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Ulysses Moore – Das Buch der Traumreisenden

Ulysses Moore – Das Buch der Traumreisenden

Titel: Ulysses Moore – Das Buch der Traumreisenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario
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es denn einen Katalog von Büchern geben, die es nicht gibt? Ich meine … Von Büchern, die nicht existieren, kann es theoretisch ja Milliarden und Abermilliarden geben!«
    »Das stimmt. Aber von den guten gibt es immer noch zu wenige.« Rick öffnete wieder den Mund, doch Nestor ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Vorstellungskraft, Rick. Vorstellungskraft!«
    »Ein Exemplar haben wir hier vor uns liegen«, zählte Jason an den Fingern ab. »Das zweite befand sich in der Bibliothek der Villa Argo.«
    »Das dritte hat der Mann, der auf dem Turm von Stühlen steht«, führte Rick den Gedankengang weiter.
    »Und das vierte ist bei der Frau, die mich um Hilfe gebeten hat«, schloss Anita.
    »Aber wer sind diese Leute?«, fragte Jason.
    Wie um nach einer Antwort zu suchen, sah Anita zum Fenster hinüber. Und erblickte ein bleiches Gesicht, das sie durch die Scheibe hindurch anstarrte.



Kapitel 16
Freunde und Feinde
    Enttäuscht warf Tommaso sein Handy aufs Bett. Er hatte immer noch keine Nachricht von Anita. Allmählich machte er sich Sorgen.
    Aber vielleicht hatte Mrs Bloom ja was von ihrer Tochter gehört.
    Tommaso beschloss kurzerhand, ihr einen Besuch abzustatten. Er verließ das Haus und steuerte auf zahlreichen Umwegen, um eventuelle Verfolger abzuhängen, die Ca’ degli Sgorbi an.
    Mrs Bloom stand vor dem Haus und betrachtete Farbmuster auf einem weiß gestrichenen Holzbrett.
    »Hallo, Tommi«, begrüßte sie ihn. »Was meinst du, welche dieser beiden Proben hier ist grüner?«
    »Die rechte«, erwiderte Tommaso nach kurzem Überlegen.
    »Ja, nicht wahr?« Anitas Mutter nickte.
    »Haben Sie etwas von Anita gehört?« Tommaso trat unruhig von einem Bein aufs andere.
    »Sie ist gestern sicher gelandet und ist schon in Cornwall mit ihrem Vater.«
    Mrs Blooms Informationsstand war offensichtlich nicht aktueller als sein eigener. »Fantastisch«, sagte Tommaso, um seine Enttäuschung zu überspielen. »Sicher hat sie dort eine Menge Spaß.«
    »Wenn sie das nächste Mal anruft, grüße ich sie von dir«, versprach Mrs Bloom. In diesem Augenblick klingelte ihr Handy. »Was für ein Zufall!«, rief sie und nahm das Telefon aus ihrer Umhängetasche, die sie auf dem Boden abgestellt hatte. »Es ist mein Mann.«
    Tommaso knetete seine Hände, während Anitas Mutter Mr Bloom begrüßte. Sie wirkte ruhig und entspannt, doch dann änderte sich plötzlich ihr Gesichtsausdruck.
    »Wann … Wann ist das passiert?«, rief sie.
    Die Luft in dem kleinen Londoner Büro war von dichtem Zigarrenqualm erfüllt. Auf dem großen metallenen Schreibtisch lag ein Kristallaschenbecher, auf dessen Rand eine riesige, halb gerauchte Zigarre balancierte. Ein Brieföffner aus Elfenbein, ein vertrockneter Bonsai und eine grüne Schreibtischlampe rahmten ein Exemplar des Notizbuchs von Morice Moreau ein.
    Der Mann hinter dem Schreibtisch, der seinen Blick auf das kleine Buch geheftet hatte, trug eine Schildpattbrille mit sehr dicken Gläsern und war ungewöhnlich klein. Deshalb saß er auf einem Stuhl, den er mittels eines Hebels höher oder niedriger stellen konnte.
    Die Augen unter seiner glänzenden Glatze funkelten wütend.
    Hinter ihm an der Wand hingen seine sorgfältig gerahmten Zeugnisse und Diplome. Sie wiesen ihn aus als Doktor der Literatur, der Geschichte, der Philosophie und der Soziologie, sowie als diplomierten Juristen und Chemiker. Außerdem hatte er unzählige Auszeichnungen erhalten.
    Wenn er jedoch gefragt wurde, auf welche Urkunde er am meisten stolz war, zeigte er stets auf ein Dokument mit auberginefarbenem Rand, auf dem zu lesen stand:
    Fakultät der Realen Wissenschaften
    Bescheinigung der Wirklichkeitstreue
    ausgestellt für: Doktor Malarius Voynich
    und seinen »Klub der Brandstifter«
    in Anerkennung ihrer dreißigjährigen Verdienste im
    Kampf gegen die Täuschungen der Vorstellungskraft
    Malarius Voynich analysierte und studierte die Dinge. Er las sie. Er betrachtete sie. Er hörte ihnen zu.
    Und dann setzte er alles daran, sie systematisch zu zerstören.
    Malarius Voynich war ein Kritiker, oder besser gesagt: Er war
der
Kritiker. Voynich war derjenige, den alle anderen Kritiker der Welt als ihren unbestrittenen Meister verehrten. Als den Unübertrefflichen. Malarius Voynich, der Zerstörer, der Mann der tödlichen Verrisse.
    Der Brandstifter.
    Er las. Er schaute. Er hörte zu. Und sobald er dabei auf etwas stieß, das vor seinen Augen nicht bestehen konnte, was auch immer es sein mochte: eine Idee, ein Satz, eine

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