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Ulysses

Ulysses

Titel: Ulysses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Joyce
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kleines Stück war sie.
    Er stach eine Gabel in die Niere und schlappte sie herum: setzte dann die Teekanne auf das Tablett.
    Der Buckel darin knackte, als er es aufnahm. Alles drauf? Brot und Butter, vier, Zucker, Löffel, ihre Sahne. Ja. Er trug es die Treppe hinauf, den Daumen in den Teekannenhenkel gehakt.
    Die Tür mit dem Knie aufstupsend, trug er das Tablett hinein und setzte es auf den Stuhl am Kopfende des Bettes.
    - Wie lange du wieder gebraucht hast, sagte sie.
    Die Messingringe klingelten, als sie sich energisch aufrichtete, einen Ellbogen auf dem Kissen. Er blickte ruhig nieder auf ihren massigen Leib und zwischen ihre großen weichen Peppen, die in ihrem Nachthemd zur Seite hingen wie ein Ziegeneuter. Die Wärme ihres hingekuschelten Körpers stieg in die Luft, sich mischend mit dem feinen Duft des Tees, den sie sich einschenkte.
    Ein Streifen zerrissener Umschlag lugte unter dem eingedellten Kissen hervor. Schon im Begriff zu gehen, hielt er an, um die Bettdecke glatt zu streichen.
    - Von wem war denn der Brief? fragte er.
    Kühne Hand. Marion.
    - Ach, von Boylan, sagte sie. Er bringt das Programm vorbei.
    - Was singst du denn?
    - La ci darem mit J. C. Doyle, sagte sie, und Love’s Old Sweet Song .
    Ihre vollen Lippen, trinkend, lächelten. Ziemlich schaler Geruch, den Weihrauch hinterlässt am nächsten Tag. Wie fauliges Blumenwasser.
    - Möchtest du vielleicht das Fenster ein bißchen auf haben? Sie schob eine Doppelscheibe Brot in den Mund und fragte:
    - Um wieviel Uhr ist die Beerdigung?
    - Um elf, glaube ich, antwortete er. Hab noch keine Zeitung gesehen.
    Ihrem Fingerzeig folgend, nahm er ein Bein ihrer schmutzigen Schlüpfer vom Bett auf. Nein? Dann ein verdrehtes graues Strumpfband, geschlungen um einen Strumpf: zerknitterte glänzende Sohle.
    - Nein: das Buch.
    Der andere Strumpf. Ihr Unterrock.
    - Es muß runtergefallt sein, sagte sie.
    Er tastete herum, hier und dort. Voglio e non vorrei . Möchte wissen, ob sie das richtig ausspricht: voglio . Also im Bett jedenfalls nicht. Muß runtergerutscht sein. Er bückte sich und hob die Bettgardine. Das Buch, heruntergefallen, spreizte sich an der Bauchung des orangenen Nachttopfs.
    - Zeig her, sagte sie. Ich hab ein Zeichen reingelegt. Da ist ein Wort, wo ich dich fragen wollte.
    Sie schlürfte einen Schluck Tee aus ihrer Tasse, die sie nichthenklig umfaßt hielt, und nachdem sie sich flink die Fingerspitzen an der Bettdecke abgewischt hatte, begann sie den Text mit der Haarnadel abzusuchen, bis sie auf das Wort stieß.
    - Mit ihm was? fragte er.
    - Hier, sagte sie. Was bedeutet das?
    Er beugte sich nieder und las neben ihrem polierten Daumennagel.
    - Metempsychose?
    - Ja. Wie sieht der Kerl im Hemd aus?
    - Metempsychose, sagte er, die Stirn in Falten. Das ist griechisch: aus dem Griechischen. Es bedeutet die Transmigration der Seelen.
    - Ach du dickes Ei! sagte sie. Kannst du das nicht noch etwas schwieriger erklären?
    Er lächelte, ein Seitenblick streifte ihr spöttisches Auge. Dieselben jungen Augen. Die erste Nacht nach den Scharaden. Dolphin’s Barn. Er wandte die speckigen Seiten um. Ruby: der Stolz der Arena . Halloh! Eine Abbildung. Wilder Italiener mit Kutscherpeitsche. Muß wohl dieser Ruby sein, der Stolz der, auf dem Boden da, nackt. Bettuch freundlich gestellt. Der Unhold Maffei ließ von seinem Opfer und schleuderte es mit einem Fluche von sich . Überall Grausamkeit dahinter.
    Gedopte Tiere. Am Trapez im Hengler. Hab wegsehn müssen. Pöbel, gaffend. Brecht euch den Hals, und wir lachen uns tot. Ganze Familien. Immer man jung entbeint, dann können sie Metempsychose. Daß wir weiterleben nach dem Tod. Unsere Seelen. Daß eines Menschen Seele, wenn er stirbt. Dignams Seele…
    - Bist du durch damit? fragte er.
    - Ja, sagte sie. Steht nichts Deftiges drin. Ist sie eigentlich die ganze Zeit in den ersten Kerl verliebt?
    - Habs nie gelesen. Willst du ein anderes?
    - Ja. Hol mir wieder eins von Paul de Kock. Der hat so einen hübschen Namen.
    Sie goß sich Tee nach in ihre Tasse, betrachtete den Strahl von der Seite.
    Muß das Buch aus der Capel-Street-Bücherei verlängern lassen, sonst reklamieren sie garantiert bei Kearney, meinem Bürgen. Reinkarnation: das ist das Wort.
    - Manche Leute glauben, sagte er, daß wir nach dem Tode in einem andern Körper weiterleben, daß wir vorher auch schon gelebt haben. Sie nennen das Reinkarnation. Daß wir alle schon vor tausenden von Jahren auf Erden gelebt haben oder auf einem anderen

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