Um die Wurst (German Edition)
los.
Bald würde es dämmern. Gutes Licht für Fotos.
*
Belledin rieb sich mit Daumen und Zeigefinger die Augen. Red Bull schmeckte zum Kotzen, aber es wirkte. Allerdings merkte er auch, wie sein Herz schneller schlug. Das sollte es nicht.
»Sie Dreckschwein!«, schrie er Koch an. Das musste raus. »Sie verdammtes Dreckschwein!« Zweimal brüllen. Ein schwacher Ersatz für die Faustschläge, die Belledin ihm lieber verpasst hätte. Er beugte sich ganz nah an Kochs Ohr und sagte: »Manchmal verdamme ich unsere Gesetze. Dann wünsche ich mir, es gäbe die Lynchjustiz.«
Koch lächelte unsicher. Es brachte nichts, den Coolen zu markieren. Er war nie cool gewesen, immer ein Getriebener seiner Obsessionen. Manchmal hatte er geglaubt, es im Griff zu haben. Affären mit erwachsenen Frauen sollten ihn von den Kindern und Jugendlichen wegholen. Deswegen hatte er auch was mit Bärbel angefangen. Aber das war nur Selbsttäuschung gewesen. Wenn er es mit Bärbel getrieben hatte, hatte er sie sich als Mädchen vorgestellt. Oder er hatte an ihre Schülerinnen gedacht. Er war kein Verbrecher. Er war krank. Er brauchte Hilfe. Von Belledin war sie nicht zu erwarten. Der verstand ihn nicht. Wie auch. Keiner, der anders war, konnte einen wie ihn verstehen. Aber so ein Schwein wie Schwarz war er nicht. Der war ein Verbrecher gewesen. Der hatte die Schwächen der anderen ausgenutzt.
»Warum haben Sie Schwarz auf diese Weise getötet?«, fragte Belledin.
»Ich war es nicht. Aber ich hätte es getan, wenn er mich weiter so gemolken hätte.«
»Wie viel hat er von Ihnen erpresst?«
»Hunderttausend.«
»Woher nimmt ein Lehrer hunderttausend?«
Koch schwieg.
»Haben Sie Ihre Kinder verkauft?«
»Hören Sie auf.«
»Hat sich Ihre Frau deswegen umbringen wollen? Wusste sie davon? Hat sie mitgemacht?«
»Nein!« Koch schrie und ballte die Fäuste. »Sie hat nichts damit zu tun.«
»Aber Sie wusste, dass Sie ein Perverser sind.«
»Sie wusste, dass ich krank bin. Aber ich habe ihr gesagt, dass ich daran arbeite, es in den Griff zu kriegen.«
»Indem Sie mit Marlena vögelten? Von sechzehn bis achtzehn? Stufenweise Therapie?« Belledin war in Fahrt. Er schwitzte, dampfte und durchpflügte den Verhörraum. »Wo ist Stark, verdammt noch mal?«, raunzte er einen Polizeibeamten an. »Arbeite nur noch ich an dem Fall?«
»Sie ist nicht zu erreichen.«
»Dann holen Sie Wagner.«
Der Polizist stand auf.
»Nein. Gehen Sie nicht«, flehte Koch. »Der macht mich kalt, wenn Sie gehen. Und dann sagt er, ich hätte mich selbst umgebracht.«
Der Polizist sah Koch an. Dann zu Belledin.
»Wagner.« Belledin sah auf seine Armbanduhr. »Viertel nach sieben. Er müsste schon unten im Archiv sein.«
Der Polizist ging. Belledin drehte sich zu Koch. Ja, er hätte ihn jetzt töten können. Die Wut auf diesen Kinderschänder war groß genug. Aber er hatte sich im Griff. Er würde ihm kein Haar krümmen.
Koch zitterte. Belledin konnte es nicht genießen.
»Wen hat Schwarz noch erpresst?«
»Keine Ahnung. Ich kenne die Liste nicht.«
»Aber Sie wissen, dass es sie gibt.«
»Die CD , ja. Er hatte es Marlena gegenüber erwähnt. Und sie hat es mir gesagt.«
»Marlena? Wieso sagt Schwarz so etwas zu Marlena?«
»Weil sie nicht mitmachen wollte bei der Gewaltaktion gegen die Metzger.«
»Wusste Marlena etwa, was Sie treiben?«
»Nein. Sie wusste nur, dass es eine CD gibt, die mir großen Ärger bringen würde. Sie dachte, Schwarz hätte uns beide mal heimlich gefilmt.«
»Sie wussten aber sofort, dass es sich um eine Liste handelte. Woher?«
»Ginter.«
»Ginter?« Belledin verstand überhaupt nichts mehr.
»Ginter wurde auch von Schwarz erpresst.«
»Steht der etwa auch auf der Liste?«
Koch schwieg und zitterte wieder. »Ich brauche Ruhe. Einen Arzt. Einen Anwalt.«
Belledin schaltete das Aufnahmegerät aus. »Kriegen Sie alles. Aber es ist noch früh. Die schlafen alle noch.« Er beugte sich nah an Kochs Gesicht. »Was war mit Ginter. Haben Sie etwa gemeinsam Schweinereien im Schlachthof gemacht? Mit ihren eigenen Kindern?«
Koch presste sich die Hände auf die Ohren und schrie: »Hören Sie auf! Hören Sie endlich auf! Ich will einen Anwalt!«
Die Tür öffnete sich. Der Beamte kam mit Wagner rein.
»Morgen, Chef. Sie sehen scheiße aus«, sagte Wagner.
»Und du riechst gut.«
»Hochprozentiges Mundwasser. Gut fürs Zahnfleisch.« Wagner schien in Form. »Was kann ich tun?«
»Protokoll des Verhörs. Und irgendwann mal seinen
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