Um Mitternacht mit dir im Bett
war. “Hast du mich gesucht?”
“Überall.” In seiner Stimme schwangen Gereiztheit und gleichzeitig Erleichterung mit. “Ich dachte, du wärst bei meinem Großvater.”
“Er hat mich vor die Tür gesetzt. Er sagte, er wolle schlafen und brauche dabei keinen überbezahlten Babysitter.”
Michael schaute zum Porträt seines Vaters hoch. “Du machst Bekanntschaft mit dem Rest der Familie, wie ich sehe.”
Sie nickte. “Ich schwärme für Familienbilder.”
“Seamus ließ die meisten Gemälde der früheren Generationen nach Fotos anfertigen. Bis auf mein Lieblingsbild von Ur-Ur-Großvater Jonah Wolff.” Er wies auf ein etwas entfernt hängendes Werk. “Er kam mit dem Goldrausch nach Colorado und endete als Besitzer eines Bordells mit den hübschesten Mädchen weit und breit.”
“Und wie fand Mrs. Jonah Wolff das?”
Michael grinste. “Sie war eines der Mädchen. Aber nach der Hochzeit setzte sie sich zur Ruhe.”
“Ich muss ihr Bild unbedingt sehen.” Sarah ging an den Gemälden entlang.
Michael begleitete sie. “Sie hängt gleich neben Jonah. Bridget O’Feeny Wolff.”
Sarah erblickte eine dunkelhaarige junge Frau mit sehr vertrauten grauen Augen und einem gewinnenden Lächeln. “Wie schön sie war.”
“Und clever”, fügte Michael hinzu. “Sie machte aus dem Bordell einen exklusiven Herrenclub und verlangte unverschämt hohe Mitgliedsbeiträge – was die Leute nur noch mehr anreizte.”
Sarah schaute suchend an den Wänden entlang. “Ich sehe gar kein Bild von deiner Mutter.”
“Es gibt keins.” Michael wandte sich ab und ging weiter. Sarah folgte ihm. Offenbar hatte sie einen wunden Punkt berührt. Dennoch machte sein Verhalten sie neugierig. Zudem fiel ihr ein, dass Seamus bei seinen Erzählungen über Colin nie dessen Frau erwähnte. Ob sie ebenfalls bei dem Flugzeugabsturz umgekommen war?
“Ich möchte dir die ägyptische Sammlung zeigen, die Blair gerade erstanden hat.” Michael öffnete eine Tür. “Trotz allem muss ich zugeben, dass sie Geschmack hat.”
Sarah folgte ihm in ein Kabinett, in dem die Kunstgegenstände auf Marmorkonsolen und in Glasvitrinen ausgestellt waren.
“Wie findest du es?”, wollte er wissen, nachdem sie sich ein wenig umgeschaut hatte.
“Sehr schön. Obwohl ich natürlich kein Kunstsachverständiger bin.”
“Ich auch nicht.” Er trat vor sie hin. “Aber ich weiß, was mir gefällt … und was ich will.”
Ihr war klar, er sprach nicht von Kunst. Sie sah das Glitzern in seinen Augen, ehe er den Blick auf ihre Lippen senkte.
Und bevor sie wusste, wie ihr geschah, nahm er sie in die Arme und küsste sie. Ein Stöhnen entrang sich ihm, und Sarah antwortete mit demselben Laut, drängte sich an seinen harten Körper. Mit der Zunge umfuhr er ihren Mund, bis sie ihn öffnete.
Doch im nächsten Moment brach er den Kuss ab. Er schob sie ein Stück von sich, in seinen Augen stand jetzt unverhüllte Leidenschaft. “Gib es zu, Sarah, du willst mich. Genauso wie ich dich will.”
Oh ja, sie wollte ihn. Sehr sogar. Doch obwohl er aus seinem Verlangen nach ihr keinen Hehl machte, bedrängte er sie nicht. Er wartete. Wie ein Wolf, der seine Beute belauerte – und das machte ihn umso gefährlicher. “Warum hast du eigentlich nach mir gesucht?”, fragte sie, um die gespannte Atmosphäre, die plötzlich zwischen ihnen herrschte, ein wenig aufzulockern.
Der abrupte Themenwechsel schien ihn nicht zu stören. “Ich möchte dich zu meiner Geburtstagsparty einladen. Als meine Begleiterin.”
“Das halte ich für keine gute Idee.”
“Ich aber. Denn damit hättest du ein perfektes Alibi, wenn du das Testament meines Großvaters stiehlst.”
Das Testament! Sie hatte es fast vergessen. Ein Fehler, den sie sich nicht erlauben durfte. Michaels Interesse an ihr war rein egoistischer Natur. Er wollte sie. Er wollte das Testament. Und wenn möglich beides.
“Die Party findet am Samstagabend statt”, fuhr er fort. “Wir erwarten zehn Gäste, und mein Großvater hat schon verkündet, dass er dazu herunterkommen wird. Das bedeutet, sein Zimmer ist frei.”
Sie nickte bedächtig, während sie überlegte. Sobald Michael das Testament hatte, könnte sie das Haus verlassen. Sie würde das Band lösen, mit dem er sie an sich fesselte, sowohl körperlich als auch emotional. “Aber wenn ich deine Begleiterin bin, wann soll ich dann das Testament stehlen?”
“Ich werde die Gäste nach dem Dinner zu einer Besichtigung in die Galerie bitten”, erklärte
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