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Um Haaresbreite

Um Haaresbreite

Titel: Um Haaresbreite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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worden zu sein, um in ein paar verstaubten Akten herumzuwühlen, weil es einem Minister so gefiel.
    »Die Blätter sind über hundert Jahre alt und mit der Hand geschrieben, aber ich werde mein Bestes tun. Also fangen wir an: Über Herkunft und Jugend ist nur wenig bekannt. Kein Geburtsdatum. Ist als Waisenkind gemeldet, das von Familie zu Familie zog. Erstes polizeiliches Verhör im Alter von zwölf Jahren. Es handelte sich um das Töten von Hühnern.«
    »Hühner haben Sie gesagt?«
    »Hat ihnen massenweise die Köpfe mit einer Drahtschere abgeschnitten. Er hat dann den Schaden durch Arbeit bei dem Bauer ersetzt, dessen Federvieh er abgeschlachtet hatte. Dann zog er in die nächste Stadt und befaßte sich mit Pferden. Hat einer halben Herde die Kehlen durchgeschnitten, bevor man ihn schnappte.«
    »Ein jugendlicher Psychopath mit blutrünstigen Gelüsten.«
    »Damals bezeichnete man ihn schlicht als einen Dorftrottel«, sagte McComb. »Psychotische Motivation gab es zu dieser Zeit im Wörterbuch nicht. Man begriff nicht, daß ein Junge, der einfach zum Spaß Tiere abschlachtet, nicht mehr weit davon entfernt ist, es auch bei Menschen zu versuchen. Roubaix wurde für das Blutbad an den Pferden zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, aber in Anbetracht seines Alters – er war vierzehn – durfte er im Haus des Gefängniswärters leben, der ihn als Gärtner und Hausburschen beschäftigte. Nicht lange nach seiner Freilassung begann man in den umliegenden Ländereien die Leichen erwürgter Landstreicher und Betrunkener zu finden.«
    »Wo hat sich das alles abgespielt?«
    »Im Umkreis von fünfzig Meilen um die jetzige Stadt Moose Jaw in Alberta.«
    »Hat man Roubaix nicht sofort als Verdächtigen verhaftet?«
    »Im neunzehnten Jahrhundert waren die
Mounties
noch nicht so rasch, wie wir es heute sind«, sagte McComb. »Als Roubaix mit diesen Verbrechen in Verbindung gebracht wurde, war er bereits in die Wälder des Nordwestens geflohen und tauchte erst wieder zur Zeit der Rielschen Revolte im Jahre achtzehnhundertfünfundachtzig auf.«
    »Der Aufstand der Nachkommen der französischen Kaufleute und der Indianer«, sagte Villon, .der seine Geschichte gelernt hatte.
    »Man nannte sie Métis. Louis Riel war ihr Anführer. Roubaix schloß sich Riels Streitkräften an und ging in die Legende ein als der größte Massenmörder Kanadas.«
    »Wie lange war er verschwunden?«
    »Sechs Jahre«, antwortete McComb. »Für diese Zeit liegt nichts Bestimmtes vor. Es gab zwar eine Reihe ungelöster Mordfälle, die ihm zugeschrieben wurden, aber man hatte keine einschlägigen Beweise oder Zeugenaussagen. Nur eine Methode, die auf Roubaix’ Machart hinwies.«
    »Eine Methode?«
    »Ja, alle Opfer hatten starke Verletzungen an der Kehle«, sagte McComb. »Meist durch Erwürgen. Roubaix hatte sich von der schmutzigen Arbeit mit dem Messer abgewandt. Damals machte man von diesen Morden nicht viel Aufhebens. Die Leute hatten andere Moralbegriffe. Sie betrachteten sogar die Beseitigung unerwünschter Elemente als eine Wohltat für die Gesellschaft.«
    »Ich glaube mich zu erinnern, daß er während des Rielschen Aufstands eine unglaubliche Anzahl von
Mounties
umgebracht hat.«
    »Dreizehn, um es genau zu sagen.«
    »Roubaix muß ein sehr starker Mann gewesen sein.«
    »Eigentlich nicht«, erwiderte McComb. »Er wird sogar als schmächtig und anfällig beschrieben. Ein Arzt, der sich vor der Hinrichtung um ihn kümmerte, sagte aus, daß Roubaix schwindsüchtig war, das heißt, daß er an Tuberkulose litt.«
    »Wie war es einem solchen Schwächling möglich, Männer zu überwältigen, die für den Nahkampf geschult waren?« fragte Villon.
    »Roubaix bediente sich einer Würgeschnur aus Rohleder, die nicht dicker als ein Stück Draht war. Ein ziemlich scheußliches Ding, das seinen Opfern in die Kehle einschnitt. Er überraschte sie meist im Schlaf. Sehen Sie, Mr. Villon, Sie zum Beispiel genießen einen hohen Ruf in den Kreisen des Bodybuilding, aber ich wage zu behaupten, daß Ihre Frau Sie mit Leichtigkeit erwürgen könnte, wenn sie Ihnen eines Nachts im Bett Roubaix’ Würgeschnur um den Hals legen würde.«
    »Nur gibt es ja Gott sei Dank keine solche Würgeschnüre.«
    »Doch«, sagte McComb. »Wir haben sie in der kriminalistischen Abteilung des
Mountie-Museums
ausgestellt, falls Sie sich überzeugen wollen. Wie viele andere Massenmörder, die ihr Lieblingsmordinstrument mit großer Sorgfalt pflegen, hat Roubaix seine Würgeschnur mit

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