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Ulysses Moore – Das Buch der Traumreisenden

Ulysses Moore – Das Buch der Traumreisenden

Titel: Ulysses Moore – Das Buch der Traumreisenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario
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dann?«
    Nestor schaute erst Jason, dann Rick und schließlich Anita an. Er legte eine Hand auf das Notizbuch und presste es gegen die Tischplatte. Endlich sagte er: »Es ist etwas … etwas von dem ich glaubte, dass es nicht mehr existiert.«
    Ein längeres Schweigen folgte.
    Nestor stand auf und lief eine Weile nervös im Zimmer umher. Dann entnahm er einer Holzschachtel eine lange dunkle Zigarre. Er legte sie mitten auf den Tisch, ganz so, als ob die Zigarre irgendetwas erklären könnte. Auf ihrer Bauchbinde war ein Mann mit Melone abgebildet. Er hielt eine Zigarre, die von einem Blitz in Brand gesetzt wurde. »Ich wusste gar nicht, dass du rauchst«, sagte Rick.
    »Ich rauche ja auch gar nicht«, erwiderte der Gärtner mürrisch. »Doch zusammen mit einem Porträt, das über der Treppe hängt, ist diese Zigarre alles, was mir von meinem Großvater geblieben ist. Mein Großvater, General Moore, war sein Leben lang Offizier gewesen und … Um es kurz zu machen: Weder ich noch mein Vater verstanden uns gut mit ihm. Mein Großvater hielt sich für den letzten würdigen Erben der Moore-Dynastie, vielleicht auch weil er nie über den Tod seiner einzigen Tochter hinwegkommen konnte, meiner Mutter.« Nestor machte eine kurze Pause, dann fuhr er fort. »Er war sehr vernunftbetont und schrecklich starr in seinem Denken. Nie konnte er sich damit abfinden, dass seine Tochter einen Mann wie meinen Vater geheiratet hat, der eher romantisch veranlagt und ein Träumer war. Mein Großvater sah in meinem Vater einen Schwächling und fand, dass ich ihm ähnelte. Deshalb fasste er sein Testament so ab, dass mein Vater nichts als das Haus erbte. Das Haus am Meer, das mein Großvater immer gehasst hatte.« Nestor legte seine Hände vor sich auf den Tisch. »Dieses Haus, die Villa Argo.« Nach einem langen Seufzer erzählte er weiter: »Alles andere, darunter auch das Stadthaus, in dem wir in London gewohnt hatten, ging an die Freunde meines Großvaters.« Nestor nahm die Zigarre in die Hand. »Die Mitglieder des Klubs der Brandstifter. Allesamt Zigarrenraucher, deren Lieblingsbeschäftigung darin bestand, Männer wie meinen Vater zu kritisieren. Der Klub ging auf eine Idee meines Großvaters zurück und seine Räume nahmen den gesamten ersten Stock unseres Londoner Hauses ein. Dort gab es einen Salon mit grünen und roten Teppichen, Sesseln, Sofas, Tischen und Bücherregalen. Vor der Gründung des Klubs der Brandstifter hatten sich hier andere Freunde der Familie Moore versammelt. Wesentlich interessantere Leute als diese Liebhaber stinkenden Tabaks. Es war der Freundeskreis gewesen, in dem meine Mutter meinen Vater kennenlernte.« Hinkend umrundete Nestor den Tisch. »Nach Ansicht meines Großvaters waren diese Leute am Tod seiner Tochter schuld.« Er nahm das Notizbuch, das Anita mitgebracht hatte, und schlug es bei der Widmung auf. »Der Klub der Traumreisenden«, erklärte er, »dem unter anderem mein Vater und der Illustrator Morice Moreau angehörten.«
    Als Anita das hörte, schnippte sie mit den Fingern. »Auf dem Umschlag stand, man solle ihn an Mister Moore schicken, den Traumeisenden, in der Frognal Lane 23 in London.«
    »Frognal Lane 23. Genau. Das war die Anschrift unseres alten Hauses.«
    Jason setzte sich kerzengerade hin. »Dann wollte dieser Morice Moreau also, dass sein Notizbuch …«
    »Einem Vorfahren von mir geschickt wird«, führte Nestor Jasons Gedanken zu Ende. »Aber bestimmt nicht meinem Großvater. Er war schließlich derjenige, der den Klub der Traumreisenden auflöste und stattdessen seinen schrecklichen Raucherzirkel gründete. Er ließ auch all jene ihrer Bücher verschwinden, die mein Vater und ich nicht retten und hierherbringen konnten. Die Traumreisenden besaßen nämlich Karten von Gegenden, die es eigentlich nicht gibt: vollständig mit allen Anweisungen ausgestattet, die nötig waren, um diese geheimnisvollen Ziele zu erreichen. An den Wänden des Salons hingen zu ihrer Zeit Fotos und Gemälde von Orten, die nur wenige Menschen jemals besucht hatten. Orte, die außerhalb der Zeit existierten, wie jene, die ihr bereits kennt.« Als er diesen letzten Satz sagte, sah Nestor zu Jason und Rick hinüber. »Die Traumreisenden verloren nicht nur ihren Treffpunkt«, sprach er weiter, »die Brandstifter vernichteten außerdem ihre Bücher, weil sie ihnen unnütz erschienen. Und von da an … Ach, ich weiß nicht. Ich verließ mit meinem Vater London, um in Kilmore Cove zu leben, aber damals ahnte ich

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