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Ulysses Moore – Das Labyrinth der Schatten

Ulysses Moore – Das Labyrinth der Schatten

Titel: Ulysses Moore – Das Labyrinth der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario
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fragte sie weiter. Dann spürte sie, wie Jason ihre Hand ergriff und sie drückte. »Hab keine Angst, schließ sie auf«, sagte er.
    »Und wenn es die Falsche ist?«
    Jason drückte ihre Hand fester. »Du bist das Mädchen mit dem Schlüssel des Raben.«
    Jasons Stimme hörte sich an, als käme sie von weit her, als würde er aus einer anderen Welt zu ihr sprechen.
    Anita spürte, wie sie feuchte Hände bekam, und hoffte, der Schlüssel würde ihr nicht aus der Hand rutschen. Sie konnte sich nicht vorstellen, zwischen den Knochen am Boden nach ihm zu suchen. Sie bewegte ihren Schlüssel auf das Schloss zu, aber ihre Finger waren steif, wie gefroren. Als die Spitze des Schlüssels die Metallplatte des Schlosses berührte, gab es ein leises Klirren, das so gedämpft klang, als sei es unter Wasser entstanden.
    In der Dunkelheit tastete Anita mit dem Schlüssel nach der Öffnung im Schloss und konnte sie nicht finden.
    Da ist gar kein Schloss, dachte sie und spürte, wie in ihr panische Angst aufstieg.
    Das wenige, das sie in der Dunkelheit erkennen konnte, begann sich zu verzerren. Obwohl sich Jason und Zephir nicht bewegten, wurden ihre Gesichter immer länger und schienen mit der sie umgebenden Finsternis zu verschmelzen.
    Es gibt keinen Ausweg, wir kommen hier nicht mehr raus, dachte Anita. In ihren Ohren begann es zu rauschen und ihr wurde schwindelig. Sie stocherte weiter mit dem Schlüssel an der Metallplatte auf der Tür herum, konnte das kleine Schloss aber nicht finden. Angst, Entsetzen und Wut überkamen sie und wechselten einander ständig ab. Ihr war, als würde sie nicht vor einer Tür stehen, sondern vor fünf, zehn, zwanzig Türen.
    Das Schloss, es muss doch ein Schloss geben … Es muss, zwang sie sich zu denken. Und die Raben … Wer liebt die Raben … Wer liebt die Raben …
    Die Steinblöcke, aus denen die Mauer des Labyrinths erbaut war, schwollen an. Zuerst nur die, die in ihrer Nähe waren, und dann alle anderen. Sie blähten sich auf und die Mauer wurde dicker und dicker und höher und höher. Und der Schlüssel, den Anita in der Hand hielt, wurde immer größer und schwerer, während die Tür zusammen mit ihrem Schloss zu schrumpfen schien.
    Ich liebe die Raben, dachte Anita plötzlich.
    Und auf einmal hatte sie das Schloss gefunden und konnte den Schlüssel umdrehen.

Kapitel 15
Tagebucheinträge
    »Anita!«, schrie Mrs Bloom und riss die Augen auf. Sie konnte spüren, dass mit ihrer Tochter irgendetwas passiert war.
    Ein heftiger Schmerz schoss ihr in die rechte Schulter, als sie ruckartig aufstand.
    Sie versuchte, sie zu bewegen, doch der stechende Schmerz hörte nicht auf. Dann erst begann sie allmählich zu begreifen, wo sie sich eigentlich befand.
    Sie war vor Sorge um ihre Tochter erst spät in der Nacht eingeschlafen und hatte es nicht mehr ins Bett geschafft. Sie war wohl in einer ziemlich unbequemen Haltung auf dem Sofa eingenickt. Und jetzt war sie völlig verspannt.
    »Anita?«, sagte sie wieder. Sie stand auf, ging zum Zimmer ihrer Tochter und öffnete die Tür. Anita war nicht da.
    Sie lehnte sich am Türrahmen an und rieb sich die Augen. Sie bemühte sich, sich daran zu erinnern, was sie wirklich erlebt und was sie nur geträumt hatte.
    Tatsache war, dass Anita nicht nach Hause zurückgekehrt war. Sie hatte nie das Flugzeug nach Venedig bestiegen. Tatsache war auch, dass ihr Mann sie aus London angerufen und ihr gesagt hatte, er wüsste inzwischen, wo Anita sich aufhielt. Dass sie sich keine Sorgen machen sollte und dass sich alles im Laufe einiger weniger Stunden auflösen würde.
    Auch dass Tommaso Ranieri Strambi von zu Hause ausgerissen war, war wirklich passiert. Und dass er seine Eltern angerufen hatte, um ihnen zu sagen, dass alles in Ordnung war und dass er bald zurückkehren würde.
    Eine weitere Tatsache war, dass ihr Mann ihr gesagt hatte, sie solle das Haus nicht verlassen. Sie solle niemandem aufmachen und warten, bis er sie wieder anrief.
    Aber eigentlich kamen solche Sachen nur in Filmen vor, nicht in der Wirklichkeit. Sie passierten gewöhnlich Frauen, die mit Geheimagenten verheiratet waren. Aber ihr Mann war kein Geheimagent.
    Zumindest war ihr darüber nichts bekannt.
    Sie fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar und versuchte, Ordnung in ihre wirren Gedanken zu bringen. Die einfachste Lösung, hieß es immer, sei die beste. Deswegen sollte sie jetzt lieber aufhören, über geheimnisvolle in ternationale Verschwörungen nachzugrübeln, über Ge heimdienste und

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