Um Haaresbreite
an.
»Donnerwetter, da fühle ich mich aber sehr gebauchpinselt.«
Das Gesicht des Mannes verfinsterte sich. »Bringen Sie dem Hause des Präsidenten gefälligst etwas mehr Respekt entgegen.«
»Wie soll ich von einem Präsidenten beeindruckt sein«, erwiderte Pitt mit spöttischem Lächeln, »der Arschlöcher wie Sie beschäftigt?«
Harrison Moon IV zuckte zusammen, als habe ihn der Schlag getroffen. »Wie unterstehen Sie sich…!«
Im gleichen Augenblick trat der Sekretär des Präsidenten in sein Büro. »Mr. Pitt, der Präsident wird Sie jetzt empfangen.«
»Nein!« schrie Moon und sprang wütend auf. »Die Audienz ist abgesagt!«
Pitt packte Moon an den Rockaufschlägen und zog ihn halb über den Schreibtisch. »Nehmen Sie meinen Rat, Junge, und lassen Sie sich Ihre Arbeit nicht zu Kopfe steigen.« Dann stieß er Moon in seinen Drehstuhl zurück. Offenbar war Pitt ein bißchen zu forsch gewesen, denn der Stuhl kippte um, und Moon fiel zu Boden. Pitt lächelte dem verblüfften Sekretär freundlich zu und sagte: »Sie brauchen mir nicht den Weg zu zeigen. Ich kenne mich im Hause aus.«
Im Gegensatz zu seinem Bürochef begrüßte der Präsident Pitt mit Höflichkeit und streckte ihm die Hand entgegen. »Ich habe viel von Ihren Leistungen bei den Bergungsobjekten der
Titanic
und der
Vixen
gelesen, und ich war besonders von Ihren Verdiensten um das Unternehmen
Kriechwanze
beeindruckt. Es ist mir eine Ehre, Sie endlich kennenzulernen.«
»Ganz meinerseits.«
»Wollen Sie nicht bitte Platz nehmen?«
»Dazu werde ich vielleicht nicht die Zeit haben«, sagte Pitt.
»Wie bitte?« Der Präsident blickte ihn fragend an.
»Ihr Büroleiter war unhöflich und hat mich verdammt schäbig behandelt, und da habe ich ihn ein Arschloch genannt und bin etwas roh mit ihm umgegangen.«
»Ist das Ihr Ernst?«
»Jawohl, Sir. Ich nehme an, der Geheimdienst wird jede Sekunde hier hereinstürzen und mich aus dem Hause schleppen.«
Der Präsident ging an seinen Schreibtisch und drückte auf einen Knopf der Sprechanlage.
»Maggie, ich möchte unter keinem Vorwand gestört werden, bis ich mich wieder melde.«
Pitt fühlte sich erleichtert, als der Präsident das Gesicht zu einem breiten Lächeln verzog. »Harrison übertreibt manchmal seine Wichtigkeit. Vielleicht haben Sie ihm eine schon längst überfällige Lektion erteilt.«
»Ich werde mich beim Hinausgehen entschuldigen.«
»Nicht nötig.« Der Präsident setzte sich in einen hochlehnigen Stuhl am Kaffeetisch Pitt gegenüber. »Ihr Vater ist ein alter Freund von mir. Wir wurden beide im selben Jahr in den Kongreß gewählt. Er sagte mir am Telefon, Sie seien auf eine Entdeckung gestoßen, die, wie er es darstellte, geradezu geistesverwirrend ist.«
Pitt lachte. »Das ist eine von Papas Redensarten. Aber in diesem Falle hat er hundertprozentig recht.«
»Dann erzählen Sie mal, was Sie haben.«
Pitt öffnete die Aktentasche und legte Papiere auf den Tisch.
»Ich muß Sie leider mit ein bißchen Geschichtsunterricht langweilen, Herr Präsident, aber es ist unumgänglich, daß ich zuerst die Grundlagen erkläre.«
»Ich höre.«
»Anfang neunzehnhundertvierzehn«, begann Pitt, »gab es bei den Engländern keine Zweifel mehr, daß ein Krieg mit dem kaiserlichen Deutschland unmittelbar bevorstand. Im März hatte Winston Churchill, der damals der Erste Lord der Admiralität war, bereits vierzig Handelsschiffe mit Waffen ausgerüstet. Das Kriegsdepartment sagte die Eröffnung der Feindseligkeiten für den September, nach der Einbringung der Ernte in Europa, voraus.
Feldmarschall Lord Kitchener, der Kriegsminister, war sich darüber klar, daß der kommende Konflikt ungeheure Mengen an Menschen und Material erforderte, und stellte zu seinem Entsetzen fest, daß die vorhandene Rüstung mit ihren Reserven nur für eine Kampagne von drei Monaten ausreichte.
Zu jener Zeit führte das Vereinigte Königreich sehr weitgehende Sozialreformen durch, die bereits beträchtliche Steuererhöhungen nötig gemacht hatten. Man brauchte kein Prophet zu sein, um vorauszusagen, daß die emporschießenden Rüstungskosten, die Schuldzinsen, der Aufwand an Wohlfahrts-und Pensionsgeldern die Wirtschaft ruinieren würden.«
»So hat England bis auf die allerletzten Schatzreserven zurückgegriffen, als es in den Ersten Weltkrieg eintrat«, sagte der Präsident.
»Nicht ganz«, erwiderte Pitt. »Kurz bevor die Deutschen in Belgien einmarschierten, hat unsere Regierung den Engländern
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