Um Mitternacht mit dir im Bett
war noch gelinde gesagt. Doch wie es aussah, musste er diesen wohl oder übel ertragen, zumindest für eine Weile.
Er seufzte resigniert. “Halt ihn einfach fern von mir, okay?”
Sarah ging zur Tür und warf ihm über die Schulter einen dankbaren Blick zu. “Du wirst es nicht bereuen.”
Doch das tat er schon jetzt.
Am Nachmittag wurde Sarah in Blairs Privaträume zum Tee gebeten. Sie nahm auf einem Rattansofa Platz, während Blair auf einer Chaiselongue am Fenster saß und hin und wieder einen Blick nach draußen warf.
“Ich hätte Sie gern ein wenig besser kennengelernt”, begann Seamus’ Frau. “Schließlich kümmern Sie sich um meinen Mann.”
Erleichtert atmete Sarah auf. Sie hatte befürchtet, dass Blair von Napoleon erfahren habe und dass ihr ebenso wie Michael das Tier lästig sei. Doch Nappy war offenbar momentan nicht gefährdet. “Was möchten Sie gern über mich wissen?”
Blair griff nach einem Weinglas auf dem kleinen Beistelltisch neben sich. “Alles.”
Da dieser Wunsch unmöglich zu erfüllen war, jedenfalls nicht ohne den Grund ihrer Anwesenheit zu enthüllen, wich Sarah ins Allgemeine aus, nachdem sie einen Schluck von ihrem Tee getrunken hatte. Wein war ihr nicht angeboten worden. “Ich bin in Denver geboren und aufgewachsen. Ich ging hier zur Schule und habe an der Universität von Colorado in Boulder studiert. Da ich noch ein Diplom machen möchte, arbeite ich, um das Geld dafür zu verdienen.”
“Zum Glück für uns waren Sie gerade frei. Ich nehme an, Sie haben erstklassige Zeugnisse?”
“Sie können Michael danach fragen”, sagte Sarah vorsichtig. “Er schien damit recht zufrieden zu sein.”
“Das ist sicherlich nicht nötig”, gab Blair zurück, “besonders, da Seamus Sie so gern mag. Sagen Sie, Sarah, sind Sie verheiratet?”
“Nein.”
“Schade für Sie. Es ist nämlich wunderbar, wenn man den idealen Mann gefunden hat”, meinte Blair schwärmerisch. “Ich wusste gleich auf den ersten Blick, dass Seamus der Richtige für mich war.”
Wenn man Michael Glauben schenkte, hatte sie sich in sein Geld verliebt. Allerdings war er kein guter Menschenkenner. Er hielt Sarah noch immer für eine Diebin.
“Wie haben Sie sich kennengelernt?”, fragte Sarah mit aufrichtigem Interesse. Sie hatte von ihrem Großvater viel über Seamus Wolff gehört, doch dessen Urteil war von Verbitterung getrübt. Er hatte seinen früheren Geschäftspartner als gefühllosen Beutemacher beschrieben. Aber Sarah vermutete unter seiner rauen Schale durchaus liebenswürdige Züge.
Dasselbe fragte sie sich bezüglich Michael. War er tatsächlich so skrupellos wie sein Ruf? Aber sie brauchte ja nur ihre gegenwärtige Lage zu betrachten, um diese Frage mit Ja zu beantworten.
“Ich war Model für Handaufnahmen”, erzählte Seamus’ Frau bereitwillig. Sie hielt eine Hand hoch und musterte sie selbstgefällig im Sonnenlicht. “Seamus besitzt eine Kette von Juwelierläden, und er schrieb einen Wettbewerb aus für die schönste Hand für ein makelloses Schmuckstück – einen Smaragd, den er auf einer exklusiven Auktion in Südafrika ersteigert hatte.”
“Und Sie waren die Siegerin?”, warf Sarah ein.
“Ja.” Blair lächelte triumphierend. “Ich war die Siegerin.”
Sarah spürte, dass Blair nicht nur den Wettbewerb meinte. “Arbeiten Sie noch immer als Model?”
“Natürlich nicht.” Blair nippte an ihrem Wein. “Ich bleibe lieber zu Hause bei meinem Mann für den Fall, dass er mich braucht.”
Die schlichten Aufgaben, die Sarah zu erfüllen hatte, schienen sie jedoch zu überfordern. Oder wollte Seamus sie nicht um sich haben? Lag der Hang zur Machtausübung in der Wolffschen Familie?
“Wie kam es eigentlich dazu, dass Seamus sich die Hüfte brach?” Sarah konnte ihre Neugier nicht mehr bezähmen. Michael hatte gewisse verdächtige Umstände bei dem Unfall angedeutet.
“Es war ein Autounfall.” Blair spielte mit dem Ehering an ihrem Finger. “Die Bremsleitung versagte, und das auf einer abschüssigen Straße. Seamus hätte dabei umkommen können.”
Sarah schauderte unwillkürlich. Die Redeweise dieser Frau war absolut emotionslos. Als Blair theatralisch ihre trockenen Augen mit einem Spitzentaschentuch betupfte, verstand sie, weshalb Michael ihr Unaufrichtigkeit unterstellte. Blair mochte ein erstklassiges Model sein, als Schauspielerin war ihre Leistung jämmerlich.
“Der Arzt sagte, Seamus könne von Glück sagen, dass er sich nicht das Genick gebrochen
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