Tag.
    »Genau das richtige Wetter für eine Radtour«, schlug Anita vor.
    Mr Bloom hielt in der Bewegung inne. »Rad…radtour?«, stotterte er.
    »Aber ja!« Von der eigenen Idee begeistert, sprang Anita aus dem Bett. »Wir leihen uns Fahrräder aus und fahren ein Stück an der Küste entlang.«
    »Toll!«, log ihr Vater. Offenbar hatte er nicht vorgehabt, sich in seinem Kurzurlaub körperlich zu betätigen. »Aber zuerst einmal gibt es Frühstück!«
    Sie aßen frisch gebackene Scones mit hausgemachter Blaubeerkonfitüre und Anita nutzte die Gelegenheit, die Pensionsbesitzerin zu fragen, ob sie Kilmore Cove kenne. Aber auch sie hatte noch nie etwas von dem kleinen Städtchen gehört.
    Das gibt es doch nicht!, dachte Anita. Dann beschloss sie, ihre Strategie zu ändern. »Ist es eigentlich weit von hier zur Hakeneiche?«
    »Was für ein komischer Name für einen Baum«, wunderte sich ihr Vater.
    Anita beobachtete die Reaktion der Frau genau.
    »Wie bitte, Miss?«
    Anitas Herz machte einen Sprung.
    »Hakeneiche, wie weit ist es bis dahin?«
    Ihre Wirtin hob die Augenbrauen. Dann sah sie aus dem Fenster. »Ich habe diesen Namen schon ewig nicht mehr gehört.« Ihr faltiges Gesicht nahm einen sehr nachdenklichen Ausdruck an. »Woher kennen Sie diesen Namen?«, fragte sie Anita unvermittelt.
    »Er kommt in einem Gedicht vor«, antwortete Anita.
    »In einem Gedicht? Wie lautet es denn?«
    »Ich kann mich leider nicht mehr genau daran erinnern «, schwindelte Anita, »aber es ging darin um die Hakeneiche von Zennor.«
    »Meine Tochter lebt zurzeit in Italien«, schaltete sich Mr Bloom ein, so als ob diese Information helfen könnte, irgendetwas zu erklären.
    Die Frau zuckte mit den Schultern. »Na ja, jedenfalls stimmt das Gedicht nicht. Denn in Zennor gibt es keine Hakeneiche.«
    Die Worte der Pensionswirtin ließen Anita vor Enttäuschung ein Stück in sich zusammensinken.
    Dann fügte die alte Frau seufzend hinzu: »Die Eiche steht außerhalb.« Sie wies mit einer Handbewegung in Richtung Meer. »An der Küste entlang sind es gut fünf Kilometer. Vorausgesetzt, sie steht noch …« Auf ihrem Gesicht breitete sich ein Lächeln aus. »Aber wenn es den Baum noch gibt, dann können Sie ihn gar nicht verfehlen. Er ist schwarz und furchtbar hässlich. Mit all dem Unglück, das an den Haken hängt!«
    »Unglück?«, fragte Anitas Vater zwischen zwei Bissen.
    »Man nennt sie Hakeneiche, weil die Leute an ihr die Angelschnüre der Fischer aufhängen, die nicht mehr an Land zurückgekehrt sind.«
    »Los, tritt in die Pedale!«, spornte Anita ihren Vater an. Dazu hatte sie anhalten, sich umdrehen und laut schreien müssen, denn Mr Bloom war nur noch als kleiner schwarzer Punkt am Horizont zu sehen. Dafür wurde er, als es schließlich bergab ging, immer schneller und schneller.
    »Langsam!«, rief Anita. »Der Weg ist voller Steine und Löcher.«
    Doch ihr Vater hörte nicht auf sie und setzte die Schussfahrt im selben halsbrecherischen Tempo fort. Anita biss vor Anspannung die Zähne zusammen. Und dann passiert es. Der Vorderreifen ihres Vaters geriet ins Schlingern und das Rad rutschte zur Seite weg. Anita hielt vor Schreck die Luft an. Doch wie durch ein Wunder konnte ihr Vater sich auf den Beinen halten und kam schließlich schweißgebadet neben ihr zum Stehen.
    »Du bist schon lange nicht mehr Rad gefahren, stimmt’s?« Anita holte tief

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