Um Haaresbreite
hervorzubringen.
»Unglaublich… einfach unglaublich«, murmelte Collins völlig verstört in das Mikrofon. »Sie haben das Gebiß des Mannes genau beschrieben.«
Die Offenbarung kam so plötzlich, so schlagartig, daß Pitt einen Augenblick lang sprachlos war. Sein Herz pochte wild, als er sich bewußt wurde, daß sie das Grab Harvey Shields gefunden hatten.
60
Sarveux wartete, bis der Sekretär die Tür wieder geschlossen hatte, und dann sagte er: »Ich habe Ihren Bericht gelesen, und die Sache ist mir äußerst peinlich.«
Shaw antwortete nicht, denn eine Antwort wurde nicht erwartet. Er blickte den Premierminister über den Schreibtisch an. In Wirklichkeit sah er viel älter aus als auf den Fotos. Am meisten beeindruckten ihn die traurigen Augen und die Handschuhe. Er hatte zwar von Sarveux’ Verletzungen gehört, aber es sah trotzdem seltsam aus, wie ein Mann seine Schreibtischarbeiten mit Handschuhen verrichtete.
»Sie haben sehr, sehr schwerwiegende Beschuldigungen gegen Mr. Villon erhoben, ohne irgendwelche Beweise zu erbringen, die sie stützen.«
»Ich bin nicht der Anwalt des Teufels, Herr Premierminister.
Ich habe nur die Tatsachen dargelegt, wie ich sie kenne.«
»Warum kommen Sie damit zu mir?«
»Ich hielt es für angebracht, Sie darüber zu informieren. Das war auch General Simms Ansicht.«
»Ich verstehe.« Sarveux schwieg eine Weile. »Sind Sie sicher, daß dieser Foss Gly für Villon arbeitete?«
»Das steht ganz außer Zweifel.«
Sarveux sank in seinen Stuhl zurück. »Sie hätten mir einen größeren Gefallen getan, wenn Sie der Sache nicht nachgegangen wären.«
Shaw machte ein verdutztes Gesicht. »Wie bitte, Sir?«
»Henri Villon ist nicht mehr Mitglied meiner Regierung. Und dieser Gly ist, wie Sie selbst sagen, tot.«
Shaw antwortete nicht sofort, und Sarveux fuhr sogleich fort.
»Ihre Theorie des gedungenen Mörders ist vage und sehr obskur, um das mindeste zu sagen. Sie beruht nur auf Hörensagen und Gesprächen. Es liegen nicht genug Indizien vor, um auch nur eine Voruntersuchung einzuleiten.«
Shaw blickte Sarveux fest an. »General Simms ist der Meinung, eine etwas gründlichere Untersuchung könnte leicht ergeben, daß der Schurke Gly für Ihren Flugzeugabsturz und den kürzlich erfolgten Tod des Premierministers Guerrier verantwortlich war.«
»Ja, der Mann war zweifellos fähig…« Sarveux brach mitten im Satz ab. Seine Augen weiteten sich, und sein Gesicht war angespannt. Er beugte sich über den Schreibtisch. »Was war das? Was haben Sie eben angedeutet?« Seine Stimme war verblüfft.
»Henri Villon hatte ein Motiv, Ihnen und Guerrier den Tod zu wünschen, und er… jedenfalls ist es für mich erwiesen… bediente sich eines gedungenen Mörders.«
»Was Sie und General Simms da andeuten, ist widerlich«, sagte Sarveux empört. »Kanadische Minister pflegen nicht einander umzubringen, um in ein höheres Amt zu gelangen.«
Shaw sah ein, daß jede weitere Diskussion sich erübrigte. »Ich bedaure, Sie nicht genauer informieren zu können.«
»Das bedaure ich auch«, sagte Sarveux mit spürbarer Kälte.
»Ich halte es nicht für ausgeschlossen, daß Sie oder einer Ihrer Leute gepfuscht und das Unglück der Amerikaner auf dem St.
Lawrence verursacht haben. Und jetzt versuchen Sie, jemand anderem die Verantwortung zuzuschieben.«
Shaw fühlte Wut in sich aufsteigen. »Ich versichere Ihnen, Herr Premierminister, daß das nicht der Fall ist.«
Sarveux war unbeeindruckt. »Vermutungen sind keine Grundlage für Staatsangelegenheiten, Mr. Shaw. Bitte danken Sie General Simms und sagen Sie ihm, die Sache sei für mich erledigt. Sie können ihm auch mitteilen, daß ich keinen Grund sehe, mich weiterhin für den Nordamerikanischen Vertrag zu interessieren.«
Shaw war sprachlos. »Aber, Sir, wenn die Amerikaner ein Exemplar des Vertrages finden, können sie…«
»Sie werden keins finden«, unterbrach ihn Sarveux. »Das Gespräch ist beendet, Mr. Shaw.«
Shaw ballte die Fäuste, stand auf und verließ wortlos das Zimmer.
Sowie er die Tür hinter sich geschlossen hatte, griff Sarveux zum Telefon.
Vierzig Minuten später trat Oberkommissar Harold Finn von den
Mounties
in das Büro. Er war ein unscheinbarer kleiner Mann in einem zerknitterten Anzug, von so unauffälligem Aussehen, daß er leicht in jeder Menge untertauchen konnte.
Sein schwarzes Haar war in der Mitte gescheitelt und kontrastierte mit seinen buschigen weißen Augenbrauen.
»Verzeihen Sie, daß ich
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