Um die Ecke gekusst
ihm in der Klinik herumzusitzen und zu warten. Er spendiere mir ein Taxi nach Hause und hoffe, dass wir unser Essen bald nachholen könnten.
Ich fragte ihn, ob er verrückt geworden sei, worauf er meinte, das könne er sich eigentlich nicht vorstellen. Und ich meinte, jemand mit so vielen Spitznamen wie er müsse wohl zwangsläufig ein Problem haben, worauf er mir zustimmte, und die nächsten zwei Stunden kabbelten wir uns über die durchgeknalltesten Serienkiller in der Geschichte der Menschheit, bis der Tierarzt herauskam und meinte, Tweedledum werde wieder ganz gesund, und wir könnten jetzt nach Hause gehen.
Für Manhattaner Verhältnisse war es noch nicht zu spät fürs Abendessen â gerade mal zehn Uhr abends â, und John war begeistert von der Idee, etwas Essbares zu besorgen, da wir unseren Tisch in dem Restaurant, das er ausgesucht hatte, natürlich vergessen konnten. Aber ich hatte keine Lust, mich mit der spätabendlichen Meute Hungriger herumzuschlagen, was er genauso sah.
»Sollen wir uns etwas vom Chinesen kommen lassen oder so?«, schlug er vor, und ich sagte, es wäre wohl gut, Paco und Mr. Peepers ein bisschen zu beruhigen, die das abrupte Verschwinden ihres Katzengefährten bestimmt gehörig durcheinanderbrachte. AuÃerdem hatte ich in der Fernsehzeitschrift gelesen, dass auf PBS Der dünne Mann lief.
Also fuhren wir in seine Wohnung â besser gesagt, die Wohnung seiner Tante â und bestellten wieder Schweine fleisch mit Pilzen und Gemüse. Gerade als der Film anfing, wurde das Essen geliefert. Wir stellten alles auf den Wohnzimmertisch und machten es uns auf Mrs. Friedlanders schwarzer Ledercouch gemütlich. Allerdings muss ich zugeben, dass mir nicht nur eine, sondern gleich zwei dieser Frühlingsrollen mit Chilisauce herunterfielen.
Was genau der Moment war, als er mich küsste. Ehrlich. Ich hatte ein fürchterlich schlechtes Gewissen und entschuldigte mich, weil ich dieses orangefarbene Zeug überall verschmiert hatte, und er beugte sich herunter â wobei er mit dem Knie mitten in dem Saucenklecks landete â und küsste mich einfach.
Seit meinem ersten Jahr auf der Highschool, als mein Algebralehrer dasselbe getan hat, war ich nicht mehr so schockiert. Nur dass damals keine orangefarbene Sauce im Spiel war und wir uns über Gleichungen und nicht über Küchenrollen unterhalten hatten.
Aber eines kann ich dir sagen â Max Friedlander küsst tausendmal besser als mein Algebralehrer damals. Er hat es voll drauf. So sehr, dass ich schon Angst hatte, mir bläst es gleich die Schädeldecke weg. Ernsthaft. Dieser Mann kann küssen wie ein Gott.
Oder vielleicht ist es auch gar nicht wahr. Sondern ich empfinde es nur so, weil mich schon so lange kein Mann mehr so leidenschaftlich geküsst hat â du weiÃt schon, so richtig mit allen Schikanen â, dass ich vergessen habe, wie es sich anfühlt.
Und John küsst mit Leidenschaft. Mit echter Leidenschaft.
Trotzdem war ich so verwirrt, dass ich, kaum hatte er aufgehört, fragte: »Wofür war das denn jetzt?«, was vielleicht ein bisschen ungeschickt herauskam, was er aber überhaupt nicht so auffasste.
»Weil ich es wollte«, antwortete er nur.
Ich dachte eine Sekunde lang darüber nach, dann legte ich ihm die Arme um den Hals und sagte: »Gut.«
Und dann übernahm ich das Ruder. Was recht nett war, weil Mrs. Friedlanders Couch sehr kuschelig und weich ist, und John sozusagen auf mich sank und ich folglich tiefer in die Couch sank. Na ja, so ging es eine ganze Weile, besser gesagt, so lange, bis Paco auf die Idee kam, er müsse dringend mal raus, und seine riesige schwarze Nase zwischen uns zwängte.
In diesem Moment dämmerte mir, dass ich dringend verschwinden sollte. Erstens weiÃt du ja, was unsere Mütter immer sagen â kein Knutschen vor dem dritten Date. Und zweitens hatte ich mitbekommen, dass sich in seinen südlichen Gefilden eindeutig etwas tat, wenn du verstehst, was ich meine.
Und damit das klar ist: Max Friedlander ist definitiv NICHT schwul. Schwule kriegen keinen Ständer, wenn sie mit einem Mädchen knutschen. Das weià sogar eine Landpomeranze wie ich.
Während John also Paco und seine Blase verwünschte, richtete ich mich auf und strich mein Kleid glatt. »Tja, also vielen Dank für den schönen Abend, aber ich glaube, ich sollte jetzt besser gehen«, sagte
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