Um Haaresbreite
und er wußte auch, daß General Simms es wußte.
Shaw war durchaus nicht besorgt. Er arbeitete besser, wenn die Dinge offen lagen. Das Sichherumdrücken in finsteren Gängen war nie sein Geschmack gewesen. Es machte ihm Freude, das zu tun, was er einst so gut getan hatte. Seine Sinne hatten ihn nicht verlassen vielleicht reagierten sie einen Deut langsamer, aber sie waren noch scharf genug.
Er spielte sein Spiel, und er genoß es.
17
Die schmutzige Tankstelle lag an einer Straßenecke einer der Fabrikvorstädte von Ottawa.
Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg erbaut, bestand sie aus einer viereckigen Stahlkonstruktion, in deren Vorhof sich drei arg mitgenommene Benzinpumpen befanden, die dringend einen neuen Anstrich benötigten. Im sogenannten Büro standen Ölkannen inmitten ganzer Haufen toter Fliegen auf staubigen Regalen, während an den verschmierten Fenstern einige Fetzen einer längst vergessenen Reklame für einen Sonderverkauf von Reifen klebten.
Henri Villon steuerte seinen Mercedes in die Einfahrt und hielt vor den Pumpen. Ein Tankwart in ölfleckigem Overall kam unter einem Wagen auf dem Abschmiergestell hervor, näherte sich und wischte seine Hände an einem Lappen ab.
»Was soll es sein?« fragte er mit gelangweilter Miene.
»Füllen Sie mir bitte den Tank«, antwortete Villon.
Der Tankwart blickte zu einem alten Paar, das auf einer Bank in der Nähe saß, und dann sagte er mit einer so lauten Stimme, daß sie es nicht überhören konnten: »Ich kann Ihnen höchstens zwanzig Liter geben, das ist nun mal die staatliche Vorschrift, wegen der Benzinknappheit. Sie wissen ja, wie das ist.«
Villon nickte schweigend, und der Tankwart stellte die Pumpe ein. Als er fertig war, trat er vor den Wagen, zeigte auf die Haube, und Villon zog den Hebel, der den Verschluß löste. Der Tankwart machte sie auf.
»Sie sollten sich mal den Treibriemen am Kühler anschauen.
Sieht mir ziemlich abgenutzt aus.«
Villon stieg aus dem Wagen, lehnte sich dem Tankwart gegenüber auf den Kotflügel. Er sprach mit leiser Stimme:
»Sind Sie sich eigentlich darüber im klaren, was Sie mit Ihrer verdammten Patzerei angestellt haben?«
Foss Gly blickte über den Motor zu ihm hin. »Was getan ist, ist getan. Der Schnee hat uns im letzten Augenblick die Sicht verdorben, und die erste Rakete ist am Ziel vorbeigeschossen.
So einfach ist es.«
»Es ist nicht so einfach!« zischte Villon zurück. »Fast fünfzig Menschen sind für nichts und wieder nichts umgekommen.
Wenn die Inspektoren der Luftsicherheit die wahre Ursache des Absturzes entdecken, wird es im Parlament einen schönen Wirbel geben, und man wird Untersuchungen bei allen Organisationen fordern, bis zu den Pfadfindern. Die Nachrichtenmedien werden nach Blutrache schreien, sowie sie hören, daß zwanzig der prominentesten politischen Journalisten die Opfer eines Mordanschlags geworden sind. Und das Schlimmste ist, daß alle die
Free Quebec Society
verdächtigen werden.«
»Niemand wird der FQS etwas nachweisen können.« Glys Stimme war kalt und entschlossen.
»Verdammt noch mal!« Villon schlug mit der Faust auf den Kotflügel. »Wenn Sarveux wenigstens umgekommen wäre! Dann wäre die Regierung kopflos, und wir hätten in Quebec die Macht übernehmen können.«
»Das hätte Ihren Kumpeln im Kreml gefallen.«
»Ich kann nicht mehr mit ihrer Unterstützung rechnen, wenn wir noch eine Schlappe von diesen Ausmaßen erleiden.«
Gly beugte sich über den Motor, als ob er sich daran zu schaffen machte. »Warum biedern Sie sich ausgerechnet bei den Roten an? Wenn die Sie mal in der Zange haben, lassen sie nicht mehr los.«
»Es geht Sie zwar nichts an, aber eine kommunistisch orientierte Regierung ist Quebecs einzige Hoffnung, auf eigenen Füßen zu stehen.«
Gly zuckte gleichgültig die Schultern und fuhr fort, sich scheinbar mit dem Motor zu beschäftigen. »Was wollen Sie von mir?«
Villon überlegte. »Zunächst einmal keine Panik. Ich halte es für das beste, wenn Sie und Ihr Spezialistenteam, wie Sie es nennen, weiterhin Ihre geheime Tätigkeit fortsetzen. Da keiner von euch Franzose ist, wird man euch höchstwahrscheinlich nicht verdächtigen.«
»Ich sehe nicht ein, warum wir hier herumsitzen sollen, bis man uns schnappt.«
»Sie scheinen zu vergessen, daß ich Innenminister bin, und daß alle Sicherheitsmaßnahmen durch meine Hände gehen. Alle Spuren, die auf Sie hinweisen, werden ganz einfach aus den Akten verschwinden.«
»Ich würde mich trotzdem
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