Ulysses Moore – Das Labyrinth der Schatten
Notizbuch nicht, und das ist mein letztes Wort.«
Black Vulcano und Mr Bolton wechselten besorgte Blicke.
»Ich wollte es Ihnen nämlich schenken«, fuhr Voynich lächelnd fort.
Die beiden anderen entspannten sich.
»Oh, das ist aber unglaublich großzügig, Mister Voynich!«, sagten sie beinahe gleichzeitig.
»Sobald das Museum fertiggestellt ist und seine Ausstellungsstücke aufnehmen kann«, sagte Voynich und bewirkte damit, dass die anderen beiden augenblicklich er starrten.
Krampfhaft überlegten sie, wie sie Voynich dazu überreden konnten, ihnen das Buch schon vorher zu geben.
»Ihr gestattet?«, fragte der Mann, der bis dahin an einem anderen Tisch aufs Meer hinausgesehen und an seinem Getränk genippt hatte. »Guten Tag miteinander! Hallo, Black! Entschuldigt bitte, wenn ich mich einmische, aber … Mein Name ist Bowen. Doktor Bowen.«
Black Vulcano nickte ihm zu und nutzte die Unterbrechung, um sich wieder einmal unauffällig nach Tommaso umzuschauen. Wo steckte er bloß? Warum hatte er sich nicht in der Nähe versteckt, um Bowen von ihnen fernzuhalten?
»Ohne es zu wollen, habe ich einiges von eurem Gespräch mitbekommen«, sagte Doktor Bowen gerade. »Und als ich Ihren Namen hörte, mein Herr, habe ich mich gefragt: ›Voynich? Ob er es tatsächlich ist? Aber der Nachname ist ja ziemlich selten.‹«
Marius Voynich richtete sich auf seinem Stuhl kerzengerade auf. Kannte dieser Mann ihn etwa? Hatte er sich vielleicht seinen Namen gemerkt und wollte ihn ansprechen, so wie man gerne berühmte Leute anspricht?
Dieses nette kleine Fischerdorf wuchs ihm immer mehr ans Herz!
»Deshalb wollte ich mich zu Wort melden«, fuhr Doktor Bowen fort. »Ich bin ein alter Freund von Viviana Voynich. Von Frau Doktor Voynich, meine ich. Und ich habe mich gefragt: ›Das wird doch nicht etwa ein Verwandter von ihr sein?‹«
Kapitel 29
Ein verhängnisvoller Fehler
Sobald er alleine war, begann sich Tommaso hin und her zu winden, um sich von seinen Fesseln zu befreien. Schließlich gelang es ihm, auf die Füße zu kommen. Und weil die Flints nicht daran gedacht hatten, ihm auch die Beine zusammenzubinden, lief er auf die Kellertür zu, bekam sie mit einem Fußtritt auf, rannte die Treppe hinauf und fand sich auf der Straße wieder.
Er lief weiter und versuchte, sich dabei zu orientieren. Plötzlich fiel ihm ein, dass er gerade die Rempley Road gekreuzt hatte. Wenn der Kirchturm, den er jetzt gegenüber sah, der von Pater Phoenix’ Kirche war, dann musste Kalypsos Buchladen auf der anderen Seite des Zentrums liegen.
Ohne lange nachzudenken, lief er weiter, bis er zum Strand kam. Er drehte um und bog in eine Straße ein, die zurück in den Ort führte. Es war nicht einfach, mit einem Knebel im Mund zu laufen, aber er atmete, so tief er konnte, durch die Nase ein und versuchte durchzuhalten.
Ohne auf die erstaunten Blicke der Passanten zu achten, lief er immer weiter, bis er den kleinen Platz erreichte, an dessen einer Seite sich das Postamt und an dessen anderer sich Kalypsos Buchladen befanden.
Er sah das Schild und rannte mit Schwung gegen die Tür, um sie aufzudrücken. Die Türglocke läutete Sturm.
Tommaso sah sich um. In einer Ecke standen mehrere Stapel frisch gelieferter Bücher und hinter einem der Stapel schaute ein junges Mädchen hervor. Sie sah ihn an, bemerkte den Knebel in seinem Mund und schrie erschrocken auf.
Er hätte ihr gerne die Hände in einer beschwichtigenden Geste entgegengestreckt, doch seine Hände waren immer noch hinter seinem Rücken zusammengebunden.
»MMMMGHGGHG!«, stieß er hervor. Einen Augenblick lang hatte er die Hoffnung, rechtzeitig gekommen zu sein. Er dachte, dass die Flints vielleicht nicht den Mut gehabt hatten, den Buchladen zu betreten, oder dass sie sich vielleicht auf dem Weg dorthin in die Haare geraten oder von irgendetwas aufgehalten worden waren.
Das junge Mädchen stand immer noch unter Schock und konnte nicht aufhören zu schreien. Gleichzeitig wich sie von ihm zurück.
Tommaso machte einen Schritt auf sie zu. Dabei be merkte er, dass sich der Vorhang an der hinteren Wand des Ladenlokals aufblähte und sich dann hob. Zum Vorschein kam der kleinste Flint, der über das ganze Gesicht strahlte.
»Was für eine nette Überraschung«, meinte der kleine Ganove.
Ohne zu zögern, senkte Tommaso den Kopf und rannte wie ein Stier auf seinen Entführer zu. Sie prallten gegeneinander und stießen dabei einige Bücherstapel um. Das junge Mädchen schrie nur noch
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