Um Leben und Tod - Ennigkeit, O: Um Leben und Tod
Planung der Tat wie auch der Tatausführung selbst höchste kriminelle Energie zum Tragen gekommen ist.
Der Angeklagte hat ferner den Eltern von Metzler, also den Adressaten seiner Erpressung und damit selbst unmittelbaren Tatopfern, vorgegaukelt, gegen Zahlung des Lösegeldes das Leben ihres Kindes retten zu können, obwohl ihm bereits beim Schreiben des Erpresserbriefes klar war, dass er Jakob töten musste und würde.
Er hat die Nebenkläger ferner über mehrere Tage hinweg im Ungewissen gelassen und ihnen damit – dies versteht sich von selbst, auch ohne dass insoweit konkrete Feststellungen getroffen worden sind, und war auch dem Angeklagten bewusst – schwere seelische Qualen zugefügt, während er selbst mit Teilen des Lösegeldes Marianne K. [Name geändert] gegenüber weiter den reichen Freund spielte.
Ins Gewicht fiel weiter die Höhe des geforderten und gezahlten Lösegeldes.
Schließlich war erschwerend noch zu berücksichtigen, dass er nach der Aufdeckung seiner Täterschaft andere Personen zu Unrecht der Beteiligung beschuldigt und ihnen dadurch erhebliche Nachteile verursacht hat …
Bei Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkten und einem Vergleich der Umstände der vorliegenden Tat mit anderen Mordfällen ist die Kammer zu dem Schluss gelangt, dass der Angeklagte mit dem Mord an Jakob von Metzler mit allen seinen Begleitumständen ein wesentlich größeres Unrecht begangen und ein erheblich größeres Maß an Schuld auf sich geladen hat, als es der Mindestverbüßungszeit von fünfzehn Jahren entsprechen würde, die auch dem für die lebenslange Freiheitsstrafe vorausgesetzten Mindestmaß an Schuld entspricht …
Der Angeklagte hat zum Ausdruck gebracht, der Umstand, dass er trotz der Unverwertbarkeit früherer Geständnisse in der Hauptverhandlung das ihm »bestmögliche« Geständnis abgelegt hat, müsse notwendigerweise dazu führen, die besondere Schuldschwere zu verneinen. Dem vermochte die Kammer nicht zu folgen; kein Geständnis kann die Fülle der zu seinen Lasten sprechenden Umstände, die seine Schuld begründen, ausgleichen …
Wenn der Angeklagte die Frage gestellt hat, was ihm sein Geständnis bei diesem Ergebnis »gebracht« habe, so ist er auf Folgendes hinzuweisen: Sich der Tat zu stellen in allen Konsequenzen, ist eine Grundvoraussetzung für eine Verarbeitung der Tat durch den Angeklagten …
Mit dem »freiwilligen« Geständnis in der Hauptverhandlung hat der Angeklagte einen ersten und wichtigen Schritt zur Verarbeitung der Tat getan, der ihm nützen wird. Dies sollte er nicht zu gering einschätzen.
Sehr viel härter fiel das Plädoyer von Anwalt Kempf, des Vertreters von Jakobs Eltern, aus:
… und belastete schließlich jeden – Freund und Feind – außer sich selbst. Er wendete die Strategie an, mit der er bis zum heutigen Tage bei all seinen Opfern immer durchgekommen ist … Er belastet seine Eltern … Schuld gewesen sein sollen auch seine Freunde … die damals 15-jährige Marianne K. [Name geändert], von der er heute sagt, sie habe ihn zur Tat getrieben.
Was der Angeklagte als sein Geständnis vorgetragen hat und von dem seine Verteidiger in Anspruch nehmen, es sei ein »umfassendes und schonungsloses«, bleibt äußere Hülse … Nicht er, der Angeklagte Gäfgen, hat danach getötet, es war der Plan, der von ihm Besitz ergriff. Er sei nur eine »Marionette« gewesen … Er sei im Kern ein freundlicher Mensch und habe Jakob »nur« getötet, weil er »keine Ruhe gegeben« habe. Am Ende ist das Opfer eben selber schuld. Die Logik offenbart die Rücksichtslosigkeit …
Am Ende dieses Verfahrens wissen wir, dass die Wirklichkeit noch viel grausamer ist, als wir gedacht haben.
Trotz aller Lügen und Verleumdungen, trotz aller Winkelzüge der Verteidigung – die Strategie von Gäfgen und Endres ging nicht auf, sie hatten den Prozess verloren.
Am 7. August 2003 brachte der Tagesspiegel ein Interview mit Magnus Gäfgen. Darin heißt es unter anderem:
»TS: Das öffentliche Bild reduziert Sie auf einen geldgierigen jungen Mann, der bereit war, dafür ein Kind zu töten. Gibt es eine Seite bei Magnus Gäfgen, die im Gericht überhaupt nicht zur Sprache kam?
Gäfgen: Nein, das denke ich nicht. Vor Gericht sind ja ganz verschiedene Seiten von mir zur Sprache gekommen; nur macht es mich schon traurig, dass man sich auf das Bild festlegt, dass ich ein Monster sein muss, weil ich etwas so Schreckliches getan habe. Dass es ganz
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